Erstmals S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patient*innen“ erschienen
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen
Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und
Medizinische Onkologie (DGHO), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie
und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie
(DEGRO) die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von
onkologischen Patient*innen“ erarbeitet. Es wurden 155 Empfehlungen bzw.
Statements formuliert, die nicht nur Onkolog*innen, sondern allen Haus-
und Fachärzt*innen, die Krebsbetroffene begleiten und behandeln, wichtige
Empfehlungen und Informationen zur vorliegenden Evidenz bieten.
In der S3-Leitlinie werden die wichtigsten zur komplementären und
alternativen Medizin zählenden Methoden, Verfahren und Substanzen, die
aktuell in Deutschland von Patient*innen genutzt werden bzw. ihnen
angeboten werden, nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin
bewertet. In der S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von
onkologischen Patient*innen“ wurden diese in vier thematische Blöcke
unterteilt:
• Medizinische Systeme
• Mind-Body-Verfahren
• Manipulative Körpertherapien
• Biologische Therapien
Damit soll für alle in der Onkologie Tätigen (Ärzt*innen, Pflegekräfte,
Psycholog*innen und andere Berufsgruppen) ein präzises Nachschlagewerk
geschaffen werden, das es ermöglicht, Fragen von Krebsbetroffenen
evidenzbasiert zu beantworten und ggf. aktiv Empfehlungen auszusprechen
bzw. von konkreten Maßnahmen und Verfahren abzuraten.
Die umfangreiche Dokumentation in dieser Leitlinie zeigt, dass für die
meisten Methoden der komplementären Medizin nur wenig wissenschaftliche
Daten vorliegen. Hinzu kommt, dass viele Studien eine kleine
Proband*innenzahl aufweisen oder eine adäquate Vergleichsgruppe fehlt.
Solche Studien sind methodisch kritisch zu betrachten und die
Interpretation der Ergebnisse ist damit eingeschränkt. Während einige
Studien zeigen, dass sich die Anwendung komplementärmedizinischer Methoden
günstig auf bestimmte Nebenwirkungen der onkologischen Therapie oder auf
die Lebensqualität der Betroffenen auswirken kann, gibt es nur in wenigen
Studien systematisch erfasste Daten zu potenziellen Schäden in Form von
Nebenwirkungen und Interaktionen komplementärer oder alternativer
Methoden.
Jedoch ist insbesondere die Berücksichtigung potenzieller
Arzneimittelinteraktionen in der Onkologie von hoher Bedeutung:
Interaktionen können unter anderem zu einer Verminderung der Wirksamkeit
der Tumortherapie oder der supportiven Therapie führen oder umgekehrt auch
verstärkte Nebenwirkungen zur Folge haben, z. B. durch eine Erhöhung der
Bio-Verfügbarkeit. Hinzu kommen Nebenwirkungen, z. B. von
Phytotherapeutika, die sich in einer Organtoxizität äußern können. Diese
werden ggf. nicht als primäre Folge der komplementären Therapie, sondern
als Folge der Tumortherapie gedeutet. All dies kann zu
Therapieentscheidungen führen, die für die Krebsbetroffenen erhebliche
Konsequenzen haben, wenn z. B. Tumortherapien geändert, reduziert oder
abgesetzt werden. Die Häufigkeit von Interaktionen ist schwer zu
bestimmen, da es zu wenig systematische Erfassungen zu diesem Thema gibt.
Es existieren nur wenige Untersuchungen, in denen die von Patient*innen
angegebenen komplementären Mittel in Datenbanken auf potenzielle
Interaktionen mit der Tumortherapie abgeglichen wurden. Diese
Untersuchungen zeigen jedoch, dass solche Wechselwirkungen bei einem
Drittel aller Patient*innen wahrscheinlich sind. Hinzu kommt ein weiteres
Drittel, bei denen eine Interaktion zumindest möglich erscheint.
Deshalb empfiehlt die Leitlinie, dass alle Krebsbetroffenen frühestmöglich
und im Verlauf wiederholt zur aktuellen und geplanten Anwendung von
komplementären Maßnahmen befragt, bei Interesse auf verlässliche
Informationsquellen verwiesen und gezielt auf mögliche Interaktionen
zwischen diesen Anwendungen und der Krebstherapie hingewiesen werden
sollen.
An der S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von
onkologischen Patient*innen“ waren insgesamt 72 ehrenamtlich arbeitende
Fachexpert*innen aus 46 Fachgesellschaften und Organisationen beteiligt.
Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www
.leitlinienprogramm-onkologie.
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert.
Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier
herunterladen: https://www.leitlinienprogramm
Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für
Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei
speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument
zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar.
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und
die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten
Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung
und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und
praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen.
Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 31 S3-Leitlinien, die zu einem
großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen.
Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm
Deutsche Krebsgesellschaft e.V.
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) – eine Nachfolgeorganisation
des 1900 gegründeten „Comité für Krebssammelforschung“ – ist die größte
wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum.
In der DKG vertreten sind rund 8.000 Einzelmitglieder in 25
Arbeitsgemeinschaften, die sich mit der Erforschung und Behandlung von
Krebserkrankungen befassen; dazu kommen 16 Landeskrebsgesellschaften und
36 Fördermitglieder. Die DKG engagiert sich für eine Krebsversorgung auf
Basis von evidenzbasierter Medizin, Interdisziplinarität und konsequenten
Qualitätsstandards, ist Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans und
Partnerin der „Nationalen Dekade gegen Krebs". Mehr:
https://www.krebsgesellschaft.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.
Die DGGG e. V. ist eine der großen wissenschaftlichen Fachgesellschaften
in Deutschland und hat sich der Stärkung der Fachgebiete der
Frauenheilkunde und Geburtshilfe verschrieben. Sie fördert das gesamte
Fach und seine Subdisziplinen, um die Einheit des Faches Frauenheilkunde
und Geburtshilfe weiter zu entwickeln. Als medizinische Fachgesellschaft
engagiert sich die DGGG fortwährend für die Gesundheit von Frauen und
vertritt die gesundheitlichen Bedürfnisse der Frau auch in diversen
politischen Gremien. Mehr: https://www.dggg.de/
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
(DGHO) besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.600
Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und
onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-,
Fort- und Weiterbildung, dem Onkopedia-Projekt, mit der Wissensdatenbank
und der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit
ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die
hochwertige Versorgung von Patient*innen im Fachgebiet. In mehr als 30
themenzentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die
Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.
Informationen unter: https://www.dgho.de/
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V.
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO) wurde als die
wissenschaftliche Gesellschaft der in der Radioonkologie tätigen Ärzte,
Medizinphysiker und Strahlenbiologen Deutschlands 1995 gegründet. Seitdem
fördert die Gesellschaft die wissenschaftlichen Bereiche der
Strahlenphysik, der Strahlenbiologie und der Klinischen Forschung
insbesondere im Bereich der Onkologie, um eine immer weiter verbesserte
und damit zukunftsfähige wissenschaftliche Grundlage der Radioonkologie
sicherstellen zu können. Die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, die
ethischen Normen sowie gesetzliche Regelungen bilden hierbei die Basis.
Mehr: https://www.degro.org/