Neue Bundesregierung muss in der Außenwirtschaft europäisch denken und handeln
Außenwirtschaft konsequent europäisch denken – die Außenwirtschaftsagenda
des IfW Kiel für die neue Bundesregierung setzt auf eine starke EU als
Antwort auf geopolitische Spannungen, Protektionismus und wirtschaftliche
Unsicherheiten.
Chinas Dominanz in Schlüsselindustrien, Trumps drohende
Strafzölle und die schwächelnde Wettbewerbsfähigkeit Europas erfordern
eine geschlossene europäische Strategie. Ein gestärkter Binnenmarkt und
eine strategische Handelspolitik, die Offenheit, Liberalisierung und neue
Partnerschaften, etwa mit Afrika, vorantreibt, sollen Deutschland und die
EU widerstandsfähiger machen und langfristig auf Augenhöhe mit den USA und
China halten.
Chinas Angriff auf Schlüsselindustrien; die aggressive Zollpolitik von
Donald Trump; Wachstumsschwäche und zunehmende geopolitische Risiken: Wenn
eine neue Bundesregierung nach den Wahlen ihre Arbeit aufnimmt, steht sie
wirtschaftspolitisch vor großen Herausforderungen. „Die neue
Bundesregierung wird vom ersten Tag an in außenwirtschaftlich stürmischen
Gewässern navigieren müssen“, sagt Moritz Schularick, Präsident des IfW
Kiel. „Die hiermit vorgelegte Agenda ist daher als eine Art
außenwirtschaftlicher Kompass für die neue Regierung gedacht.“
Die Antwort auf die außenwirtschaftlichen Herausforderungen könne nur
europäisch sein, schreiben Schularick und neun weitere Expertinnen und
Experten des Instituts gemeinsam in der heute veröffentlichten
Außenwirtschafts-Agenda des IfW Kiel für eine neue Bundesregierung
(https://www.ifw-kiel.de/de/pu
eine-agenda-fuer-die-neue-bund
EU-Binnenmarktes, eine starke europäische Innovationspolitik, eine
integrierte Klimapolitik und eine geschlossene, rasche Reaktion auf Trumps
Zolldrohungen könne es gelingen, ein wirksames Gegengewicht zu China und
den USA aufzubauen.
Die EU ist zusammen mit den USA und China eine der drei größten
Volkswirtschaften der Welt, und die Volkswirtschaften der EU-
Mitgliedstaaten sind eng miteinander vernetzt. „Gemeinsam hat die EU eine
starke Marktmacht, die eingesetzt werden kann, um handelsbeschränkenden
Maßnahmen entgegenzuwirken und einen fairen internationalen Wettbewerb zu
ermöglichen“, sagt Schularick. „Aber nur ein starker EU-Binnenmarkt
schafft Augenhöhe mit den USA und China “
Selbstbewusst den Platz zwischen den USA und China füllen
Die Wiederwahl von Donald Trump und seine geplanten Importzölle stellen
die transatlantischen Handelsbeziehungen vor große Herausforderungen. Die
EU muss geschlossen auftreten, gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen und auch
höhere Investitionen in Verteidigung in Europa sollten Teil der
strategischen Antwort auf die unberechenbare Handelspolitik von Trump
sein.
Gleichzeitig gilt es, sich zwischen den USA und China zu positionieren:
Statt Scheinlösungen bei Ausgleichszöllen für chinesische E-Autos sollte
die EU auf fairen Wettbewerb und besseren Schutz europäischer Unternehmen
drängen. Auch kritische Infrastrukturen müssen geschützt und die
Versorgung mit kritischen Rohstoffen sichergestellt werden. Trumps Fokus
auf schnelle Deals birgt Risiken, bietet aber auch Chancen. Europa sollte
sich als Champion von Offenheit und Liberalisierung behaupten –
beispielsweise, wenn es um Freihandelsabkommen geht oder darum eine
strategische Partnerschaft mit dem afrikanischen Kontinent aufzubauen.
Technologisch aufholen mit einer starken Innovationspolitik
Das gilt umso mehr angesichts der Wachstumsschwäche und des
technologischen Rückstands der deutschen Wirtschaft. Laut aktuellen Daten
des Statistischen Bundesamtes ist die Bruttowertschöpfung im
Verarbeitenden Gewerbe im Jahr 2024 im Vorjahresvergleich um drei Prozent
zurückgegangen. Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in deutschen
Vorzeigebranchen wie der Automobilindustrie und dem Maschinenbau wider,
die zusätzlich von möglichen Zöllen der US-Regierung besonders betroffen
wären. Notwendig seien daher eine europäische Innovationspolitik und ein
integrierter europäischer Kapitalmarkt, schreiben die Autorinnen und
Autoren. Neben einer klaren Strategie sei es hier vor allem wichtig Lücken
in der Finanzierung zu schließen. „Investitionen in Forschung und
Entwicklung sind risikoreich. Es braucht Geldgeber, die das Risiko auf
sich nehmen“, so Schularick. Hier müsse der Staat ansetzen, um die private
Risikofinanzierung innerhalb des EU-Binnenmarktes zu erleichtern, und um
durch Bürokratieabbau und steuerliche Vereinfachungen Investitionen für
in- und ausländische Risikoinvestoren attraktiver zu machen.
Mehr Einfluss auf weltweite Emissionen durch europäische Klimapolitik
Auch in der Klimapolitik gewinnt die Zusammenarbeit innerhalb der EU an
Bedeutung. Deutschland sollte sich gemeinsam mit seinen europäischen
Partnern auf die Reduktion von Emissionen innerhalb der Union
konzentrieren. Eine stärkere europäische Ausrichtung ermöglicht es, durch
internationale Abkommen und Handelsbeziehungen einen größeren Einfluss auf
die weltweiten Emissionen zu nehmen. Daher ist es entscheidend, wirksame
europäische Klimainstrumente weiter auszubauen. Gleichzeitig sollte die
Bundesregierung darauf hinwirken, unnötige Regulierungen zu vermeiden, die
nicht mit marktwirtschaftlichen Prinzipien im Einklang stehen odereinen
effizienteren Klimaschutz behindern.
Lesen Sie im Einzelnen im Kiel Policy Brief 182 „Außenwirtschaft nach der
Wahl – Eine Agenda für die neue Bundesregierung“/https://www.i
kiel.de/de/publikationen/ausse
die-neue-bundesregierung-33738
• Weltwirtschaftliche Herausforderungen nach der Wahl. Warum die neue
Bundesregierung europäisch denken und handeln muss [Dirk Dohse, Holger
Görg und Moritz Schularick]
• Chinas Angriff auf deutsche Schlüsselindustrien – wie sollen wir
reagieren? [Frank Bickenbach, Dirk Dohse, Wan-Hsin Liu]
• Trumps Zollpolitik: Folgen und Handlungsoptionen [Julian Hinz]
• Mit Handelsabkommen neue Partner finden [Rolf .J. Langhammer]
• Mehr Afrika wagen! Wie Deutschland vom Intensivieren der Partnerschaft
profitieren kann [Tobias Heidland]
• Sicherung kritischer Rohstoffe: Rohstoffpolitik mit Augenmaß und
Weitblick [Eckhardt Bode]
• Fokus auf Europäische Klimapolitik [Wilfried Rickels]