Neuer Lancet Countdown zu Plastik und Gesundheit
Wissenschaftler warnen vor weiterer Kunststoffbelastung – Internationale
Kollaboration dokumentiert Verschmutzung sowie Maßnahmen dagegenNeuer Lancet Countdown zu Plastik und Gesundheit
Wissenschaftler warnen vor weiterer Kunststoffbelastung – Internationale
Kollaboration dokumentiert Verschmutzung sowie Maßnahmen dagegen
Plastikverschmutzung und Kunststoffbelastung stellen eine wachsende Gefahr
für die Gesundheit von Menschen, Tieren und das Ökosystem Erde dar: Davor
warnen Wissenschaftler in einem aktuellen Beitrag im Fachmagazin The
Lancet. Die Forscherinnen und Forscher – darunter der Epidemiologe,
Mathematiker und Statistiker Prof. Dr. Joacim Rocklöv von der Universität
Heidelberg – haben zudem am Montag, 4. August 2025, den neuen „Lancet
Countdown on Health and Plastics“ in Genf (Schweiz) vorgestellt. Die
internationale Forschungskollaboration soll die globale Belastung mit
Plastikmüll, ihre Folgen sowie Maßnahmen dagegen dokumentieren.
Schätzungsweise acht Milliarden Tonnen Plastikmüll verschmutzen nach
Angaben der Forscher mittlerweile den Planeten. Gleichzeitig steigt die
Plastik-Produktion weiter an – mit gravierenden Folgen. So trägt die
Produktion von Plastik massiv zum Klimawandel bei, sie ist für mehr
Treibhausgas-Emissionen verantwortlich als der gesamte Staat Brasilien.
Mikro- und Nano-Partikel sowie zahlreiche Kunststoffchemikalien finden
sich selbst in entlegenen Winkeln der Erde, ebenso wie in den Körpern von
Meeres- und Landlebewesen und auch von Menschen. Die Wissenschaftler
zeigen in dem Lancet-Beitrag auf, wie diese Kunststoffbelastung zu
Krankheiten und Todesfällen von der frühen Kindheit bis ins hohe Alter
führt, und dokumentieren, dass zahlreiche gefährdete Bevölkerungsgruppen
unverhältnismäßig stark belastet sind. Die Experten verweisen zugleich auf
die hohen wirtschaftlichen Kosten, die dadurch entstehen, sowie auf große
Informationslücken: So wurden 75 Prozent aller in Kunststoff enthaltenen
Chemikalien nie auf ihre Sicherheit überprüft.
Um Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung von Plastik zu diskutieren,
treffen sich vom 5. bis 14. August 2025 Vertreter der Mitgliedstaaten der
Vereinten Nationen in Genf. Ziel der Vereinten Nationen ist ein globales
Abkommen gegen Plastikverschmutzung. Mit der Vorstellung des „Lancet
Countdown on Health and Plastics“ wollen die beteiligten Expertinnen und
Experten aus den Bereichen Global Health, Umweltwissenschaften, Chemie und
Politik diese Verhandlungen unterstützen. „Wir zeigen, wie gravierend die
gesundheitlichen Auswirkungen von Plastikverschmutzung und
Kunststoffbelastung bereits sind – und welche Folgen drohen, wenn nicht
entschieden gehandelt wird“, betont Prof. Rocklöv, der Co-Vorsitzender des
Countdowns ist. „Wir nehmen eine breite Perspektive ein und schauen etwa
auf das Zusammenwirken von Plastikverschmutzung mit anderen globalen
Bedrohungen für die Gesundheit, etwa durch Mücken übertragene Krankheiten
und antimikrobielle Resistenz“, erklärt Dr. Marina Treskova,
Ökoepidemiologin an der Universität Heidelberg und Co-Leiterin der
Arbeitsgruppe zu den gesundheitlichen Auswirkungen des Countdowns.
Für den ersten „Lancet Countdown on Health and Plastics“-Report werden die
Forscher wissenschaftlich aussagekräftige und regional repräsentative
Indikatoren für die vier Bereiche Plastikherstellung, Exposition,
gesundheitliche Folgen sowie Interventionen und Engagement identifizieren
und regelmäßig darüber berichten. „Wir werden unabhängige Daten liefern,
auf deren Grundlage Entscheidungen zur Förderung der öffentlichen
Gesundheit getroffen werden können“, so Prof. Rocklöv.
Die Gründung des „Lancet Countdown on Health and Plastics“ wird maßgeblich
von der Universität Heidelberg sowie vom Boston College (USA), dem Centre
Scientifique de Monaco und der australischen Minderoo-Stiftung unterstützt.
Die neue Forschungskollaboration ist an die Aktivitäten des „Lancet
Countdown on Health and Climate Change“-Reports angelehnt. Damit
dokumentieren etwa 300 Forscherinnen und Forscher die gesundheitlichen
Folgen des Klimawandels.
Joacim Rocklöv forscht als Alexander von Humboldt-Professor der
Universität Heidelberg in einer Reihe von Projekten an der Universität und
am Universitätsklinikum Heidelberg zu Auswirkungen von Klima- und
Umweltveränderungen auf die öffentliche Gesundheit. Dazu leitet er den
Heidelberg Planetary Health Hub (Hei-Planet), der am Heidelberger Institut
für Global Health und am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches
Rechnen angesiedelt ist. Er ist einer der beiden Koordinatoren des
europäischen Lancet-Countdown-Berichts zu Gesundheit und Klimawandel sowie
einer von zwei Vorsitzenden des neuen „Lancet Countdown on Health and
Plastics“.
Marina Treskova ist Nachwuchsgruppenleiterin und Co-Projektleiterin eines
Flaggschiffprojekts im Heidelberg Planetary Health Hub an der Universität
Heidelberg. Prof. Rocklöv und Dr. Treskova leiten das EU-finanzierte
Konsortium „Community-based engagement and interventions to stem the tide
of antimicrobial resistance spread in the aquatic environments catalysed
by climate change and plastic pollution interactions“ (TULIP), das sich
mit den Wechselwirkungen zwischen antimikrobieller Resistenz und
Kunststoffen befasst.