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Neues Jahresthema am KWI: Guilty Pleasures

Jahresthema Guilty Pleasures  KWI
Jahresthema Guilty Pleasures KWI
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Jahresthema Guilty Pleasures  KWI
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Ob exklusive Kreuzfahrten oder die Flugreise zum Spottpreis, binge
watching, Prokrastination oder die Liebe zum Plastik-Pop: Guilty pleasures
sind allgegenwärtig. So vertraut uns das merkwürdige Gemisch aus Lust,
Scham und Reue inzwischen auch erscheinen mag, die Beschäftigung mit ihm
bleibt häufig im Reflexhaften stecken. Das KWI-Jahresthema 2024/25 setzt
sich daher zum Ziel, den Wirkungsweisen dieses zentralen Ideologems der
Gegenwart auf den Grund zu gehen.

Wie entsteht aus individueller Lust öffentliche Scham, die manche
stigmatisiert und von anderen genüsslich ausgestellt wird? Wenn die
Moralisierung des Vergnügens zum Mittel der Beschämung wird, sind
Distinktionsgesten und Klassenkonflikte nicht weit. So gehören guilty
pleasures nur auf den ersten Blick in den Bereich unseres Privatlebens.
Mehr denn je sind sie zu einer Arena gesellschaftlicher und kultureller
Auseinandersetzungen geworden.

Im Rahmen ästhetischer Urteile blicken guilty pleasures auf eine
wechselvolle Geschichte zurück, aber erst als postmodernes Phänomen nehmen
sie ihre heutige Gestalt an: Der Begriff geht auf die 1978 lancierte
Kolumne der Zeitschrift Film Comment zurück, in der Martin Scorsese, Joan
Rivers oder Slavoj Žižek Lieblingsfilme vorstellten, die sich um
Geschmackssicherheit wenig scherten. Mit liebevollem Eifer wandte man sich
dem zu, was andere als zu kitschig, zu kommerziell, zu populär abtaten.
Mittlerweile lässt sich aus solchen stilbewussten Stilbrüchen
beträchtliches kulturelles Kapital schlagen: Wer Science-Fiction dem
Bildungsroman vorzieht, schmückt sich mit dem Nimbus einer vermeintlich
subversiven Haltung, die sich selbstsicher abseits des
bildungsbürgerlichen Kanons bewegt. Vor diesem Hintergrund dürfte es kein
Zufall sein, dass einstige Nischenthemen zum disziplinären Kerngeschäft
der Kulturwissenschaften avanciert sind. Zugleich rückte die Forschung
zusehends von den Pionierarbeiten der britischen Cultural Studies ab, die
sich der vernachlässigten Kultur der working class annahmen.

Mit guilty pleasures ist zudem ein politisches Begehren umschrieben: die
dunkle Seite des Lustprinzips, die sich im Ausleben von
grenzüberschreitenden Affekten und im Genießen von Herrschaft und
Herabsetzung offenbart. Zu guilty pleasures im erweiterten Sinne zählen
auch Weltanschauungen, die Unfreiheit für sich selbst und andere nicht
erleiden, sondern als eine Form „freiwilliger Knechtschaft“ (Étienne de La
Boétie) ersehnen.
Mit dem Jahresthema 2024/25 erkundet das Kulturwissenschaftliche Institut
Essen (KWI) weit mehr als nur den schlechten Ruf des schuldbesetzten
Vergnügens. Wir wollen herausfinden, in welchen Formen, unter welchen
historisch-kulturellen Vorzeichen und mit welchen Funktionen sich Lust-
und Schamvorstellungen miteinander verschränken.

VERANSTALTER
Ein Themenschwerpunkt des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI)

Über das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI):
Das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) ist ein
interdisziplinäres Forschungskolleg für Geistes- und Kulturwissenschaften
in der Tradition internationaler Institutes for Advanced Study. Als
interuniversitäres Kolleg der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen
Universität Dortmund und der Universität Duisburg-Essen arbeitet das
Institut mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern seiner
Trägerhochschulen und mit weiteren Partnern in NRW und im In- und Ausland
zusammen. Innerhalb des Ruhrgebiets bietet das KWI einen Ort, an dem die
Erträge ambitionierter kulturwissenschaftlicher Forschung auch mit
Interessierten aus der Stadt und der Region geteilt und diskutiert werden.
Derzeit stehen folgende Forschungsschwerpunkte im Mittelpunkt:
Kulturwissenschaftliche Wissenschaftsforschung, Kultur- und
Literatursoziologie, Wissenschaftskommunikation, Visual Literacy sowie ein
„Lehr-Labor“. Fortgesetzt werden außerdem die Projekte im
Forschungsbereich Kommunikationskultur sowie Einzelprojekte.
www.kulturwissenschaften.de

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