Vortragsreihe des Dubnow-Instituts zu Antisemitismus der Gebildeten
Mit einem einführenden Vortrag eröffnet Mathias Berek (Berlin) am
Donnerstag, 17. Oktober 2024, 17.15 Uhr die Vortragsreihe »Antisemitismus
der Gebildeten« des Leibniz-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur –
Simon Dubnow. An insgesamt sechs Terminen beleuchtet die Reihe
sozialhistorische und institutionengeschichtliche Fallbeispiele sowie
individuelle Reaktionen jüdischer Zeitgenossen, die die akademische
Judenfeindschaft abzuwehren versuchten. Die Vorträge finden entweder im
Dubnow-Institut oder in der SAW Leipzig statt; einige werden digital
übertragen.
Universitäten und Wissenschaften galten im frühen 19. Jahrhundert als ein
Symbol jüdischer Emanzipationshoffnungen, selbst zu Zeiten, als
persönlicher Erfolg und Aufstieg im akademischen Milieu für jüdische
Gelehrte keineswegs die Regel waren. Im Deutschen Reich kamen zu den
»leisen« Hürden der Diskriminierung in Berufungen »laute« Ausgrenzungen
und aggressive Anfeindungen hinzu, sowohl in Studentenverbindungen als
auch durch Professoren. Der Aufsatz »Unsere Aussichten« (1879) des
Berliner Historikers Heinrich von Treitschke markiert diesen Umschlagpunkt
von korporativen Vorbehalten und berufsständischer Distanz zu öffentlichen
Schmähungen und einem neuen Antisemitismus.
Der jüdische Historiker Arthur Rosenberg bezeichnete 1930 diesen neuen
Diskurs, mit dem Juden kollektiv angegriffen und pauschalen
Verdächtigungen ausgesetzt wurden, als »Universitätsantisemitismus«. Mit
seinem Buch »Hitler’s Professors. The Part of Scholarship in Germany’s
Crimes against the Jewish People« (1946) zog der Sprachwissenschaftler Max
Weinreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust eine
düstere Bilanz dieser deutschen Entwicklung, in der sich Wissenschaftler
aller Fachrichtungen und die Institution der Universität selbst in den
Dienst der Nazis gestellt hatten.
Den Hauptvertrag der Reihe hält am Donnerstag, 12. Dezember 2024, die
israelische Historikerin Shulamit Volkov. Die emeritierte Professorin für
moderne europäische Geschichte an der Universität Tel Aviv spricht unter
dem Titel »Gelehrter Antisemitismus« über Spannungen und Kontroversen im
Zeitalter der Emanzipation.
Die Teilnahme an der Vortragsreihe ist kostenfrei; um Anmeldung im Vorfeld
wird gebeten.