Annette von Droste-Hülshoffs Romanmanuskript „Ledwina“ kommt ins Westfälische Literaturarchiv

Das vermutlich zwischen 1820 und 1825/26 entstandene Manuskript ist die
einzige exis-tierende Handschrift des unvollendeten Romans „Ledwina“ von
Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848).
Das Droste-Forum e. V. hat das
Manuskript aus Privatbesitz erworben und stellt es dem Westfälischen
Literaturarchiv in Münster als Dauerleihgabe zur Verfügung. Die
Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit 40.000 Euro.
Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der
Länder: „Dass die ‚Ledwina‘ ins Westfälische Literaturarchiv kommt, ist
ein großer Glücksfall. Hier kann dieses bedeutende literarische Werk,
insbesondere im Kontext der Literaturgeschichte von Frauen, die nach wie
vor im Kanon unterrepräsentiert sind, zusammen mit dem größten Teil des
Nachlasses Droste-Hülshoffs bewahrt, erforscht und der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden. Mit der Burg Hülshoff, Geburtsort der
Dichterin, in der Nachbarschaft und mehreren Institutionen, die sich ihrem
Andenken und Werk widmen, hat sich Münster als zentraler Ort der Droste-
Forschung etabliert.“
Namensgebende Protagonistin des Romans ist die kränkliche Ledwina von
Brenkfeld, die von Fieberträumen und Zukunftsängsten geplagt wird. Die in
der Erzählung vorkommen-den Figuren sind teilweise Personen aus Drostes
Familie und Umfeld nachempfunden. „Ledwina“ gilt als ein zentraler Text im
Werk der Dichterin. Sie experimentiert darin mit neuen Schreibverfahren,
die aus heutiger Sicht schon auf die späteren Gesellschaftsro-mane des
Realismus vorausweisen. In „Ledwina“ wird die Handlung immer wieder durch
lange Gespräche im Familienkreis der Brenkfelds unterbrochen, ein
Verfahren, das etwa Theodor Fontane in seinem Roman „Der Stechlin“ (1899)
zum Programm macht. Obgleich der Text schon 1886 posthum ediert wurde,
wurde ihm erst im Zuge der Frauenbewegung der 1970er Jahre und der
feministischen Literaturwissenschaft eine größere Aufmerksamkeit zuteil.
„Ledwina“ wird seitdem als Dokument der Auseinandersetzung mit
Geschlechterrollen und patriarchalen Machtstrukturen und der
Selbstbehauptung Drostes in der männerdominierten Literaturszene ihrer
Zeit gelesen. Das Manuskript umfasst 48 Seiten, von denen 40 beschrieben
sind. Anhand von Durchstreichungen und Überarbei-tungen ist es als
Arbeitsdokument zu erkennen und ermöglicht der Wissenschaft Erkenntnisse
über den Arbeitsprozess der Dichterin.
Die Handschrift stammt ursprünglich aus dem sogenannten Meersburger
Nachlass, einem Konvolut von Dokumenten, das Droste-Hülshoff 1848 nach
ihrem Tod auf Schloss Meersburg am Bodensee hinterließ. Dort hatte sie
seit 1841 vorwiegend bei ihrer Schwester und ihrem Schwager gelebt.
„Ledwina“ wurde dem Nachlass im frühen 20. Jahrhundert entnommen und
gelangte in Privatbesitz. Der Rest des Meersburger Nachlasses befindet
sich seit 2018 im Westfälischen Literaturarchiv. Das Manuskript der
„Ledwina“ ist in einem fragilen Erhaltungszustand. Im Westfälischen
Literaturarchiv sind die Bedingungen optimal für eine fachgerechte
Restaurierung und Lagerung, außerdem wurde es sofort digitalisiert und
wird zeitnah auf dem Portal archive.nrw online gestellt.
Das Droste-Forum e. V. ist ein gemeinnütziger Verein, der auf einer
privaten Stiftung ba-siert. Ziel des Vereins ist es, die öffentliche
Aufmerksamkeit für Annette von Droste-Hülshoff zu fördern. Der Ankauf
erfolgt in Kooperation mit der Droste-Forschungsstelle der
Literaturkommission für Westfalen, die zum Landschaftsverband Westfalen-
Lippe (LWL) gehört.
Weiterer Förderer: Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und
Kulturpflege, Kunststiftung NRW
Die Kulturstiftung der Länder entwickelt, fördert und begleitet im Auftrag
der 16 deut-schen Länder Initiativen und Projekte in den Bereichen Kunst
und Kultur, die für ganz Deutschland bedeutsam sind und im Verbund
mehrerer Partner umgesetzt werden. Die Kulturstiftung der Länder stellt
die gesellschaftliche Bedeutung von Kultur in den Vorder-grund. Dabei
versteht sie unter Kultur die Gesamtheit der kulturellen Ausdrucksformen –
materiell und immateriell –, die Menschen in der Auseinandersetzung mit
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und die Präsentation und Vermittlung von Kulturgut. Sie wollen mehr er-
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