Zum Hauptinhalt springen

Wie gut ist unser Gesundheitssystem vorbereitet? Veranstaltung thematisiert frühe Diagnostik und Therapie von Alzheimer

Pin It

Heute treffen sich verschiedene, mit der Versorgung von Alzheimer-
Patientinnen und -Patienten befasste Fachgesellschaften und Institutionen,
um der Frage nachzugehen, wie eine Verbesserung der Diagnostik der
Alzheimer-Krankheit im frühen Stadium erreicht werden kann. Durch die
möglicherweise bald verfügbaren kausalen Therapien wird die frühe
Diagnostik noch bedeutsamer. Die zunehmende Zahl der Betroffenen stellt
dabei eine besondere Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. Die
Veranstalter mahnen deshalb, die Versorgungsstrukturen jetzt auszubauen
und kluge diagnostische Pfade zu definieren, damit alle Betroffenen
rechtzeitig die erforderliche Diagnostik und Therapie bekommen.

Jedes Jahr erhalten fast 450.000 Menschen in Deutschland die Diagnose
Demenz; etwa zwei Drittel der Demenzen sind auf Alzheimer zurückzuführen.
Aufgrund des demografischen Wandels wird mit einem nennenswerten Anstieg
der Demenz-Diagnosen gerechnet: Die Zahl der Betroffenen wird nach
Prognosen kontinuierlich von heute 1,8 Millionen auf bis zu 2,7 Millionen
im Jahr 2050 ansteigen. In einer gemeinsamen Veranstaltung zur
Frühdiagnostik und Therapie der Alzheimer-Krankheit der Deutschen
Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie e. V. (DGN) in Kooperation mit dem Deutschen Netzwerk
Gedächtnisambulanzen (DNG), der Nationalen Demenzstrategie, der Deutschen
Alzheimer Gesellschaft e. V., dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative
Erkrankungen e. V. (DZNE) und dem Berufsverband Deutscher Nervenärzte e.
V. (BVND) wird diskutiert, wie sich unser Gesundheitssystem auf diese
gesellschaftliche Herausforderung vorbereiten kann. Dringend erforderlich
ist nach Meinung aller an der Veranstaltung Beteiligten ein Ausbau der
Versorgungskapazitäten und der Früherkennung. Denn eine frühzeitige
Diagnose der Alzheimer-Krankheit, wie sie in der S3-Leitlinie Demenzen [1]
und von der WHO empfohlen wird, ist Grundlage einer zeitnahen und
umfassenden Therapie.

„Nach 40 Jahren Forschung ist es erstmals gelungen, mit modernen
Antikörpertherapien kausal in den Krankheitsmechanismus einzugreifen“,
erklärt Prof. Dr. Frank Jessen vom DZNE in Köln. Allerdings sind diese in
Deutschland bislang nicht zugelassen, was insbesondere von Betroffenen und
Angehörigen bedauert wird: „Die Betroffenen hoffen auf einen Durchbruch in
der Therapie. Für die meisten ist es ein Wettlauf mit der Zeit“, erklärt
Saskia Weiß, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Im
Spätherbst wird die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) noch einmal über
die Zulassung eines der Präparate entscheiden, die in den USA oder in
Großbritannien bereits zur Verfügung stehen.

Da die neuen Therapien das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit aber nur
dann verlangsamen, wenn sie früh im Krankheitsprozess verschrieben werden,
muss die Diagnose unbedingt frühzeitig gestellt werden. Aktuell stehen bei
der Alzheimer-Diagnostik Biomarker in der Rückenmarksflüssigkeit an erster
Stelle, alternativ kann auch eine Bildgebungsuntersuchung erfolgen.
„Vieles spricht dafür, dass wir perspektivisch mit einem einfachen
Bluttest schnell eine Alzheimer-Krankheit in sehr frühen Stadien
diagnostizieren können“, erklärt DGN-Vertreterin Prof. Dr. Agnes Flöel.
Allerdings sind diese Bluttests noch nicht zugelassen, sodass es noch
einige Zeit dauern wird, bis sie den klinischen Alltag erreichen.

Angesichts der zu erwartenden Entwicklungen für Therapien und Diagnostik
stellt sich die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass Betroffene
zuverlässig identifiziert werden. Nach Ansicht von DGPPN-Experte Prof. Dr.
Lutz Frölich bedarf es hierfür eines klugen diagnostischen Pfads, an
dessen Ausgangspunkt die Betroffenen selbst stehen: „Die meisten Menschen
bemerken ihre ersten Symptome selbst und sollten dann ärztlichen Rat
einholen. Bislang warten Hausärztinnen und Hausärzte oft ab, ob sich
Symptome verschlechtern. Die neuen Medikamente verlangen nun ein stärker
proaktives Vorgehen, damit Betroffene die Chance auf eine wirksame
Intervention nicht verpassen.“

Erste neuropsychologische Tests sollten also in der Hausarztpraxis
durchgeführt werden. Im Idealfall erfolgt dann eine zügige Überweisung in
eine auf Demenz spezialisierte Facharztpraxis oder in eine
Gedächtnisambulanz. „Die Mehrzahl der von einer Demenz Betroffenen ist in
den spezialisierten fachärztlichen Praxen an der richtigen Adresse und
erhält dort eine optimale, leitliniengerechte Diagnostik und Therapie“,
erklärt Dr. Sabine Köhler vom Berufsverband Deutscher Nervenärzte.
Gedächtnisambulanzen sind darauf spezialisiert, Patientinnen und Patienten
mit beginnenden Gedächtnisstörungen multiprofessionell zu untersuchen,
auch wenn die Diagnose nicht ganz klar ist. „Je jünger eine Patientin oder
ein Patient ist, umso mehr sollte man nach Differenzialdiagnosen suchen“,
erklärt Prof. Dr. Jörg Bernhard Schulz, Sprecher des Deutschen Netzwerks
Gedächtnisambulanzen (DNG). „Das ist wichtig, weil Betroffene bei einer
Fehldiagnose keine adäquate Therapie erhalten.“ Gedächtnisambulanzen sind
auch stärker als spezialisierte Facharztpraxen an der Forschung und an
klinischen Studien beteiligt und werden in der Behandlung mit den neuen
Therapien eine zentrale Rolle spielen.

Wie ein optimierter Versorgungspfad für Menschen mit Demenz letztlich
aussehen kann, soll im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie entwickelt
werden. Dabei sollen alle an der Versorgung beteiligten Akteure mitwirken
– auch die medizinischen Fachgesellschaften und das DZNE. Eine
Ausschreibung für ein entsprechendes Projekt wurde kürzlich vom
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlicht.

Die Akteure sehen nun vor allem die Gesundheitspolitik in der Pflicht: Es
braucht mehr Mittel für die Forschung, neue Versorgungskonzepte, die auch
Zugang zur Früherkennung und -therapie schaffen, und groß angelegte
Informations- und Präventionskampagnen – denn 45 % aller
Demenzerkrankungen wären theoretisch durch Prävention vermeidbar.

[1] DGN e. V. & DGPPN e. V. (Hrsg.) S3-Leitlinie Demenzen, Version 4.0,
28.11.2023, verfügbar unter:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-013, Zugriff am
16.10.2024

Die weltoffene Leuchtanstadt Luzern am Vierwaldstättersee freut sich auf Ihren Besuch

Die Region Sempachersee im Herzen der Schweiz freut sich auf hren Besuch