Studie: So gestresst waren Arminia-Fans beim DFB-Pokalfinale

Bielefelder Forschende werten Vitalwerte von mehr als 200 Fans aus
Das DFB-Pokalfinale zwischen dem DSC Arminia Bielefeld und dem VfB
Stuttgart hallt nach – nicht nur emotional, sondern auch wissenschaftlich.
Forschende der Universität Bielefeld haben mithilfe von Smartwatches
Herzschlag und Stress-Level von mehr als 200 Arminia-Fans beim Pokalfinale
am Samstag gemessen.
Erstes Ergebnis: Die Forschenden fanden klare
Parallelen zwischen Spielverlauf und Körperreaktionen. Schon lange vor
Anpfiff stiegen Puls und Belastungswerte deutlich an. Arminia geht
wirklich zu Herzen – für die meisten teilnehmenden Fans die intensivste
Stresserfahrung der vergangenen Tage.
Die Studie in Kooperation mit der Wissenswerkstadt Bielefeld ist der erste
Schritt zu weiteren „Fußballfieber“-Untersuchungen
Die teilnehmenden Arminia-Fans stimmten vor dem Pokalfinale der
Übermittlung und Auswertung der Daten ihrer Fitnessuhren zu. Ihre
Smartwatches zeichneten Daten zu Herzfrequenz, Stress, Bewegung und
weiteren Werten auf, die im Anschluss an das Pokalfinal-Spiel von einem
Forschungsteam der Universität Bielefeld ausgewertet wurden.
Die Daten belegen, dass die Fans bereits Stunden vor dem Anstoß in Berlin
auf das Spiel hinfieberten. „Schon vor dem Anpfiff sehen wir deutlich
ansteigende Puls- und Stresswerte“, sagt Professorin Dr. Christiane Fuchs,
Leiterin der Data-Science-Gruppe an der Fakultät für Wirt-
schaftswissenschaften. „Und spätestens nach dem Lattentreffer der Arminia
in der 12. Minute stieg der Puls der Fans in die Höhe.“
Herzschlag folgt dem Spiel
Ihr Kollege Professor Dr. Christian Deutscher von der Fakultät für
Psychologie und Sportwissenschaft berichtet: „Der Spielverlauf spiegelt
sich klar in den Daten wider. Die frühe Chance zur Führung und der direkte
Gegentreffer in der 15. Minute gehen zeitlich einher mit deutlich erhöhten
Puls- und Stresswerten. Nach dem 0:2 und insbesondere dem 0:4 gingen beide
Werte wieder zurück – möglicherweise, weil viele Fans das Spiel innerlich
abgehakt hatten.“ Fuchs ergänzt: „Kurz vor Spielende, als Arminia zwei
Tore erzielte und ein drittes möglich schien, nahmen Puls und Stress
erneut zu.“ Eine Grafik der Forschenden veranschaulicht die
durchschnittlichen Pulwerte.
Der Durchschnittspuls der untersuchten Arminia-Fans lag am Samstag der
Vorwoche zwischen 20 und 22 Uhr bei knapp 76. Während des Finales an
diesem Wochenende stieg der Puls auf durchschnittlich knapp 90 – ein
Anstieg von über 18 Prozent. Die Auswertung der Forschenden zeigt den
Höchstwert von 96 Herzschlägen pro Minute nach dem ersten Tor der
Stuttgarter. Nach den folgenden Treffern der Stuttgarter kam es zu jeweils
geringeren Pulsanstiegen. Als Arminia gegen Spielende noch zwei Tore
erzielte, stieg der Puls jedoch erneut auf bis zu 93. Auch der zeitliche
Verlauf des Stresslevels unterstreicht die enorme emotionale Bedeutung des
Spiels. Bereits ab Samstagmittag zeigen die Daten deutlich die zunehmende
Anspannung, wie ebenfalls in einer Grafik zu sehen ist. „Insbesondere
unmittelbar vor dem Anpfiff sind bedeutend gestiegene Stresswerte zu
beobachten“, so Fuchs. „Analog zur Herzfrequenz sinkt aber auch das
Stresslevel nach den frühen Gegentoren und bleibt dabei auch den Rest des
Spiels auf einem Wert, der außerhalb des Spiels in der ganzen Woche nicht
erreicht wird.“
Viele Fans hatten sich frühzeitig zur Studie angemeldet, das ermöglicht
einen Vergleich mit Vitalwerten aus dem Alltag. Demnach war das
Zeitfenster des Pokalfinales das stressigste Erlebnis vieler Fans in den
vergangenen Tagen – weit intensiver als der normale Alltag auf der Arbeit
oder in ähnlichen Situationen. Bemerkenswert ist außerdem der Unterschied
zu den Messwerten des letzten Saisonspiels – gegen den SV Waldhof Mannheim
– eine Woche zuvor. Während dieses Spiels zeigten die Fans zwar ähnlich
hohe Pulswerte, allerdings war die Aufregung im Vorfeld und auch während
dieses Spiels deutlich geringer. Am Tag nach dem Finale normalisieren sich
die Stresswerte der Fans und sind vergleichbar mit dem Sonntag der
Vorwoche.
Während die Parallelen von Spielverlauf und Herzfrequenz ins Auge stechen,
betonen die Forschenden, dass ein ursächlicher Zusammenhang hierdurch
nicht nachgewiesen ist. Ein erhöhter Puls kann auch durch andere Faktoren
wie Reisetätigkeit, den Aufenthalt in Menschenmengen, Bewegung oder
Alkoholkonsum ausgelöst werden. Eine tiefergehende Analyse auch der
Bewegungsdaten soll hier zu einem späteren Zeitpunkt Einblicke liefern.
Studie wird fortgesetzt
Auch wenn das DFB-Pokalfinale nun Geschichte ist, soll die Studie der
Auftakt für weitere wis-senschaftliche Untersuchungen sein. Zunächst
werden beim Finale des Westfalenpokals gegen die Sportfreunde Lotte am
kommenden Donnerstag (29.05.2025) weitere Daten erhoben. So können drei
Spiele von unterschiedlicher sportlicher Bedeutung in die Analyse
einfließen.
Die Forschenden werten später alle Daten vollständig aus und streben eine
Publikation in einem Fachjournal an. Die Daten der VfB-Stuttgart-Fans
sollen ebenfalls in die Analyse einfließen – allerdings nahmen deutlich
weniger Stuttgart-Fans als Arminia-Anhänger*innen teil, was nur
begrenztere Aussagen erlaubt. „Nach unserer ersten Analyse ähneln die
Reaktionen der Stuttgart-Fans während des Pokalfinales denen der Arminen –
insbesondere der Anstieg zu Spielbeginn und die Entspannung nach den
ersten Toren sind deutlich zu erkennen“, sagt Christian Deutscher.
Mittelfristig sehen Fuchs und Deutscher große Potenziale für ihren
Untersuchungsansatz – nicht nur im Sport, sondern auch in anderen
gesellschaftlichen Bereichen.