Weltweit erste agile Batteriezellfertigung eröffnet


Um Batteriezellen – etwa für die Elektromobilität oder Elektrowerkzeuge –
künftig flexibler herstellen zu können, haben Forschende des Karlsruher
Instituts für Technologie (KIT) eine agile Batteriezellfertigung
aufgebaut. Auf Basis einer hochflexiblen roboterbasierten Automatisierung
haben sie einen Flexibilitätsgrad erreicht, der bisher nur in der
manuellen Zellfertigung realisierbar war. Dies ermöglicht es Unternehmen,
sich schneller an neue Technologien und volatile Märkte anzupassen und
kann die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland als Industriestandort
stärken. Bund und Land förderten den Aufbau mit insgesamt knapp 19
Millionen Euro.
Batteriezellen gewinnen laut Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz als vielseitige und effiziente Energiespeicher zunehmend an
Bedeutung. So sind sie etwa die treibende Kraft hinter der
fortschreitenden Elektrifizierung der Mobilität. Für produzierende
Unternehmen ist diese Schlüsseltechnologie von hoher strategischer und
wirtschaftlicher Relevanz. Derzeit wird die Nachfrage vor allem durch
kostengetriebene Massenproduktion in Asien und Nordamerika gedeckt, was
auch Auswirkungen auf den Maschinen- und Anlagenbau hat. „Wir haben in
Deutschland nicht die Voraussetzungen, um in der rein kostengetriebenen
Massenfertigung von Zellen und dem dazugehörigen Maschinenbau
wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Professor Jürgen Fleischer, Leiter des wbk
Institut für Produktionstechnik am KIT. „Die Eröffnung der weltweit ersten
agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher Forschungsfabrik zeigt, wie
wir uns mit einer hochflexiblen und ressourceneffizienten Produktion vom
Weltmarkt differenzieren und gezielt das margenstarke Premiumsegment und
Nischenmärkte adressieren können .“
Flexible und ressourceneffiziente Batteriezellfertigung
Für die Batteriezellfertigung entwickelten die Forschenden des KIT
gemeinsam mit der Firma Exyte spezielle Roboterzellen. „Diese stellen eine
Weltneuheit auf dem Gebiet dar. Sie dienen als lokale Trockenräume, auch
Microenvironments genannt, zum Schutz der feuchtigkeitsempfindlichen
Batteriematerialien“, so Fleischer. Im Vergleich zu konventionellen
Trockenräumen sei das zu entfeuchtende Raumvolumen deutlich kleiner. Daher
biete diese Technologie ein besonders hohes Energieeinsparpotenzial. Vier
solcher Microenvironments stellen mit ihren zugehörigen Prozessmodulen den
physischen Aufbau der agilen Batteriezellfertigung in der Karlsruher
Forschungsfabrik des wbk dar.
Darüber hinaus bauten die Projektbeteiligten einen „digitalen Zwilling“,
also ein virtuelles Abbild des Produktionssystems, auf. So können die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler softwarebasiert Skaleneffekte
durch die Vervielfachung einzelner Microenvironments untersuchen und
produktionstechnische Größen wie etwa die optimale Losgröße ermitteln.
Diese Simulation lässt sich auch für die Produktionsplanung der agilen
Batteriezellfertigung nutzen. Die reale Anlage ist an eine Datenbank
angebunden, um zukünftig alle Prozesse KI-basiert anpassen und verbessern
zu können.
Enge Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie
Die Batteriezellfertigung haben die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler im Forschungsprojekt AgiloBat zusammen mit mittelständisch
geprägten Maschinen- und Anlagenbauern entwickelt. Diese sollen so in die
Lage versetzt werden, gemeinsam eine wettbewerbsfähige Anlagentechnik
entlang der gesamten Prozesskette anbieten zu können. Das vom KIT
eingebrachte Prozesswissen für eine flexiblere und modularere
Anlagentechnik ermöglicht es den beteiligten Unternehmen zudem künftig
nachhaltig Batteriezellen variantenflexibel, ressourceneffizient und
automatisiert zu fertigen sowie neue Materialsysteme durch industrienahe
Fertigung mit kleinen Materialmengen zu erproben. Die entwickelte
Infrastruktur ergänzt die seit 2011 am KIT aufgebaute
Forschungsinfrastruktur im Bereich der Batteriezellfertigung.
Weitere Informationen zu AgiloBat
Im Forschungsprojekt AgiloBat arbeiten Forschende aus sieben Instituten
des KIT mit Partnern am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-
Forschung Baden-Württemberg und dem Fraunhofer-Institut für Chemische
Technologie zusammen. Aus dem Maschinen- und Anlagenbau sind außerdem die
Coperion GmbH, SAUERESSIG Group, Schunk Group, Herrmann Ultraschalltechnik
GmbH & Co. KG, Siemens AG, DEHOF ingenieur+technik und die Exyte
Technology GmbH beteiligt.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit
14,5 Millionen Euro, das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Baden-Württemberg mit 4,5 Millionen Euro. (kla)
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und
vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den
globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie,
Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in
Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften
zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein
forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle
Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die
Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und
Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und
Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der
deutschen Exzellenzuniversitäten.
Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter:
https://www.kit.edu/kit/presse