Kölner Pflegewissenschaftler für Studie zu Schlafstörungen bei Menschen mit Demenz ausgezeichnet
Studie im Rahmen des Projekts MoNoPoL-Sleep erhält den renommierten Theo
und Friedl Schöller-Preis für Alternsmedizin / Veröffentlichung in
„International Psychogeriatrics“
Eine Studie am Institut für Pflegewissenschaft der Universität zu Köln hat
den Theo und Friedl Schöller-Preis 2024 erhalten. Im Rahmen des Kölner
Projekts konnten vorhandene Schlafprobleme von Menschen mit Demenz in
Pflegeheimen reduziert werden. Der Theo und Friedl Schöller-Preis wird
seit 2013 jährlich vom Klinikum Nürnberg ausgeschrieben, um gemeinsam mit
der Theo und Friedl Schöller-Stiftung Forschungsarbeiten auszuzeichnen,
die eine gute Versorgung älterer Menschen konstruktiv untersuchen. Mit dem
Preisgeld von 20.000 Euro ist die Auszeichnung die am höchsten dotierte
auf dem Gebiet der Altersmedizin in Deutschland. In diesem Jahr wurde
neben dem Kölner Projekt ein weiteres Projekt des Universitätsklinikums
Marien Hospital Herne ausgezeichnet.
Die Preisverleihung fand am 18. Oktober 2024 in Nürnberg statt. Die
ausgezeichnete Studie unter Kölner Leitung war bereits im Januar 2024
unter dem Titel „Intervention for sleep problems in nursing home residents
with dementia: a cluster-randomized study“ in der Fachzeitschrift
International Psychogeriatrics erschienen.
Schlafförderung ohne Medikamente
Menschen mit Demenz leiden häufig an Schlafproblemen, jeder fünfte Mensch
mit Demenz in einer stationären Langzeitpflegeeinrichtung ist betroffen.
Weitere Gesundheitsprobleme sind oft die Folge. Aktuelle
Übersichtsarbeiten zeigen, dass es derzeit keine wirksamen Medikamente zur
Verringerung von Schlafproblemen bei Menschen mit Demenz gibt. Die in
Nürnberg ausgezeichnete, standortübergreifende Studie unter Leitung des
Kölner Instituts für Pflegewissenschaft zielte darauf ab, eine neu
entwickelte, komplexe nicht-pharmakologische Intervention zur
Schlafförderung zur Vermeidung beziehungsweise Reduktion von
Schlafproblemen von Menschen mit Demenz in der stationären Langzeitpflege
hinsichtlich ihrer Effekte zu untersuchen.
Im Verlauf einer Demenz sind Ein- und Durchschlafprobleme und nächtliche
Unruhe ein häufiges Symptom. Das Zeitgefühl der Betroffenen kann gestört
sein, sodass sich ihr Tag-Nacht-Rhythmus verschiebt. Aber auch
Medikamente, Ängste, der typische Bewegungsdrang oder schlafhemmende
Routinen in den Einrichtungen können bewirken, dass die Menschen schlecht
schlafen. Schlafförderung hat für die Pflege und Versorgung von Menschen
mit Demenz somit einen hohen Stellenwert. „Häufig werden Medikamente wie
Schlafmittel und Psychopharmaka eingesetzt, die jedoch größtenteils
unwirksam, ja sogar schädlich sind. Darum braucht es dringend Maßnahmen,
die direkt bei den Bedürfnissen der Menschen mit Demenz ansetzen und
schlaffördernde Konzepte in den Einrichtungen selbst schaffen“, erklärt
Dr. Martin Dichter, der Erstautor der Studie.
Die Untersuchung fand im Rahmen des Projekts MoNoPol-Sleep (Nicht-
pharmakologische Schlafförderung von Menschen mit Demenz in der
stationären Langzeitpflege) statt, das von 2018 bis 2022 vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. MoNoPol-Sleep
ist ein Zusammenschluss von Forschenden der Universität zu Köln, der
Universität zu Lübeck, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und
des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen.
Anteil der Menschen mit Demenz mit Schlafproblemen sank um 25 Prozent
Die Wirksamkeit des entwickelten Konzepts wurde in einer randomisierten
kontrollierten Untersuchung belegt: 24 teilnehmende Pflegeeinrichtungen in
Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt wurden per
Zufall zwei verschiedenen Gruppen zugeteilt. Bei einer Gruppe kam ein
gezieltes Interventionsprogramm zum Einsatz. Es umfasst eine Analyse des
Schlafmilieus in jeder Einrichtung, die Einführung sogenannter
Schlafbeauftragter sowie Schulungs- und Informationsmaterial. In Workshops
konnten die Pflegenden Fälle besprechen und ein zu ihnen Einrichtungen
passendes Konzept zur Schlafförderung entwickeln. Die Vergleichsgruppe
erhielt keine Maßnahmen. Insgesamt nahmen 191 Menschen mit Demenz an der
Studie teil.
Die Gruppe mit dem Maßnahmenpaket zeigte nach vier Monaten erheblich
weniger Schlafprobleme. Pflegewissenschaftler Martin Dichter fasst
zusammen: „Durch unser Programm reduzierte sich der Anteil an Menschen mit
Schlafproblemen um etwa 25 Prozent. Der bessere Schlaf wirkte sich im
Verlauf auch positiv auf die Leistungsfähigkeit, Gesundheit und
Wohlbefinden der Menschen mit Demenz aus.“ Das Konzept der Studie, auch
als „MoNoPoL-Sleep Intervention“ bekannt, soll nun in einer Folgestudie
weiterentwickelt und an einer größeren Stichprobe weiter untersucht
werden.
„Die beiden Preisträger-Arbeiten dieses Jahres sind von herausragender
wissenschaftlicher Qualität und Originalität“, sagt Professor Dr. Thomas
Hillemacher, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats für den Schöller-
Preis und Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum
Nürnberg. Unter 14 Bewerbungen hätten die beiden prämierten Studien
außerdem wegen ihrer hohen gesellschaftlichen Relevanz und der guten
Umsetzbarkeit ihrer Ansätze im Alltag punkten können.
Das Institut für Pflegewissenschaft der Medizinischen Fakultät der
Universität zu Köln unter Leitung von Professor Dr. Sascha Köpke und Dr.
Martin Dichter wurde 2020 gegründet und ist eine der ersten universitären
Einrichtungen ihrer Art. Das Institut ist in Forschung und Lehre der
Weiterentwicklung der Pflegepraxis verpflichtet. Im Mittelpunkt der
Forschung am Institut für Pflegewissenschaft steht die sogenannte
klinische Pflegeforschung. Die Studie im Rahmen von MoNoPol-Sleep ist ein
Beispiel für diese Forschung, bei der es stets um die Verbesserung der
pflegerischen Versorgung für Menschen mit Pflegebedarf geht.