Schnelle Beute: Auch unbeteiligte Raubfische profitieren von der Gruppenjagd mit hoher Geschwindigkeit
Warum jagen Tiere in Gruppen, schließlich müssen sie sich die Beute
anschließend teilen? Forscherinnen und Forscher des Exzellenzclusters
Science of Intelligence (SCIoI), an dem die Humboldt-Universität zu Berlin
(HU Berlin) und das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und
Binnenfischerei (IGB) beteiligt sind, haben in einer Freilandstudie im
Ozean vor Mexiko gezeigt: Je schneller sich der Beuteschwarm bewegt, desto
höher ist die Fangrate der Gestreiften Marline. Denn ist der Beuteschwarm
in Bewegung, können einzelne Tiere leichter aus dem Schwarm isoliert
werden. Diese werden dann von den nicht angreifenden Marlinen gefangen –
ein Vorteil des gemeinsamen Jagdzugs für die Raubfische.
Raubtiere, die in Gruppen jagen, verfolgen ihre Beute manchmal über
mehrere Kilometer hinweg, wobei es immer wieder Phasen gibt, in denen die
Beute entweder stehen bleibt oder flieht. Bei Raubtieren an Land gibt es
Hinweise darauf, dass der Fangerfolg prinzipiell größer ist, wenn
Beutegruppen fliehen, weil schwächere Gruppenmitglieder isoliert und
schutzlos werden können. „Bei Raubtieren, die im offenen Meer in Gruppen
jagen, ist darüber wenig bekannt, weil es schwierig ist, die Angriffs- und
Fangraten mehrerer Raubtiere zusammen mit den Positionen von Räubern und
Beutetieren zu erfassen“, erklärt der Verhaltensökologe Professor Jens
Krause, einer der Erstautoren der Studie.
Schnelle Beute ist leichte Beute
Der Gestreifte Marlin (Kajikia audax) ist einer der größten und
schnellsten Raubfische der Weltmeere. Er jagt in Gruppen Schwärme kleiner
Fische, wobei ihm sein langer, speerartiger Maulfortsatz hilft. Mit einer
Kombination aus Unterwasser- und Luftaufnahmen verfolgten die Forschenden
im östlichen Pazifik, etwa 30 Kilometer vor der Küste Nordmexikos, die
Bewegungen von Fischschwärmen, die von Gruppen Gestreifter Marline gejagt
wurden. Das Team analysierte die Angriffs- und Fangraten der Raubfische
während mobiler und stationärer Bewegungszustände der Beuteschwärme.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Verfolgung von Beuteschwärmen mit hoher
Geschwindigkeit zu einem höheren Anteil isolierter Beutetiere bei den
Angriffen der Marline führte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Beutefisch
aus einem sich bewegenden Schwarm isoliert wurde, stieg mit der
Schwarmgeschwindigkeit um 18 Prozent pro 0,1 Meter pro Sekunde.
Auch nicht aktiv jagende Marline bekommen etwas von der Beute ab
Die isolierten Beutefische werden dann von anderen Marlinen, die in der
Nähe schwimmen, schnell und leicht gefangen. „Diese Studie zeigt hiermit
deutlich den Vorteil der schnellen Gruppenjagd für die Raubfische. Durch
die schnelle Bewegung des Beuteschwarms können einzelne Tiere leichter
isoliert und gefangen werden. Das erhöht den Jagderfolg der Marline in der
Gruppe“, fasst Korbinian Pacher zusammen, ebenfalls Erstautor der Studie.
„Ein weiterer interessanter Aspekt der Gruppenjagd bei hoher
Geschwindigkeit ist, dass dabei auch Beute für die nicht aktiv jagenden
Tiere abfällt. Dieser Effekt begünstigt wahrscheinlich die Gruppenjagd bei
Gestreiften Marlinen und könnte ein Prinzip sein, das für viele große
Raubfische im offenen Meer gilt, die sich zur Jagd auf Schwarmfische
zusammenschließen“, fügt Dr. Matthew J. Hansen hinzu, der die Studie
leitete.