Wirtschaftliche Eigeninteressen in der deutschen Entwicklungspolitik: Wie kann das aussehen?
Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Reem Alabali Radovan stellt heute den neuen Aktionsplan des BMZ „Starke
Partnerschaften für eine erfolgreiche Wirtschaft weltweit“ vor. Die
zentralen Punkte des Plans entsprechen den Empfehlungen aus dem aktuellen
IDOS Policy Brief „Wirtschaftliche Eigeninteressen in der deutschen
Entwicklungspolitik: Wie kann das aussehen?“
Die Ministerin betont die frühzeitige und systematischere Einbindung
deutscher Unternehmen, bevor das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seine Regierungsverhandlungen mit den
Partnerländern aufnimmt. Wie im IDOS Policy Brief ausgeführt, entstehen
die stärksten Synergien, „wenn Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit
frühzeitig gemeinsam mit der Wirtschaft und anderen Ressorts vorbereitet
werden. Dies erfordert, dass gemeinsame nationale Ziele definiert, die
Instrumente der Ressorts zu deren Erreichung koordiniert und Angebote der
Wirtschaft vorab sondiert werden."
Solche Ziele betreffen zum Beispiel die Rohstoff- und Energieversorgung
oder die gesteuerte Arbeitsmigration, etwa zum Anwerben von IT- oder
Gesundheitsfachkräften. Wenn deutsche Großunternehmen und Mittelständler
ihre Angebote mit jenen der Technischen und Finanziellen Zusammenarbeit zu
attraktiven Angeboten verzahnen, profitieren alle Beteiligten. Hier könnte
die im Koalitionsvertrag genannte „gemeinsame Anlaufstelle der
Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit für die
deutsche Wirtschaft“ helfen.
Insbesondere mit den großen geopolitisch wichtigen Schwellenländern –
Brasilien und Indien zum Beispiel – sind solche Angebote gründlich
ressortübergreifend vorzubereiten. Wenn darüber hinaus Qualitätskriterien
bei öffentlichen Ausschreibungen so definiert werden, dass chinesische
Billigangebote nicht zum Zug kommen, kann auf die ordnungspolitisch
problematische Lieferbindung verzichtet werden.
Der IDOS Policy Brief nennt fünf Leitlinien für eine
entwicklungspolitische Strategie, die den Eigeninteressen gerecht wird,
ohne den Partnerländern zu schaden:
1. Strikte Lieferbindung vermeiden. Diese wäre entwicklungspolitisch
ineffizient und würde auch deutschen Unternehmen kaum nützen. Als
Exportnation sollte Deutschland sich an Regeln für Vertragsfreiheit
halten.
2. Gesamtgesellschaftliche Eigeninteressen verfolgen, wo sie mit EZ-Zielen
vereinbar sind. Wir unterscheiden zwischen globalen deutschen Interessen
und jenen von Einzelunternehmen. EZ-Projekte sollten wirtschaftliche
Interessen mit dem Gemeinwohl im Partnerland in Einklang bringen.
3. Strategische Angebotsentwicklung vor Regierungsverhandlungen. Die
stärksten Synergien entstehen, wenn EZ-Initiativen gemeinsam mit
Wirtschaft und anderen Ressorts frühzeitig vorbereitet werden. Dies
erfordert, dass gemeinsame nationale Ziele definiert, die Instrumente der
Ressorts zu deren Erreichung koordiniert und Angebote der Wirtschaft vorab
sondiert werden.
4. Modellhafte strategische Partnerschaften schaffen. Deutschland hat
viele bilaterale Partnerschaften vereinbart, insbesondere für Energie,
Rohstoffsicherung und Migration. Keine davon ist vorzeigbar im Sinne guter
Ressortkoordination, Einbindung der Wirtschaft und nachweisbarer Vorteile
für die beiden beteiligten Länder. Mindestens ein Leuchtturmprojekt pro
genanntem Themenfeld würde Deutschland als glaubwürdigen Partner attraktiv
machen.
5. Minilaterale Formate mit europäischen und einflussreichen anderen
Ländern ausbauen. Drei- und Viereckskooperationen mit „Globalpartnern“ und
Geberländern, die gleiche oder ähnliche Interessen haben, können verstärkt
werden, um Deutschlands Interessen an einer gemeinwohlorientierten
internationalen Entwicklung zu fördern.
Für Medienkontakte stehen die Autor*innen Tilman Altenburg, Babette Never
und Rita Strohmaier zur Verfügung.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Für Medienkontakte stehen die Autor*innen Dr. Tilman Altenburg, Dr.
Babette Never und Dr. Rita Strohmaier zur Verfügung.
Originalpublikation:
https://www.idos-research.de/p
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aussehen/