Die EU und die Schwarzmeerregion übernehmen die Führungsrolle auf dem globalen Weizenmarkt
IAMO Policy Brief 41 betont die gestiegene Verantwortung der EU und der
Schwarzmeerregion für die globale Ernährungssicherheit.
Der globale Weizenhandel hat weltweit zugenommen. In den letzten 20 Jahren
sind die Weizenimporte um 53 Prozent auf 179 Millionen Tonnen gestiegen.
Ursächlich dafür ist die Importnachfrage asiatischer und afrikanischer
Länder aufgrund wachsender Bevölkerungszahlen und steigender Einkommen. Im
IAMO Policy Brief 41 beleuchten die IAMO Wissenschaftler Osama Ahmed,
Thomas Glauben, Maximilian Heigermoser und Sören Prehn die aktuellen
Entwicklungen im globalen Weizenhandel und reflektieren die neue Rolle der
EU und der Schwarzmeerregion bei Exporten.
Aktuell gehören der Nahe Osten und Nordafrika zu den größten Importeuren
von Getreide. So führte Ägypten im Jahr 2020/2021 die Spitze an, Algerien
und Marokko folgten auf den Plätzen vier und acht. Historisch gesehen
wurden die sogenannten MENA-Länder primär von den USA mit Weizen
beliefert. In jüngster Zeit haben jedoch Schwarzmeer-Exporteure wie
Russland, die Ukraine und Kasachstan, aber auch die EU ihre Weizenexporte
in die Region deutlich ausgeweitet.
Zeitgleich ist seit Mitte des letzten Jahrzehnts zu beobachten, dass der
Euronext-Terminmarkt für die Preisfindung auf internationalen
Weizenmärkten gegenüber den bisher dominierenden US-Terminmärkten an
Bedeutung hinzugewonnen hat. Tatsächlich scheinen die US-Terminmärkte seit
2015 zunehmend auf Veränderungen an der Euronext (MATIF) zu reagieren und
nicht mehr umgekehrt.
Im IAMO Policy Brief konstatieren die Autoren, dass sich die Führungsrolle
im weltweiten Weizenexport von den USA auf die EU und die
Schwarzmeerregion verschoben hat. Daraus resultiere eine größere
Verantwortung, wenn es um die Versorgung der Weltbevölkerung mit
Nahrungsmitteln und damit um den Kampf gegen Hunger und Unterernährung
geht.
Um den Herausforderungen gerecht zu werden, empfehlen die Wissenschaftler
eine engere Kooperation zwischen den großen westlichen und östlichen
Volkswirtschaften und warnen vor den Gefahren eskalierender
Wirtschaftssanktionen und Gegensanktionen. Denn solche Markteingriffe
stören die Handelsbeziehungen und benachteiligen importbedürftige
Entwicklungsländer. IAMO-Direktor Thomas Glauben unterstreicht: „Es ist
eine Binsenweisheit, dass internationale Geschäftsbeziehungen nicht nur
das wirtschaftliche Wohlergehen der Menschen befördern, sondern auch zur
Milderung internationaler Konflikte beitragen können. Die Erwartung, dass
man eigene Interessen und Wertvorstellungen in anderen Ländern durch den
Abbruch von Wirtschaftsbeziehungen durchsetzen kann, ist naiv.“
Der IAMO Policy Brief 41 „Mit großem Einfluss kommt große Verantwortung:
Die EU und die Schwarzmeerregion übernehmen die Führungsrolle auf dem
globalen Weizenmarkt“ ist auf Deutsch, Englisch und Russisch erschienen.
IAMO Policy Briefs
Mit den IAMO Policy Briefs bezieht das IAMO aufbauend auf die eigene
Forschung zu wichtigen agrarpolitischen Fragen Stellung. In der
Publikationsreihe werden verschiedene gesellschaftsrelevante Themen kurz
und allgemeinverständlich dargestellt. Zur Zielgruppe zählen insbesondere
Entscheidungsträger der Politik, Wirtschafts- und Medienvertreter sowie
die interessierte Öffentlichkeit. Seit 2011 werden die IAMO Policy Briefs
in unregelmäßiger Folge veröffentlicht. Einen Überblick über alle IAMO
Policy Briefs erhalten Sie hier: www.iamo.de/publikationen/iamo
briefs.
Über das IAMO
Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien
(IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft
sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich
von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-,
Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet
dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen,
strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es
die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor
sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung
werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik
abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das
IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft
an.