Wissenschaftler*innen enthüllen neue Erkenntnisse zur Entstehung von Luftverschmutzung


Ein Forschungsteam am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in
Berlin, dem Qatar Environment and Energy Research Institute/Hamad Bin
Khalifa University, den Synchrotronen PETRA III in Hamburg und SOLEIL in
Gif-sur-Yvette (Frankreich), der Sorbonne Universität in Paris, der ETH
Zürich und dem PSI Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften (Schweiz)
hat eine bahnbrechende Entdeckung gemacht, wie Luftverschmutzung auf
molekularer Ebene entsteht. Ihre Untersuchung, veröffentlicht in der
Zeitschrift Nature Communications, beleuchtet die komplexen chemischen
Prozesse, die an der Grenze zwischen Flüssigkeit, insbesondere wässrigen
Lösungen, und Dampf in unserer Atmosphäre ablaufen.
Die internationale Studie konzentriert sich auf die Unterschiede komplexer
Säure-Base-Gleichgewichte (d.h. das Verhältnis zwischen basischen und
sauren Komponenten) innerhalb des Volumens einer Lösung einerseits und an
der Schnittstelle zwischen der Lösung und dem umgebenden Dampf
andererseits. Während es mit modernen Methoden einfach ist, Säure-Base-
Gleichgewichte im Volumen einer Lösung zu messen, ist die Bestimmung
dieser Gleichgewichte an der Grenze zwischen einer Lösung und der
umgebenden Gasphase eine Herausforderung. Obwohl diese Grenzschicht etwa
hunderttausendmal schmaler ist als ein menschliches Haar, spielt sie eine
sehr wichtige Rolle bei Prozessen, die Luftverschmutzung und Klimawandel
beeinflussen. Die Untersuchung der Chemie der Lösung-Dampf-Grenze auf
molekularer Ebene hilft daher, verbesserte Modelle für unser Verständnis
des Schicksals von Aerosolen in der Atmosphäre und deren Einfluss auf das
globale Klima zu entwickeln.
Wichtige Erkenntnisse:
1. Bestimmung komplexer Säure-Base-Gleichgewichte: Die Forscher*innen
nutzten komplementäre spektroskopische Methoden, um die komplexen Säure-
Base-Gleichgewichte zu entschlüsseln, die entstehen, wenn das Schadstoff
Schwefeldioxid (SO₂) in Wasser gelöst wird.
2. Einzigartiges Verhalten an der Flüssig-Dampf-Grenze: Unter sauren
Bedingungen ist das tautomere Gleichgewicht zwischen Bisulfit und Sulfonat
stark zugunsten der Sulfonat-Spezies verschoben.
3. Stabilisierung an der Grenzfläche: Molekulardynamische Simulationen
zeigten, dass das Sulfonat-Ion und seine Säure (Sulfon-Säure) an der
Grenzfläche aufgrund von Ionenpaarung und höheren
Dehydratisierungsbarrieren stabilisiert werden. Dies erklärt, warum die
tautomeren Gleichgewichte an der Grenzfläche verschoben sind.
Auswirkungen auf die Luftverschmutzung:
Die Ergebnisse heben die unterschiedlichen Verhaltensweisen von
Chemikalien an der Grenzfläche im Vergleich zur Volumenumgebung hervor.
Dieser Unterschied beeinflusst erheblich, wie Schwefeldioxid absorbiert
wird und mit anderen Schadstoffen wie Stickoxiden (NOx) und
Wasserstoffperoxid (H₂O₂) in der Atmosphäre reagiert. Das Verständnis
dieser Prozesse ist entscheidend für die Entwicklung von Strategien zur
Reduzierung der Luftverschmutzung und ihrer schädlichen Auswirkungen auf
Gesundheit und Umwelt.