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PeTCaT“ untersucht den Einfluss von Treibhausgasen aus schnell tauendem Permafrost

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Permafrost in der Arktis speichert große Mengen an organischem Kohlenstoff
in gefrorenen Böden und tieferen Ablagerungen. Doch die Arktis erwärmt
sich besonders schnell und lässt diese Speicher auftauen. Die Folge: Immer
mehr Treibhausgase aus den Böden gelangen in die Atmosphäre. Wo und wie
schnell Permafrost auftaut, ist erst wenig erforscht, ebenso wie die
Prozesse, die das Tauwetter antreiben.

Das internationale Projekt PeTCaT
will insbesondere die Wissenslücken um schnelle Tauprozesse schließen.
Gefördert wird das Projekt von der gemeinnützigen Organisation Schmidt
Sciences.

„Wie schnell Permafrost auftaut, hängt davon ab, in welcher Region in der
Arktis wir uns befinden und welche Prozesse das Tauen antreiben“, sagt
Projektleiter Prof. Dr. Guido Grosse, Leiter der Sektion
Permafrostforschung am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für
Polar- und Meeresforschung (AWI). Während das sommerliche Auftauen der
oberen Permaforstböden ein natürlicher Prozess ist, gibt es langfristig
durch die arktische Erwärmung auch ein Vertiefen dieser Auftauschicht und
damit ein allmähliches Tauen des Permafrost von oben um einige zusätzliche
Zentimeter pro Jahr. Dieser Prozess wird zum Beispiel durch die
kontinuierlich wärmer werdende Lufttemperatur, stärkere Schneedicken, oder
Veränderungen in der Vegetation angetrieben, welche die Bodentemperaturen
erhöhen. Dann gibt es aber auch abrupte Tauvorgänge, durch die schnell
mehrere Meter Permafrost pro Jahrzehnt oder gar pro Jahr verschwinden,
etwa wenn auftauende Küsten plötzlich abbrechen, sich Thermokarstseen
vertiefen und wachsen, oder wenn Hangrutschungen eisreichen Untergrund
freilegen. Dabei können große bisher im Permafrost gespeicherte Mengen
organische Substanz freigesetzt werden, die Mikroorganismen in CO₂ und
Methan umwandeln können. „Eben diese abrupten Prozesse sind bisher wenig
erforscht und werden bisher in keinem Klimamodell berücksichtigt“, sagt
Guido Grosse. „Es ist aber wichtig, diese weitverbreiteten schnellen
Tauvorgänge und ihre Auswirkungen zu erfassen, um zu verstehen, wie sie
den Kohlenstoffkreislauf beeinflussen – besonders über die kurzen
Zeiträume von Jahren und wenigen Jahrzehnten, die für die Klimapolitik
relevant sind.“

Genau hier setzt PeTCaT (Rapid Permafrost Thaw Carbon Trajectories) an: Im
Zentrum steht die Frage, wie plötzlich freigesetzte Treibhausgase aus
zerfallendem Permafrost kurzfristig das Klima beeinflussen – zusätzlich zu
anderen natürlichen und menschengemachten Emissionen. Und was das wiederum
für das verbleibende Kohlenstoffbudget und unsere klimapolitischen Ziele
bedeutet. In den kommenden fünf Jahren entwickelt das Projektteam
verschiedene Klimaprojektionen, die zeigen, wie sich der
Kohlenstoffkreislauf und das Klima im arktischen Permafrostgebiet künftig
entwickeln könnten. Die Projektionen bilden dabei auch ab, welche
Wechselwirkungen mit veränderten Vegetationsmustern und biogeochemische
Rückkopplungen diese zusätzlichen Emissionen in verschiedenen
Klimaszenarien auslösen können.

Dafür bauen die Forschenden einen neuartigen Datensatz auf: Zum einen
nutzen sie Fernerkundung und Deep-Learning-Methoden, um abrupte
Tauprozesse in der gesamten Arktis zu kartieren. So wollen sie
herausfinden, wo, wie häufig und wie intensiv diese Prozesse auftreten –
und wie sie mit Klimamustern und Extremereignissen zusammenhängen. Diese
Informationen verknüpfen sie mit bestehenden Datensätzen und
Prozessmodellen, um abzubilden, wie sich solche Veränderungen künftig
entwickeln könnten. Zum anderen sammelt das Team auch im Feld Daten: An
ausgewählten Standorten in der Arktis untersucht es, wie sich verschiedene
Arten von organischem Material aus auftauendem Permafrost zersetzen. Dafür
nehmen die Forschenden Bodenproben, messen die Freisetzung von
Treibhausgasen sowie deren Flüsse vor Ort und werten bestehende Datensätze
für die gesamte Arktis aus. „Am AWI untersuchen wir, wie sich
Thermokarstseen, die Kohlenstoffspeicherung im Boden und die Biogeochemie
des Bodens verändern, ebenso wie stark sich der Permafrost erwärmt“, so
Guido Grosse.

In PeTCaT arbeiten Forschende aus sechs Institutionen zusammen: dem
Alfred-Wegener-Institut (Deutschland), der University of Alaska Fairbanks
(USA), der University of Alberta (Kanada), der Universität Hamburg
(Deutschland), der Stockholm University (Schweden) und der Vrije
Universiteit Amsterdam (Niederlande). Sie kombinieren ihre Expertise in
der Permafrostforschung, Bodenkohlenstoff- und Biogeochemie von
Treibhausgasen, Fernerkundung, Prozessmodellierung und globalen
Klimamodellierung. „Wir müssen die Prozesse und ihre Interaktionen besser
verstehen, die hinter abrupt tauendem Permafrost stecken“, fasst Guido
Grosse zusammen. „Mit unserem jetzigen Wissensstand können wir nicht
verlässlich einschätzen, wie sich plötzlich freiwerdende Mengen an
Treibhausgasen auf die Atmosphäre und das Klima auswirken. Sie könnten das
verbleibende Kohlenstoffbudget, welches der Menschheit für das Erreichen
der 1,5 Grad Marke maximal noch zur Verfügung steht, deutlich verringern
und damit auch den verbleibenden Handlungsspielraum, um menschengemachte
Emissionen drastisch zu reduzieren.“

Über PeTCaT (Rapid Permafrost Thaw Carbon Trajectories)

Laufzeit: Fünf Jahre, von Oktober 2025 bis September 2030
Fördersumme: 10,4 Millionen US Dollar von Schmidt Sciences
Geografischer Schwerpunkt: die gesamte Arktis, mit Feldstudien in Alaska,
Kanada und Finnland

Über Schmidt Sciences

Schmidt Sciences ist eine gemeinnützige Organisation, die
Forschungsprojekte in den Bereichen KI und fortschrittliches Computing,
Astrophysik, Biowissenschaften, Klima und Weltraum unterstützt, um
wirkungsvolle und exzellente Wissenschaft zu ermöglichen. Mit der
Forschungsinitiative VICC (Virtual Institute for the Carbon Cycle)
unterstützt Schmidt Sciences gezielt Forschung, um Prozesse im globalen
Kohlenstoffkreislauf besser zu verstehen und abzuschätzen, wie er sich
künftig entwickeln könnte. PeTCaT ist eines von vier Projekten, die über
das VICC gefördert werden.

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