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„Philosophieren in einer globalisierten Welt – historische und systematische Perspektiven“ nimmt Arbeit auf

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Am 1. Oktober begann die Arbeit der von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Kolleg-Forschungsgruppe
„Philosophieren in einer globalisierten Welt – historische und
systematische Perspektiven“ an der Universität Hildesheim. In den
kommenden vier Jahren beschäftigt sich hier eine Forschungsgruppe
gemeinsam mit internationalen Fellows aus Afrika und Lateinamerika mit den
Herausforderungen, denen sich die Philosophie als Disziplin heute stellen
muss. Die feierliche Eröffnung findet am 24. Oktober zwischen 18 und 20
Uhr in Hörsaal H2 (Gebäude H am Hauptcampus der Universität Hildesheim)
statt. Im Anschluss wird zu einem Empfang eingeladen.

Diese Veranstaltung ist zugleich der Auftakt für die öffentliche
Ringvorlesung „Was ist Philosophie? Hildesheimer Polylog* mit
Philosoph*innen aus Afrika“, die immer donnerstags von 18 bis 20 Uhr im
gleichen Hörsaal stattfinden wird. Auf der Eröffnungsveranstaltung
sprechen Universitätspräsidentin Prof. May-Britt Kallenrode, der Dekan des
Fachbereichs für Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation Prof.
Stefan Krankenhagen, der Gründer des Philosophieinstituts Prof. Tilman
Borsche sowie der Sprecher der neuen Kolleg-Forschungsgruppe Prof. Rolf
Elberfeld.

Im europäischen und angloamerikanischen Raum hat sich im Laufe der
Geschichte ein Wissenschaftsverständnis etabliert, das aufgrund seiner
erkenntnistheoretischen Standards, Methoden und Kanonbildungen exklusiv
und eurozentrisch ist. Auch das philosophische Selbstverständnis ist vor
allem von der westlichen Tradition geprägt. Dieses aufzubrechen und eine
umfassende vergleichende Auseinandersetzung mit Philosophietraditionen im
transkulturellen Kontext zu betreiben, ist das Ziel der Kolleg-
Forschungsgruppe „Philosophieren in einer globalisierten Welt –
historische und systematische Perspektiven“. Sie will Philosophie aus
globaler Perspektive vor dem Hintergrund bestehender regionaler
Forschungsansätze neu konzipieren und die verschiedenen Diskurse zur
Globalgeschichte der Philosophie miteinander vergleichen. Im Zentrum steht
dabei der Begriff von Philosophie selbst. Die Reflexion über die Natur des
Philosophierens begleitete Philosoph*innen von Anfang an. Allein in der
europäischen Tradition stehen unterschiedliche Vorstellungen und
Verständnisse davon, was Philosophieren ist, nebeneinander. Die Kolleg-
Forschungsgruppe sucht nun Antworten auf die Frage, wie Vorstellungen von
dem, was die Tätigkeit des Philosophierens ist, kritisch überdacht werden
müssen, wenn in Europa vorherrschende Konzepte mit Vorstellungen, Ansätzen
und Begriffen aus anderen Sprachen und Regionen konfrontiert werden, zum
Beispiel aus Afrika, Asien oder Lateinamerika.

Alleinstellungsmerkmal der Hildesheimer Kolleg-Forschungsgruppe ist der
aktiv geführte philosophische Polylog* mit deren Kolleg*innen aus Afrika
und Lateinamerika; zwei Regionen, welche bis heute in der Disziplin der
Philosophie marginalisiert oder sogar komplett ignoriert wurden. Damit ist
die Arbeit der Forschungsgruppe zugleich ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit
auf dem Feld der Wissensproduktion und zu einer Dekolonisierung der
Philosophie als Disziplin. Ein offenes und mehrstimmiges Gespräch zielt
darauf ab, sich mit dem Eurozentrismus in der Philosophie, mit in
philosophischen Werken verankerten rassistischen, sexistischen oder auch
antisemitischen Elementen, auseinanderzusetzen, sodass blinde Flecken
aller Beteiligten thematisiert werden. Eine so erarbeitete kritische
Neukonzeption und Öffnung des Philosophiebegriffs soll eine wichtige
Grundlage für eine Reform von Lehrplänen an Philosophieinstituten werden:
diese sind bis heute überwiegend eurozentrisch gestaltet. Eine weitere
Grundlage dafür, die im Rahmen der Kolleg-Forschungsgruppe erarbeitet
werden soll, ist ein ‚Werklexikon‘ (das als Datenbank zur Verfügung stehen
wird) philosophischer Werke in vielen verschiedenen (auch gerade nicht-
europäischen Sprachen) und verschiedenster philosophischer Praktiken und
Ausdrucksformen. Damit werden nicht nur Philosophien außerhalb Europas
international sichtbarer gemacht, sondern zugleich Antworten gegeben auf
Fragen wie: „Was sind Grundwerke der Philosophie aus Afrika?“, die
Unterrichtende dann zum Beispiel heranziehen können.

Zur Eröffnungsveranstaltung und der Ringvorlesung lädt Prof. Anke Graneß
alle Interessierten aus der Universität und der Öffentlichkeit ein: „Wer
sich für Fragen der Kanonbildung in der Philosophie interessiert, einen
Eurozentrismus in Lehre und Forschung überwinden möchte und nach Ansätzen
sucht, wie unsere Wissenschaften und Universitäten die Aufgabe einer
Dekolonisierung angehen können, sollte sich über die Arbeit der Kolleg-
Forschungsgruppe informieren und ist zur Eröffnungsveranstaltung und der
Ringvorlesung herzlich eingeladen.“

*Polylog: Ein vom österreichischen Philosophen Franz Martin Wimmer
geprägter Begriff, der dem Ansatz des interkulturellen Philosophierens zu
Grunde liegt. Im Kern geht es um einen möglichst vollständigen und
umfangreichen sowie offenen, gewaltlosen und machtfreien philosophischen
Diskurs zwischen Vertreter*innen verschiedener (regional, sprachlich,
kulturell etc.) philosophischer Traditionen. Wimmer formulierte den
Anspruch so: „Halte keine philosophische These für gut begründet, an deren
Zustandekommen nur Menschen einer einzigen kulturellen Tradition beteiligt
waren.“

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