KIT-Experte zu aktuellem Thema: Einfluss von KI auf demokratische Wahlen
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie, Christian Könemann, 30.01.2025 11:45
KIT-Experte zu aktuellem Thema: Einfluss von KI auf demokratische Wahlen
Der Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf demokratische Wahlen wie
die vorgezogene Neuwahl zum Deutschen Bundestag am 23. Februar 2025 ist
ein Thema von wachsender Bedeutung. Schließlich haben Anwendungen
generativer KI wie Chatbots, Social-Media-Screenings oder Deepfake-Tools
das Potenzial, den Wahlprozess ebenso zu unterstützen wie manipulativ zu
untergraben. Zu solchen Anwendungen forschen am Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) Fachleute für IT-Sicherheit sowie für
Technikfolgenabschätzung.
„In Deutschland ist der Einsatz von KI in Wahlkämpfen erst bei wenigen
Parteien zu beobachten. Das internationale Superwahljahr 2024 mit Wahlen
in mehr als 60 Ländern hat jedoch gezeigt, wo die Reise hingeht“, sagt
Thorsten Strufe, Professor für praktische IT-Sicherheit am KIT sowie
außerplanmäßiger Professor für Privatsphäre und Netzwerksicherheit an der
TU Dresden. „Mit wachsender Verfügbarkeit von Sprachmodellen und Bild-
Generatoren nimmt auch deren Verwendung zu – für legitime wie für
fragwürdige Zwecke. Um Missbrauch zu verhindern, bedarf es technologischer
und rechtlicher Maßnahmen, nicht zuletzt aber auch einer Stärkung
individueller und gesellschaftlicher KI-Kompetenz.“
Ein Deepfake-Video von Bundeskanzler Olaf Scholz, in dem er ein
Verbotsverfahren gegen die AfD ankündigt, ein KI-generiertes
Audiodokument, auf dem eine slowakische Politikerin vermeintlich
Korruption einräumt, Falschauskünfte der Suchmaschine Bing: Im beginnenden
KI-Zeitalter ist die Klaviatur der Desinformation breit. Als Leiter der
Forschungsgruppe Praktische IT-Sicherheit am KASTEL – Institut für
Informationssicherheit und Verlässlichkeit des KIT ist Informatiker Strufe
mit Fake-News und Desinformationskampagnen vertraut: „Die Generierung von
falschen Inhalten ist inzwischen so gut, dass es selbst für Fachleute
schwer ist, sie von echten Fotos oder Videos zu unterscheiden. Gezielt
gewählt, können so Vorurteile einfach bedient und verstärkt werden. Der
Effekt ist nachweisbar gefährlich, weil selbst eine anschließende
Richtigstellung nur oberflächlich wahrgenommen wird, die scheinbare
Bestätigung der Vorurteile aber unterbewusst weiterwirkt.“
Übermenschliche Feinarbeit – Wählerinnen und Wähler im KI-Visier
Auf der anderen Seite zeichnet sich ab, wie generative KI – also
Künstliche Intelligenz, die mittels Deep Learning und neuronalen
Netzwerken in der Lage ist, Inhalte, die von Menschen erstellten Inhalten
ähneln, neu zu erstellen – Wahlkämpfe auf bislang nicht gekannte Weise
fortentwickelt. Ein Beispiel sind sogenannte Targeting-Strategien wie die
KI-Stimme „Ashley“, die im US-Präsidentschaftswahlkampf Tausende Menschen
in wechselnden Sprachen und mit personalisierten Inhalten anrief, um für
eine bestimmte Kandidatin zu werben. „Ein in diesem Kontext häufig
übersehener Aspekt ist die gezielte Ausspielung von Inhalten an
unterschiedliche Zielgruppen. Selbst wenn Sie Nachrichten
vertrauenswürdiger Quellen angezeigt bekommen, entscheiden beispielsweise
Meta oder X, welche der von diesen Medien veröffentlichten Nachrichten
Ihnen angezeigt werden. Ihrem Eindruck nach ist die Auswahl neutral und
die Quelle zuverlässig. Tatsächlich jedoch hat die unausgewogene Auswahl
den erwünschten Effekt, dass Sie Vertrauen und Zuversicht verlieren oder
Ressentiments aufbauen.“
Allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim: Die fünf Wahlgrundsätze
des Grundgesetzes zielen darauf ab, Wahlen wie die anstehende
Bundestagswahl als grundlegende und gültige Repräsentation des
Bevölkerungswillens zu sichern. „Ich denke, wir müssen die Techniken, aber
gerade auch die psychologischen Mechanismen weit mehr als bisher erklären
und ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken“, plädiert
Sicherheitsspezialist Strufe für Eingriffe auf technischer,
gesellschaftlicher und rechtlicher Ebene, um die Meinungsbildung im
Vorfeld von Wahlen vor der Manipulation durch generative KI zu schützen.
„So werden Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, Kampagnen zu
erkennen, zu durchschauen und auch in Diskussionen zu demaskieren.
Gleichzeitig dürfen wir uns durch die neue globalpolitische Situation
nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern müssen die gesetzlichen
Möglichkeiten, die der europäische Rahmen bietet, mit Nachdruck nutzen.“
Karlsruher Institut für Technologie, Christian Könemann, 30.01.2025 11:45
KIT-Experte zu aktuellem Thema: Einfluss von KI auf demokratische Wahlen
Der Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf demokratische Wahlen wie
die vorgezogene Neuwahl zum Deutschen Bundestag am 23. Februar 2025 ist
ein Thema von wachsender Bedeutung. Schließlich haben Anwendungen
generativer KI wie Chatbots, Social-Media-Screenings oder Deepfake-Tools
das Potenzial, den Wahlprozess ebenso zu unterstützen wie manipulativ zu
untergraben. Zu solchen Anwendungen forschen am Karlsruher Institut für
Technologie (KIT) Fachleute für IT-Sicherheit sowie für
Technikfolgenabschätzung.
„In Deutschland ist der Einsatz von KI in Wahlkämpfen erst bei wenigen
Parteien zu beobachten. Das internationale Superwahljahr 2024 mit Wahlen
in mehr als 60 Ländern hat jedoch gezeigt, wo die Reise hingeht“, sagt
Thorsten Strufe, Professor für praktische IT-Sicherheit am KIT sowie
außerplanmäßiger Professor für Privatsphäre und Netzwerksicherheit an der
TU Dresden. „Mit wachsender Verfügbarkeit von Sprachmodellen und Bild-
Generatoren nimmt auch deren Verwendung zu – für legitime wie für
fragwürdige Zwecke. Um Missbrauch zu verhindern, bedarf es technologischer
und rechtlicher Maßnahmen, nicht zuletzt aber auch einer Stärkung
individueller und gesellschaftlicher KI-Kompetenz.“
Ein Deepfake-Video von Bundeskanzler Olaf Scholz, in dem er ein
Verbotsverfahren gegen die AfD ankündigt, ein KI-generiertes
Audiodokument, auf dem eine slowakische Politikerin vermeintlich
Korruption einräumt, Falschauskünfte der Suchmaschine Bing: Im beginnenden
KI-Zeitalter ist die Klaviatur der Desinformation breit. Als Leiter der
Forschungsgruppe Praktische IT-Sicherheit am KASTEL – Institut für
Informationssicherheit und Verlässlichkeit des KIT ist Informatiker Strufe
mit Fake-News und Desinformationskampagnen vertraut: „Die Generierung von
falschen Inhalten ist inzwischen so gut, dass es selbst für Fachleute
schwer ist, sie von echten Fotos oder Videos zu unterscheiden. Gezielt
gewählt, können so Vorurteile einfach bedient und verstärkt werden. Der
Effekt ist nachweisbar gefährlich, weil selbst eine anschließende
Richtigstellung nur oberflächlich wahrgenommen wird, die scheinbare
Bestätigung der Vorurteile aber unterbewusst weiterwirkt.“
Übermenschliche Feinarbeit – Wählerinnen und Wähler im KI-Visier
Auf der anderen Seite zeichnet sich ab, wie generative KI – also
Künstliche Intelligenz, die mittels Deep Learning und neuronalen
Netzwerken in der Lage ist, Inhalte, die von Menschen erstellten Inhalten
ähneln, neu zu erstellen – Wahlkämpfe auf bislang nicht gekannte Weise
fortentwickelt. Ein Beispiel sind sogenannte Targeting-Strategien wie die
KI-Stimme „Ashley“, die im US-Präsidentschaftswahlkampf Tausende Menschen
in wechselnden Sprachen und mit personalisierten Inhalten anrief, um für
eine bestimmte Kandidatin zu werben. „Ein in diesem Kontext häufig
übersehener Aspekt ist die gezielte Ausspielung von Inhalten an
unterschiedliche Zielgruppen. Selbst wenn Sie Nachrichten
vertrauenswürdiger Quellen angezeigt bekommen, entscheiden beispielsweise
Meta oder X, welche der von diesen Medien veröffentlichten Nachrichten
Ihnen angezeigt werden. Ihrem Eindruck nach ist die Auswahl neutral und
die Quelle zuverlässig. Tatsächlich jedoch hat die unausgewogene Auswahl
den erwünschten Effekt, dass Sie Vertrauen und Zuversicht verlieren oder
Ressentiments aufbauen.“
Allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim: Die fünf Wahlgrundsätze
des Grundgesetzes zielen darauf ab, Wahlen wie die anstehende
Bundestagswahl als grundlegende und gültige Repräsentation des
Bevölkerungswillens zu sichern. „Ich denke, wir müssen die Techniken, aber
gerade auch die psychologischen Mechanismen weit mehr als bisher erklären
und ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken“, plädiert
Sicherheitsspezialist Strufe für Eingriffe auf technischer,
gesellschaftlicher und rechtlicher Ebene, um die Meinungsbildung im
Vorfeld von Wahlen vor der Manipulation durch generative KI zu schützen.
„So werden Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, Kampagnen zu
erkennen, zu durchschauen und auch in Diskussionen zu demaskieren.
Gleichzeitig dürfen wir uns durch die neue globalpolitische Situation
nicht ins Bockshorn jagen lassen, sondern müssen die gesetzlichen
Möglichkeiten, die der europäische Rahmen bietet, mit Nachdruck nutzen.“