Genetische Vielfalt nimmt weltweit ab, doch Schutzmaßnahmen geben Hoffnung
• Die genetische Vielfalt von Tieren, Pflanzen und Pilzen nimmt weltweit
ab. Zielgerichtete Maßnahmen können jedoch beim Erhalt der Biodiversität
helfen.
• Das zeigt die bislang umfassendste globale Metaanalyse zur genetischen
Vielfalt, für die ein internationales Forschungsteam mithilfe neuer
Methoden Daten zu hunderten Arten aus mehr als drei Jahrzehnten
auswertete.
• Die Studie entstand unter Beteiligung der Universität Freiburg und
erschien nun im Journal Nature.
Die genetische Vielfalt von Tieren, Pflanzen und Pilzen nimmt weltweit ab.
Doch zielgerichtete Schutzmaßnahmen sind oft wirksam und können zur
Erhaltung bedrohter Arten und ihrer genetischen Diversität beitragen. Das
ist das Ergebnis der bislang umfassendsten globalen Metaanalyse zur
genetischen Vielfalt, die nun in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht
wurde. Mithilfe neuer Methoden wertete ein internationales Forschungsteam
unter Beteiligung der Universität Freiburg Daten zu hunderten
verschiedenen Arten aus mehr als drei Jahrzehnten aus.
Bei rund zwei Drittel der untersuchten Populationen ließ sich ein Rückgang
der genetischen Diversität nachweisen. Das kann negative Auswirkungen auf
die Fitness einzelner Individuen und ganzer Populationen haben. Denn
genetische Vielfalt sichert die langfristige Überlebensfähigkeit von
Arten, indem sie Anpassungen an zukünftige Umweltveränderungen ermöglicht.
Außerdem fördert eine hohe genetische Vielfalt die Widerstandsfähigkeit
von Ökosystemen, die wiederum lebenswichtige Dienstleistungen für die
menschliche Gesellschaft bereitstellen.
Initiiert wurde die Studie vom Naturschutzgenetiker Prof. Dr. Gernot
Segelbacher an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der
Universität Freiburg. „Wir sehen einen weltweiten Verlust genetischer
Vielfalt. Gleichzeitig können wir aber zeigen, dass gezielte Maßnahmen
helfen können, den Biodiversitätsverlust zu verlangsamen oder sogar
umzukehren“, sagt Segelbacher.
Einige Arten – wie der Polarfuchs – reagieren besonders gut auf
Schutzmaßnahmen
Zu den Maßnahmen, mit denen sich die genetische Vielfalt innerhalb von
Arten erhalten und fördern lässt, zählen neben der Verbesserung von
Umweltbedingungen und der Wiederherstellung von Lebensräumen auch direkte
Eingriffe zur Vergrößerung von Populationen. Das umfasst beispielsweise
Umsiedlungen, den Austausch von Tieren zwischen verschiedenen
Populationen, gezielte Populationskontrollen – bei denen einzelne
Individuen zum Wohle der Verbleibenden entfernt werden –, sowie die
Bekämpfung invasiver oder schädlicher Arten.
Einige Arten reagieren besonders gut auf Schutzmaßnahmen – so etwa der
Skandinavische Polarfuchs (Vulpes lagopus): Die Art hat durch den
Pelzhandel erheblich gelitten, weist heute nur noch vergleichsweise kleine
Bestände auf und steht unter anderem durch die Konkurrenz mit dem Rotfuchs
unter Druck. Positiv auf die Populationen wirken sich Schutzmaßnahmen wie
die ergänzende Fütterung, die Entfernung von Rotfüchsen und Umsiedlungen
aus. Sie haben zur Erhaltung – und in einigen Fällen zur Erhöhung – der
genetischen Vielfalt und zum Wachstum der Populationen beigetragen.
Schutzmaßnahmen gebe es bislang jedoch nur bei der Hälfte der untersuchten
Populationen, die vom Verlust ihrer genetischen Vielfalt bedroht sind, so
die Forschenden. Es gelte daher, aus den erfolgreichen Maßnahmen bei
anderen Arten zu lernen und sie auf bislang ungeschützte Spezies zu
übertragen.
Modernste Verfahren der genetischen Analyse ermöglichen neue Erkenntnisse
Für ihre Meta-Analyse werteten die Forschenden Daten aus dem Zeitraum von
1985 bis 2019 aus und betrachteten 628 Arten von Tieren, Pflanzen und
Pilzen aus allen terrestrischen und den meisten maritimen Lebensräumen der
Erde. Modernste Verfahren der genetischen Analyse ermöglichten es den
Forschenden, neue Erkenntnisse aus zum Teil jahrzehntealten Studien zu
gewinnen. Durch die Schaffung einer gemeinsamen Messskala konnten sie
Vergleiche zwischen Studien anstellen, auch wenn diese auf
unterschiedlichen Methoden und genetischen Daten beruhten.
„Eine so umfassende globale Studie wäre vor zehn Jahren noch nicht möglich
gewesen“, erläutert Prof. Catherine Grueber von der Universität Sydney,
Letztautorin der Studie. „Fortschritte in der Genetik und Statistik haben
uns neue Werkzeuge an die Hand gegeben, mit denen wir neue Erkenntnisse
aus alten Daten gewinnen können – und das ermöglicht es uns, Populationen
und Trends auf globaler Ebene zu betrachten.“
Faktenübersicht:
• Originalpublikation: Shaw, Robyn E., Farquharson, K., et al., „Global
meta-analysis shows action is needed to halt genetic diversity loss“
(Nature 2025) DOI: https://doi.org/10.1038/s41586
• Gernot Segelbacher ist Naturschutzgenetiker und außerplanmäßiger
Professor an der Professur für Wildtierökologie und Wildtiermanagement an
der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität
Freiburg.