Technische Hochschule Mittelhessen wertet Daten zum Maßregelvollzug aus
Seit einigen Jahren steigt die Zahl derjenigen, die im Maßregelvollzug,
also der freiheitsentziehenden Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß §63 Strafgesetzbuch, untergebracht sind.
Neben längeren
Aufenthalten dort und selten „einfachen“ Verläufen steigt die Zahl der
Einweisungen von straffällig gewordenen Menschen in ein psychiatrisches
Krankenhaus. Woran das liegt, wird die Technische Hochschule Mittelhessen
(THM) in den nächsten zwölf Monaten auf Grundlage hessischer Daten
auswerten.
Seit einigen Jahren steigt die Zahl derjenigen, die im Maßregelvollzug,
also der freiheitsentziehenden Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus gemäß §63 Strafgesetzbuch, untergebracht sind. Neben längeren
Aufenthalten dort und selten „einfachen“ Verläufen steigt die Zahl der
Einweisungen von straffällig gewordenen Menschen in ein psychiatrisches
Krankenhaus. Woran das liegt, wird die Technische Hochschule Mittelhessen
(THM) in den nächsten zwölf Monaten auf Grundlage hessischer Daten
auswerten.
Wer eine Straftat begangen hat und dafür verurteilt wurde, verbüßt die
Haftstrafe im Gefängnis (Strafvollzug). Wie lang eine verurteilte
Straftäterin oder ein verurteilter Straftäter im Gefängnis untergebracht
wird, wird bereits bei Haftantritt berechnet – die Unterbringung ist
zeitlich befristet.
Zeitlich grundsätzlich nicht befristet ist dagegen die Unterbringung im
Maßregelvollzug nach §63 Strafgesetzbuch: Wurde eine Straftäterin oder ein
Straftäter als schuldunfähig oder als vermindert schuldfähig beurteilt und
geht von diesem Menschen weiter eine Gefahr aus, wird er unbefristet in
einem psychiatrischen Krankenhaus wie der Vitos Klinik für forensische
Psychiatrie untergebracht. Entlassen werden sie erst, wenn die Erkrankung,
ohne die es nicht zu einer Straftat gekommen wäre, nicht mehr das
Verhalten des forensischen Patienten oder der Patientin bestimmt. Die
Unterbringung gemäß §64 Strafgesetzbuch, ebenfalls eine Unterbringung im
Maßregelvollzug, nämlich in einer Entziehungsanstalt, ist auf maximal zwei
Jahre beschränkt und nicht Gegenstand dieser Untersuchung.
Die „einfachen Verläufe“, in denen die Menschen in einer Klinik
untergebracht und behandelt werden, um danach wieder entlassen zu werden,
sind selten geworden. Alltag in den forensischen Kliniken ist, komplexe
Krankheitsverläufe zu behandeln. Nach der Entlassung wechseln sich
ambulante und stationäre Behandlungsphasen ab, kurzzeitige
Kriseninterventionen unter Einbeziehung der forensischen Kliniken nehmen
zu. Nachsorgeeinrichtungen fehlen, weshalb Patientinnen und Patienten
bleiben müssen, die bereits entlassen werden könnten. Die Folge:
Überbelegung.
Diesen erklärbaren Ursachen für die Überbelegung am Ende der Behandlung
stehen erhöhte Aufnahmezahlen am Beginn der Behandlung gegenüber. Die
Gründe für die steigenden Aufnahmezahlen sind nicht bekannt.
Um all das wissenschaftlich zu erfassen und daraus Handlungsempfehlungen
unter anderem für die hessische Landespolitik abzuleiten, kooperiert die
Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Gießen seit kurzem mit der
Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). Mitarbeitende des Willy Robert
Pitzer-Instituts für Versorgungsforschung und Rehabilitation am
Fachbereich Gesundheit werten Daten aus den vergangenen zehn Jahren aus,
wie sich die Unterbringungszahlen verändert haben und welche Hintergründe
es für die Veränderungen gibt.
Das Willy Robert Pitzer-Institut realisiert das gemeinsame Projekt in den
nächsten zwölf Monaten. „Wir erhoffen uns durch die Forschungskooperation,
die wissenschaftliche Diskussion auch in einem Forschungsfeld vorantreiben
zu können, das in der breiten Öffentlichkeit leider selten Aufmerksamkeit
erhält. Durch die Einbindung von Masterstudierenden können wir zudem eine
direkte Verbindung von Forschung und Lehre erzielen“, sagt Prof. Dr.
Susanne Hanefeld, Direktorin des Instituts.
Basis für die Auswertung sind die zentral in der Vitos Klinik für
forensische Psychiatrie Haina gesammelten Daten für alle Kliniken in
Hessen, in denen Patienten gemäß Paragraph 63 Strafgesetzbuch
untergebracht sind, also in einem psychiatrischen Krankenhaus. Aussagen
über die Situation in ganz Deutschland kann die Forschungskooperation
nicht treffen, da der Maßregelvollzug Ländersache ist.