Steigende Eigenanteile für Pflege: Angst vor Überforderung gefährdet Zusammenhalt und Demokratie
Vor dem Hintergrund erneut drastisch angestiegener Eigenanteile für
stationäre Pflege fordert die Vorständin des Kuratoriums Deutsche
Altershilfe, Dr. Alexia Zurkuhlen, Lösungen zur Stabilisierung der
Sozialsysteme rasch anzugehen.
Die Sorge der Menschen davor, dass die
sozialen Netze bei eigener Überforderung nicht mehr tragen könnten,
gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.
Die selbst zu zahlenden Kosten für das Pflegeheim sind im Schnitt um 300
Euro pro Monat angestiegen. Die von pflegebedürftigen Menschen und ihren
Familien selbst aufzubringenden Eigenanteile betragen nach Berechnungen
des Bundesverbandes der Ersatzkassen (vdek) im ersten Jahr des
Heimaufenthalts inzwischen im Schnitt 2.984 Euro monatlich statt bisher
2.687 Euro. „Der Eigenanteil, den pflegebedürftigen Menschen im ersten
Jahr in einer stationären Pflegeeinrichtung bezahlen müssen, ist
erschreckend gestiegen“, sagte Dr. Alexia Zurkuhlen und verwies darauf,
dass die Armut bei älteren Menschen immer weiter zunimmt. „Die Armutsquote
unter älteren Menschen erreicht aktuell ein Rekordhoch: Laut
Statistischem Bundesamt leben in Deutschland 3,54 Millionen Menschen über
65 Jahren an oder unter der Armutsgrenze, also fast jeder Fünfte im
Rentenalter.“
Der Karren steckt fest
Zurkuhlen forderte mit Blick auf die finanzielle Überforderung vieler
Menschen, die Sozialsysteme rasch zu stabilisieren: „Die Nachhaltigkeit
unserer sozialen Systeme ist mehr denn je gefährdet. Die Angst der
Menschen davor, dass ihre finanziellen Ressourcen nicht ausreichen, ihre
sozialen Netze reißen, gefährdet die Demokratie ganz direkt. Kurz gesagt:
Der Karren steckt fest. Lösungsvorschläge gibt es ausreichend – nun muss
angepackt werden“, betonte die Vorständin des KDA. „Die Strukturen der
sozialen Sicherungssysteme müssen angepasst und generationengerecht
stabilisiert werden.“
Zum Vergleich: Der durchschnittliche Rentenzahlbetrag lag 2024 bei rund
1200 bis 1500 Euro. Die durchschnittliche Brutto-Altersrente von Männern
mit mindestens 35 Versicherungsjahren lag laut Rentenatlas der Deutschen
Rentenversicherung bei 1.809 Euro und für Frauen bei 1.394 Euro im Monat
vor Abzug der Sozialabgaben.
Hilfe zur Pflege
Die steigenden finanziellen Belastungen führen dazu, dass immer mehr
pflegebedürftige Menschen in Pflegeeinrichtungen Sozialleistungen
zusätzlich zu ihrer Rente in Anspruch nehmen. Etwa ein Drittel der
Bewohner in Einrichtungen der Langzeitpflege erhalten „Hilfe zur Pflege“.
Diese Sozialleistung kann beim Sozialamt erst beantragt werden, wenn zuvor
das Familien-Ersparte, also etwa die Altersvorsorge, für die Pflegekosten
aufgebraucht wurden. Die „Hilfe zur Pflege“ wiederum belastet die
kommunalen Haushalte.
Gerade die Generation der Babyboomer hätte „gute Voraussetzungen, stabile
Netzwerke im Sinne von Caring Communities zu verfestigen“, um eine Pflege
im eigenen Zuhause so lange wie möglich zu gewährleisten, stellte
Zurkuhlen fest. „Hier kann man die Kommunen stärken, um das Zusammenwirken
regionaler und lokaler Akteure zu verknüpfen.“ Zudem müsse
„sektorenübergreifende Zusammenarbeit in den SGB-Leistungen abgebildet
werden“, so Zurkuhlen.
Auswertung des vdek zur Höhe von Eigenanteilen:
https://www.vdek.com/content/d
Rentenatlas der Deutschen Rentenversicherung: https://www.deutsche-
rentenversicherung.de/SharedDo
Berichte/Rentenatlas/2024/rent