Forschung an Lebenden Therapeutischen Materialien geht weiter: Saarland bleibt Leuchtturm in der Biomedizin


Gute Nachrichten für die Biomedizinische Forschung im Saarland: Der
Leibniz WissenschaftsCampus (LWC) „Lebende Therapeutische Materialien“
geht nach vier Jahren erfolgreicher Forschung in die zweite Förderrunde.
Das Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM), die Universität des
Saarlandes (UdS) und das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung
Saarland (HIPS) starten am 1. Oktober mit dem Leibniz-Wissenschaftscampus
in eine weitere Förderphase. Die Leibniz-Gemeinschaft und das Saarland
beteiligen sich mit insgesamt 1,6 Millionen Euro an der Finanzierung für
die gemeinsame Erforschung neuer Materialien für die personalisierte
Verabreichung von Biotherapeutika auf dem SaarlandCampus. Neben der
Förderung durch die Leibniz-Gemeinschaft und das Saarland leistet das INM
aus eigenen Mitteln einen Beitrag in Höhe von 600.000 Euro für das
Projekt. Auch die Universität des Saarlandes sowie das HIPS beteiligen
sich mit jeweils 400.000 Euro, sodass insgesamt 3 Mio. Euro für die
Forschung im Forschungsverbund zur Verfügung stehen.
Im LWC wird an Materialien geforscht, die im Körper Medikamente
produzieren und kontinuierlich abgeben. Die Forschung an diesen
Materialien steht auch in der zweiten Halbzeit noch auf dem Programm,
gleichzeitig sollen aber auch die Weichen für den Transfer der
Forschungsergebnisse in die medizinische Anwendung gestellt werden. Der
saarländische Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie,
Jürgen Barke, sieht daher die Weiterförderung des LWC als wertvolle
Investition in den Forschungsstandort: „Weltweit ist das Saarland als
attraktives Umfeld für die kooperative Forschung an den Schnittstellen von
Materialwissenschaft, Biotechnologie, Pharmazie und Medizin bekannt. Der
LWC ‚Lebende Therapeutische Materialien‘, in dem die Materialkompetenz des
INM und die pharmazeutische Expertise des HIPS und der UdS gebündelt
werden, ist ein Leuchtturm in diesem noch recht neuen, aber stetig
wachsenden Forschungsfeld. Mit Blick auf unsere saarländische
Innovationsstrategie war bereits die erste Förderphase des LWC ein
wichtiger Schritt, um unsere Kompetenzen in der NanoBioMed
weiterzuentwickeln. Daher freue ich mich, dass sich der Leibniz-
WissenschaftsCampus erneut im Wettbewerbsverfahren der Leibniz-
Gemeinschaft durchsetzen konnte und sich diese hervorragende Forschung
weiterführen lässt. Ich gratuliere den Verbundpartnern, die mit ihrer
Forschungsarbeit dazu beitragen werden, neue Erkenntnisse in eine
wissensbasierte klinische Anwendung zu übertragen.“
Universitätspräsident Ludger Santen unterstreicht die Bedeutung des
Leibniz WissenschaftsCampus für den Forschungsschwerpunkt NanoBioMed der
Universität des Saarlandes: „Neue Erkenntnisse und Verfahren entstehen
heute zumeist an den Schnittstellen einzelner Fachbereiche. Die ‚Lebenden
Therapeutischen Materialien‘ sind ein exzellentes Beispiel dafür und
zeigen die Forschungsstärke der Universität und der außeruniversitären
Institute im Saarland, die auf dem Gebiet der biomedizinischen Forschung
und Materialwissenschaft eng miteinander vernetzt sind und
interdisziplinär zusammenarbeiten.“
Was sind Lebende Therapeutische Materialien?
Sind wir krank, helfen uns meist Medikamente, die wir in Form von
Tabletten oder Tropfen einnehmen oder als Salbe auf die Haut auftragen.
Das heißt: Wir führen sie unserem Körper von außen zu. Wie wäre es, wenn
die heilenden Wirkstoffe auf unsere Bedürfnisse maßgeschneidert direkt im
Körper produziert und freigesetzt werden könnten, noch dazu genau dort, wo
sie wirken sollen? Diese Frage stellten sich auch die Forschenden des LWC.
Sie entwickelten Implantate, in denen in Hydrogele eingeschlossene,
speziell programmierte lebende Materialien wie Bakterien oder Pilze
medizinische Wirkstoffe produzieren, die bedarfsgerecht in den Körper
abgegeben werden. Da die Lebenden Therapeutischen Materialien (LTM) ihre
Wirkstoffe genau dort produzieren und freisetzen, wo sie therapieren
sollen, gibt es so gut wie keinen Wirkstoffverlust. Diese „Zero-
Waste“-Eigenschaft macht sie sowohl ökonomisch als auch ökologisch
attraktiv. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die im LWC
entwickelte selbstbefeuchtende Kontaktlinse. Diese Linse enthält LTM, die
Hyaluronsäure produzieren – ein bewährtes Mittel zur Behandlung des
trockenen Auges, das üblicherweise in Form von Augentropfen verabreicht
wird. Beim Tropfen gelangen allerdings weniger als 5 % des Medikaments
tatsächlich ins Auge. Die restlichen 95 % gehen verloren.
Aktuell bewegen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des LWC
mit ihrer Forschung noch weitestgehend im Labor. Im Mittelpunkt der
Weiterförderung steht die Vorbereitung des Transfers ihrer Technologie in
die Anwendung, bei dem sie vom INM-eigenen InnovationsZentrum unterstützt
werden. Dazu sollen konkrete medizinische Szenarien bewertet werden, in
denen die LTM eine sinnvolle Alternative zum bisher üblichen Weg der
Wirkstoffgabe darstellen. Genauer auf den Prüfstand müssen noch die
Übergänge zwischen LTM-Implantat und Körper. Es muss gewährleistet sein,
dass ausschließlich die Wirkstoffe in den Körper gelangen, keinesfalls
aber die wirkstoffproduzierenden Organismen. Bis zur Zulassung der LTM
werden noch einige regulatorische Hürden zu überwinden sein. Dazu sind die
Partner bereits mit Zulassungsbehörden und Industrie im Gespräch.
An der Umsetzung der Ziele des LWC wirken neben den 19 wissenschaftlichen
Leiterinnen und Leitern aus den Partnerinstitutionen drei
Forschungsgruppen und 21 Doktorandinnen und Doktoranden mit. Die
Durchführung internationaler Konferenzen auf dem Campus der UdS sichert
den Austausch mit Fachleuten aus der ganzen Welt und macht den Standort
weltweit bekannt. Der Einladung des LWC zur inzwischen vierten Konferenz
zu Lebenden Materialien sind im September 200 Expertinnen und Experten aus
13 Ländern gefolgt.