Schluss mit der Recyclinglüge
Der Umwelt-Campus Birkenfeld und Neveon machen aus altem Kunststoff
wertvolle Produkte
Durch Berichte und Reportagen in den Medien ist mittlerweile bekannt
geworden, dass das Recycling von Kunststoffen (wie z.B. Verpackungen, alte
Matratzen, Kunststoffinterieur aus verschrotteten PKWs) zu einem großen
Teil nur Augenwischerei ist. Vieles wird aufwendig sortiert, jedoch wird
nur ein sehr kleiner Teil davon wirklich recycelt. Nur weil etwas
recyclebar ist, bedeutet eben nicht, dass es auch wirklich recycelt wird.
Verschmutzte Kunststoffe und Verpackungen, die aus vielen
unterschiedlichen miteinander verbundenen Kunststoffschichten bestehen,
eignen sich praktisch nur zum Downcycling, also dem Herstellen
minderwertiger Produkte. Ein Großteil geht jedoch immer noch in
Müllverbrennungsanlagen oder wird zur Herstellung von Zement thermisch
verwertet. In vielen Fällen ist es sogar noch viel schlimmer und der
Plastikmüll wird entgegen allen Beteuerungen in andere Länder, z.B. nach
Asien exportiert. Von den Müllbergen dort gelangt der leichte Plastikmüll
durch Regen und über die Flüsse letztendlich in unsere Meere und bedroht
somit die Lebensgrundlage von uns allen.
In Zusammenarbeit mit dem größten Polyurethanhersteller Europas, der Firma
NEVEON sowie den Partnern Pyrum Innovations AG und SBKS GmbH & Co. KG aus
dem Saarland, hat der Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier im
Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts ein
einzigartiges Verfahren entwickelt, das aus alten Matratzen, Polstern und
Plastikverpackungen wertvolle Produkte für die Industrie zurückgewinnt.
Dabei werden zwei Verfahren kombiniert. Mit der hydrothermalen
Karbonisierung werden
Polyurethan-Schaumstoffe und Plastik so behandelt, dass sie anschließend
als trockenes Granulat vorliegen. Das Granulat wird dann durch einen
Hochtemperaturprozess, genannt Pyrolyse, in Gas, Öl für die
Mineralölindustrie und in Koks umgewandelt. Aus dem Koks werden dann
wertvolle Produkte wie Aktivkohle und sogenanntes Carbon Black, das als
Schwarzpigment beispielsweise in Farben und Lacken Anwendung findet,
hergestellt.
Das Verfahren beseitigt nicht nur problematische Abfallstoffe, die sonst
häufig nur thermisch verwertet oder sogar im Ausland entsorgt werden,
sondern erzeugt hochwertige neue Produkte wie Carbon Black deutlich
umweltfreundlicher, als es bisher möglich war.
Mit dem Verfahren können sowohl Mischungen aus verschiedenen
Kunststoffabfällen, verschmutzte Kunststoffe und sogar gesammeltes
Meeresplastik behandelt werden. Durch das zweistufige Verfahren werden
auch feuchte Abfallstoffe und Reste von Lebensmitteln sowie andere
organische Verschmutzungen in wertvolle Kohleprodukte umgewandelt.
Als nächste Stufe planen Neveon und der Umwelt-Campus den Bau einer
Pilotanlage, um eine großindustrielle Umsetzung zu demonstrieren.