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Pflanzenstoffe beeinflussen das Sozialleben von Tieren

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Eine im „Journal of Animal Ecology“ veröffentlichte Studie von Forschenden
der Universität Bielefeld zeigt, dass bestimmte Pflanzenstoffe, die nicht
der Ernährung dienen, das Sozialverhalten und die Lebensdauer der Rüpsen-
Blattwespe (Athalia rosae) beeinflussen. Unter der Leitung von Dr. Pragya
Singh, Postdoktorandin im Sonderforschungsbereich Transregio 212 in der AG
chemische Ökologie, untersuchte das Team, wie der Verzehr von spezifischen
Pflanzenstoffen, sogenannten Clerodanoiden, soziale Netzwerke innerhalb
von Blattwespenpopulationen verändert und gleichzeitig die Lebensdauer der
Tiere verkürzt.

Pflanzen bieten Tieren mehr als nur Nahrung. In der Studie zeigten die
Forschenden, dass die Wespen Clerodanoide von Pflanzen wie Ajuga reptans
gezielt aufnehmen, um Vorteile jenseits von Ernährung zu erhalten. Diese
Chemikalien bieten den Wespen Schutz vor Fressfeinden und verbessern ihre
Fortpflanzungschancen. „Interessanterweise erhalten die Blattwespen diese
Stoffe nicht nur direkt von den Pflanzen, sondern auch durch soziale
Interaktionen mit anderen Blattwespen, die Zugang zu diesen Pflanzen
hatten. Solche Begegnungen sind oft konfliktreich, da die Blattwespen
versuchen, sich gegenseitig kleine Mengen der wertvollen Chemikalien
‚abzuknabbern‘“, erklärt Dr. Pragya Singh, Erstautorin der Studie.
In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler*innen Wildpopulationen
von Rübsen-Blattwespen und fanden heraus, dass einige Individuen
Clerodanoide in großen Mengen besaßen, während andere keine Spuren der
Stoffe aufwiesen. Diese Ungleichheit wirkte sich direkt auf das
Sozialverhalten der Blattwespen im Labor aus. Blattwespen ohne Zugang zu
Clerodanoiden waren häufiger in agonistische, also konfliktreiche
Interaktionen verwickelt, um die wertvollen Stoffe von anderen Blattwespen
zu erlangen.
Durch eine detaillierte soziale Netzwerk-Analyse zeigten die
Forscher*innen, dass Blattwespen mit Zugang zu Clerodanoiden deutlich mehr
soziale Interaktionen hatten, besonders in Gruppen, in denen manche
Individuen Clerodanoide besaßen und andere nicht. Obwohl diese Stoffe
Vorteile in der Verteidigung und Fortpflanzung bieten, verkürzten sie
jedoch die Lebensdauer der Blattwespen, da die vielen Sozialkontakte und
aggressive Versuche von anderen Blattwespen, die Chemikalien zu erlangen,
möglicherweise die Träger erschöpften, selbst ohne sichtbare Verletzungen.
„Es war überraschend zu sehen, wie stark die aggressiven sozialen
Interaktionen die Lebensdauer der Blattwespen verkürzten, ohne dass äußere
Verletzungen erkennbar waren“, erklärt Dr. Pragya Singh. „Die sozialen
Kosten dieser Konflikte könnten auf einem erhöhten metabolischen Stress
beruhen, trotz des Fehlens von offensichtlichem physischem Schaden.“

Neue Perspektiven für die Erforschung sozialer Netzwerke
Die Studie liefert nicht nur neue Erkenntnisse darüber, wie Pflanzenstoffe
das Verhalten von Tieren beeinflussen, sondern eröffnet auch neue
Perspektiven für die Erforschung von sozialen Netzwerken in ökologischen
Systemen. „Unsere Ergebnisse werfen wichtige Fragen über die langfristigen
Auswirkungen von nahrungsunabhängigen Pflanze-Tier-Interaktionen auf die
Struktur von Populationen auf“, so Singh weiter. „Welche Rolle spielen
diese Chemikalien in größeren ökologischen Netzwerken, etwa in Räuber-
Beute- oder Parasit-Wirt-Beziehungen?“
Die Ergebnisse dieser Forschung fügen sich in die übergeordneten Ziele des
Sonderforschungsbereichs (SFB) 212 ein, der untersucht, wie individuelle
Merkmale ökologische Nischen gestalten und soziale Verhaltensweisen
beeinflussen. Die Studie zeigt deutlich, wie die individuelle Variation
bei der Aufnahme von Clerodanoiden zu unterschiedlichen sozialen
Verhaltensweisen führt und wie solche individuellen Unterschiede die
Struktur sozialer Netzwerke formen können.

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