Kreislaufschließung in der Textilwirtschaft: Wertschöpfung im Land Brandenburg
Wie kann das Land Brandenburg von einer zirkulären Textilwirtschaft
profitieren? Diese Frage beantwortet das neue Policy Paper
»Kreislaufschließung in der Textilwirtschaft: Wertschöpfung im Land
Brandenburg«. Es basiert auf der vom Klimaschutzministerium des Landes
Brandenburg geförderten Machbarkeitsstudie »TexPHB« und zeigt auf, wie
Textilabfälle in neue Wertschöpfungsketten integriert werden können.
Die Textilbranche gehört zu den ressourcenintensivsten Industrien und
erzeugt große Mengen an Abfall und Emissionen. Allein 2020 fielen in der
EU rund 6,95 Millionen Tonnen Textilabfall an. Weltweit landen jährlich 92
Millionen Tonnen Textilmüll auf Deponien im globalen Süden oder in der
Verbrennung. Gemischte, polyesterhaltige Abfälle aus Fast Fashion,
Arbeitsbekleidung oder industriellen Reinigungstextilien der untersten
Abfallkategorie gehören dabei zu den am schwersten verwertbaren
Reststoffen der Branche. Die EU-Strategie für Kreislaufwirtschaft fördert
daher verstärkt zirkuläre Prozesse im Textilsektor.
Von der Machbarkeitsstudie zum politischen Handlungsvorschlag
In einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie untersuchten das Fraunhofer-
Institut für Angewandte Polymerforschung IAP im Potsdam Science Park, die
Beneficial Design Institute GmbH und die matterr GmbH (vormals RITTEC 8.0
Umwelttechnik GmbH), wie sich polyesterhaltige Alttextilien in den
Biokunststoff Polyhydroxybutyrat (PHB) umwandeln lassen.
»Mit unserem innovativen matterr-Verfahren gewinnen wir aus
polyesterhaltigen textilen Abfällen die Monomere Terephthalsäure (TA) und
Ethylenglykol (EG) in virgin-Qualität zurück – geeignet für die
Herstellung von neuem Polyester«, erklärt Dr. Tim Seedorf, Head of
Research & Innovation bei der matterr GmbH. »Wir haben auch gezeigt, dass
sich das gewonnene Ethylenglykol mit Hilfe von Bakterien in das Biopolymer
PHB umwandeln lässt«, ergänzt Dr. Maren Wandrey, Biochemikerin am
Fraunhofer IAP. Eine Analyse des Beneficial Design Institute verdeutlicht
zudem: ein Textilhub in Brandenburg kann durch die nachhaltige Nutzung von
Textilabfällen und den Aufbau neuer Wertschöpfungsketten wesentlich zur
Stärkung der regionalen Kreislaufwirtschaft beitragen.
Das Policy Paper überträgt die Erkenntnisse des Konsortiums nun in
konkrete Empfehlungen für politische Entscheidungsträgerinnen und -träger
in Brandenburg.
PHB: Nutzen für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt
PHB zählt zu den Biokunststoffen, die vollständig biologisch abbaubar,
resorbierbar und biokompatibel sind. Professorin Friederike von Wedel-
Parlow vom Beneficial Design Institute betont: »PHB vereint ökologische
Vorteile mit wirtschaftlichem Potenzial in neuen Märkten. Unsere
Untersuchungen haben deutlich gemacht, dass Design, Wissenschaft und
Industrie gemeinsam Lösungen entwickeln können, die diese Vorteile für
Gesellschaft und Wirtschaft nutzbar und Ecodesign-Denken zu einem Erfolg,
auch für Brandenburg, machen.«
Der Biokunststoff findet vielfältige Einsatzmöglichkeiten, insbesondere
dort, wo Materialien dauerhaft in der Umwelt verbleiben – etwa im Wasser,
in der Erde oder im menschlichen Körper. Beispiele sind Geotextilien für
den Erosionsschutz, künstliche Uferbefestigungen, Baum- und Astschutz oder
auch medizinische Produkte wie Nahtmaterial.
Handlungsoptionen für eine zirkuläre Textilwirtschaft
Das Policy Paper empfiehlt ein mehrstufiges Maßnahmenpaket, das die
Grundlage für eine textile Kreislaufwirtschaft in Brandenburg schaffen
soll. Es umfasst sechs zentrale Empfehlungen. Klimastaatssekretärin Dr.
Friederike Haase erklärt: »Ziel ist es, Wertschöpfung in der Region zu
halten, qualifizierte Arbeitsplätze aufzubauen und Brandenburg als
Modellregion dieser EU-Initiative zu etablieren. Das Policy Paper des
Projektkonsortiums und die vorbereitenden Studienergebnisse tragen dazu
bei, ökologische Nachhaltigkeit und ökonomische Stärke in Brandenburg
zusammenzuführen.«
Die Ergebnisse haben auch überregionale Bedeutung mit dem Potenzial einer
engen Zusammenarbeit Brandenburgs mit Partnern in Polen und den
Niederlanden. Durch diese Kooperationen kann das Land seine Position als
Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft stärken und europäische
Wertschöpfungsketten mit Designmehrwert aufbauen.
Originalpublikation:
https://www.iap.fraunhofer.de/
Policy Paper