Projekt SYNTHIA: Synthetische Daten treiben die personalisierte Medizin voran
Im Projekt SYNTHIA sollen innovative KI-Verfahren synthetische
Patientendaten erzeugen. Dies könnte künftig helfen, datenschutzrechtliche
Hürden beim Teilen von Daten zu überwinden, Vorhersagemodelle für die
personalisierte Medizin zu verbessern oder klinische Studien zu emulieren.
Die Innovative Health Initiative (IHI), ein Zusammenschluss forschender
Pharma- und Medizintechnikunternehmen in Kooperation mit der Europäischen
Union, fördert das Projekt.
SANKT AUGUSTIN – Wie erkennt man frühzeitig Brust- und Lungenkrebs oder
neurodegenerative Krankheiten? Wie lassen sich wirksame Medikamente
entwickeln und wie kann man vorhersagen, für wen diese einen Nutzen haben
werden? Ein Schlüssel hierzu ist die Analyse großer Mengen von
Patientendaten mit Künstlicher Intelligenz (KI). Doch der Zugang zu
solchen Daten ist aus datenschutzrechtlichen Gründen oft langwierig und
teuer. Vertragsverhandlungen dauern häufig Jahre, und es ist unklar, ob
die letztlich erhaltenen Daten tatsächlich geeignet sind, eine spezifische
wissenschaftliche Frage zu beantworten.
Spätestens seit dem Erscheinen von ChatGPT ist bekannt, dass sogenannte
generative KI-Verfahren täuschend echte Texte, Bilder oder Musikstücke
erzeugen können. Doch funktioniert das auch für Patientendaten? Genau hier
setzt das Forschungsprojekt SYNTHIA an.
SYNTHIA widmet sich der verantwortungsvollen Erzeugung qualitativ
hochwertiger synthetischer Daten durch maßgeschneiderte generative KI-
Verfahren. Solche synthetischen Daten könnten dann nicht nur helfen,
datenschutzrechtliche Hürden beim Teilen realer Daten zu überwinden,
sondern sie könnten auch dazu beitragen, KI-Verfahren zu verbessern, die
etwa die Frühdiagnose von Alzheimer ermöglichen. Außerdem könnten
synthetische Patientendaten genutzt werden, um Kontrollgruppen für
klinische Studien zu emulieren und somit die Zulassung neuer Medikamente
zu beschleunigen.
Im Projekt SYNTHIA entsteht eine moderne IT-Plattform, mit der sich
synthetische Patientendaten erzeugen, bewerten und anschließend in
verschiedenen Szenarien anwenden lassen. Dabei arbeiten die Fraunhofer-
Institute für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI, für
Translationale Medizin und Pharmakologie ITMP und für Digitale Medizin
MEVIS eng mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft zusammen. SYNTHIA
verfolgt einen umfassenden Ansatz, der verschiedene Datentypen und
Datenschutzanforderungen berücksichtigt. Innovative Konzepte wie Digitale
Zwillinge, die Emulation klinischer Studien und föderiertes Maschinelles
Lernen fließen ebenfalls in die Forschungsarbeiten ein.
Prof. Dr. Holger Fröhlich, Leiter der Arbeitsgruppe KI & Data Science bei
Fraunhofer SCAI und Mitglied der Gesamtprojektleitung, betont das
Potenzial generativer KI-Methoden zur Synthese von Patientendaten für die
Medizin: »Wir forschen seit Jahren auf diesem Gebiet und möchten unsere
Methoden mit den Projektpartnern weiterentwickeln und anwenden«.
Fraunhofer SCAI bringt zusätzlich generative KI-Ansätze für klinische
Studien im Bereich der Alzheimer-Krankheit ein. Fröhlich leitet diesen
speziellen Anwendungsfall in Zusammenarbeit mit Gates Ventures, der
privaten Investmentfirma von Bill Gates, dem Mitbegründer von Microsoft.
Ein besonderes Augenmerk von Gates Ventures liegt auf der Bekämpfung
globaler Gesundheitsprobleme, unter anderem von Alzheimer.
Der Fokus liegt auf sechs Krankheiten
SYNTHIA untersucht auch die Qualität und Anwendbarkeit der synthetisch
erzeugten Patientendaten. Dazu validiert das Projektteam Methoden für
verschiedene Datentypen, beispielsweise Laborergebnisse, Genomdaten und
bildgebende Diagnostik. Der Fokus liegt auf sechs Krankheiten:
Lungenkrebs, Brustkrebs, Multiples Myelom, Diffuses großzelliges B-Zell-
Lymphom, Alzheimer und Typ-2-Diabetes
Das SYNTHIA-Konsortium besteht aus 32 Partnern aus Medizin,
Pharmaforschung, Medizintechnik und Wissenschaft. Es umfasst
Datenwissenschaftler, klinische Forscher, Juristen und
Datenschutzexperten. Gemeinsam arbeiten sie daran, die Nutzung
synthetischer Daten voranzutreiben und so Entdeckungen in der Medizin zu
beschleunigen.
Das »Innovative Health Initiative Joint Undertaking (IHI JU)« fördert das
Projekt von September 2024 bis August 2029 mit 24,1 Millionen Euro
(Fördernummer 101172872). Das JU erhält Unterstützung durch das
Forschungs- und Innovationsprogramm »Horizon Europe« der Europäischen
Union sowie durch COCIR, EFPIA, EuropaBio, MedTech Europe, Vaccines Europe
und DNV.
Weitere Informationen unter: https://www.ihi-synthia.eu/
