Fraunhofer IOSB-AST bewertet Transformationspfade zur Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung für Stadtwerke Bielefeld
Das Anfang des Jahres in Kraft
getretene Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der
Wärmenetze verpflichtet Wärmeversorger, ihre Wärmenetze bis 2045 zu
dekarbonisieren. Versorger wie die Stadtwerke Bielefeld GmbH müssen dafür
geeignete Transformationspläne für ihre Versorgungsgebiete erstellen.
Gemeinsam mit Energieexperten des Fraunhofer IOSB-AST wurde nun die These
untersucht, dass eine CO2-neutrale Fernwärmeversorgung nur dann
wirtschaftlich umgesetzt werden kann, wenn Wärme- und Stromerzeugung
sektorenübergreifend betrachtet werden.
Derzeit wird die Fernwärme in Bielefeld durch eine Müllverbrennungsanlage,
ein Holz-HKW sowie mehrere Biogas-BHKWs bereitgestellt. Ergänzt wird die
Erzeugung durch konventionelle KWK und Heizwerke zur Absicherung der
Versorgung. Im Fernwärmenetz selbst sind dabei über 13 Millionen Liter
Wasser auf über 200 Kilometern Leitungslänge im Umlauf, die über 28.000
Haushalte versorgen. Das entspricht rund 18 Prozent aller Haushalte in
Bielefeld - ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von nur 9 Prozent
überdurchschnittlicher Wert.
Für eine vollständige Dekarbonisierung dieses komplexen Wärmenetzes sind
signifikante Änderungen im Technologiemix notwendig. Zudem müssen
wirtschaftliche Kennwerte betrachtet und gleichzeitig die
Versorgungssicherheit sichergestellt werden –
Fragestellungen, die die Mathematikerin Steffi Naumann vom Fraunhofer
IOSB-AST vor besondere Herausforderungen stellte:
Grundlage für Ihre Arbeiten war dabei das ebenfalls vom Fraunhofer IOSB-
AST
entwickelte Modell zur Einsatzoptimierung und Betriebsführung der
aktuellen Erzeugungsanlagen auf Basis der Energiemanagement-Lösung EMS-EDM
PROPHET®. Dessen digitales Modell wurde sukzessive um neue, CO2-freie
Anlagen erweitert und dabei standortspezifische Potentiale im Rahmen des
Transformationspfades berücksichtigt.
Simuliert und ausgewertet wurden schließlich 12 Untersuchungsszenarien,
die sich durch eine Kombination von vier Technologie- und drei
Marktszenarien für die Referenzjahre 2023 sowie 2030, 2035, 2040 und 2045
mit einer zeitlichen Auflösung von einer Stunde unterscheiden. Für jedes
einzelne Szenario konnten anschließend die kundenrelevanten Kennwerte
Erlöse, Kosten, spezifische CO2-Emissionen oder Anlagenbetrieb
und -auslastung bestimmt werden. Die fundierten Ergebnisse der
untersuchten Szenarien im Rahmen des Projektes sind Grundvoraussetzung für
die daraus abzuleitenden Transformationsmaßnahmen und
Investitionsentscheidungen.
Zentrales Ergebnis der Untersuchungen ist, dass bei der
Energiebereitstellung in KWK eine übergeordnete Betrachtung aller
erlösrelevanten Parameter, insbesondere der
zunehmend volatilen Stromerzeugung, wirtschaftliche Vorteile gegenüber
einer
rein wärmegeführten Betrachtung mit sich bringt. Um einen dekarbonisierten
Erzeugerpark wirtschaftlich darstellen zu können, ist darüber hinaus eine
weitere Flexibilisierung der Erzeugungsanlagen notwendig.
„Mit Ihrer langjährigen Expertise in der Energiesystemoptimierung konnten
uns die
Expertinnen und Experten von Fraunhofer in strategisch wichtigen
Fragestellungen wertvolle Impulse liefern. Insbesondere die hochkomplexe
Modellierung unserer Kraftwärmekopplung sowie deren zielgerichteter
Anpassung für das hochvolatile Umfeld im Strommarkt sind von großer
Bedeutung für die Weiterentwicklung unseres Geschäfts.“, erklärt Marius
Güths aus dem Bereich Fernwärmeerzeugung der Stadtwerke Bielefeld.
Mit dem nun fertig gestellten Simulationsmodell können die Stadtwerke
Bielefeld außerdem zusätzliche, eigene Berechnungen und Bewertungen
vornehmen und damit flexibel auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren.
Fragen zum Thema Transformationsplanung beantwortet Ihnen Steffi Naumann,
https://s.fhg.de/zrWR