Fußball-EM 2024: Public Viewing verliert an Beliebtheit
Repräsentative Umfrage der Uni Hohenheim zu EM-Erwartungen, Vermarktung,
Medienverhalten & sozialen Aspekten | Teil 3 von 4: Die EM als
Medienereignis
Video zur Pressemitteilung: https://www.instagram.com/p/C8
Public Viewing ist weniger beliebt als gedacht: Die Mehrheit der Deutschen
will die Fußball-EM dieses Jahr lieber am privaten Fernseher verfolgen.
Der Hauptgrund nicht ins Stadion zu gehen: Die Tickets sind den meisten zu
teuer. Zu diesen Ergebnissen kommt die Fußball-EM-Studie unter der Leitung
von Marketing-Experte Prof. Dr. Markus Voeth von der Universität Hohenheim
in Stuttgart. Die Studie basiert auf einer Umfrage unter 1.000 Personen in
Deutschland zu den Themen sportliche Erwartungen, Sponsoring und Sport-
Vermarktung, Medienwirksamkeit sowie sozialen und gesellschaftlichen
Auswirkungen. Die Universität Hohenheim veröffentlicht die Ergebnisse in
vier Teilen.
Über 70 Prozent der Deutschen wollen die Spiele der
Fußballeuropameisterschaft der Herren in diesem Jahr vor dem heimischen
Fernseher verfolgen. Ein Hauptgrund ist das generelle Preisniveau der EM-
Tickets, das die Mehrheit der Befragten als zu hoch empfindet. Lediglich
die Preise für Spiele der Gruppenphase werden größtenteils als angemessen
eingestuft.
„Trotzdem möchte knapp ein Drittel aller EM-Interessierten nicht auf die
gute Stimmung sowie das Gemeinschaftsgefühl verzichten und die Spiele beim
Public Viewing verfolgen“, so Studienleiter Prof. Dr. Voeth vom Fachgebiet
Marketing & Business Development an der Universität Hohenheim. Auf der
anderen Seite verzichten darauf 20 Prozent der Befragten aufgrund von
Terrorangst und 34 Prozent geben „zu viele Menschen“ als Grund an, nicht
zum Public Viewing zu gehen. Beliebte Alternativen sind das private
„Public Viewing“ im Freundes- und Bekanntenkreis und das Verfolgen der
Spiele in der Kneipe oder Bar.
„Wenn es darum geht, EM-Themen während der Arbeitszeit zu verfolgen, ist
im Vergleich zu den vorherigen Turnieren die Toleranz der Arbeitgeber
deutlich höher“, sagt Co-Studienleiter Tom Huhnke. „Im Durchschnitt gehen
Befragte davon aus, rund 24 Minuten ihres Arbeitstages für die EM-Themen
zu nutzen.“
Tickets für Deutschland-Spiele am begehrtesten – auch auf dem Schwarzmarkt
Fast 14 Prozent der Befragten haben sich über das offizielle Ticketportal
der UEFA für ein Ticket bei der EM 2024 beworben. Davon haben 45 Prozent
auch ein Ticket erhalten. Rund 10 Prozent der Befragten geben an,
weiterhin auf der Suche nach Tickets zu sein. „Dabei scheint es für sie
keinen Unterschied zu machen, ob die Tickets über die UEFA-Plattform oder
über den Schwarzmarkt verfügbar sind“, so Stjepan Jurisic, der ebenfalls
an der Leitung der Studie beteiligt war.
Am begehrtesten sind die Tickets für die Deutschland-Spiele: Zwei Drittel
der Interessierten wären bereit, ein solches Ticket auf dem Schwarzmarkt
zu erwerben, und würden dafür im Schnitt rund 184 Euro bezahlen. Dabei
variiert die individuelle Zahlungsbereitschaft von 10 Euro bis maximal
2.000 Euro pro Ticket. Für Spiele anderer Nationalmannschaften würden
immerhin noch 28 Prozent der Befragten Tickets auf dem Schwarzmarkt
kaufen.
EM-bezogene Werbeaktivitäten wieder deutlich positiver eingestuft
Stand bei der umstrittenen Winter-WM 2022 in Katar die deutsche
Bevölkerung WM-bezogenen Werbeaktivitäten von Unternehmen skeptisch wie
nie zuvor gegenüber, hat sich die Einstellung wieder gewandelt: Die EM
2024 in Deutschland wird als potenzielle Werbeplattform deutlich positiver
wahrgenommen. Werbemaßnahmen sind daher präsenter und werden vorteilhafter
eingeschätzt.
„Unsere Studie zeigt jedoch auch, dass Werbeaktivitäten im Rahmen von
Fußball-Weltmeisterschaften bei der deutschen Bevölkerung meist nur einen
kurzfristigen Effekt haben“, sagt Prof. Dr. Voeth. „So können sich nur
knapp 10 Prozent der Befragten noch an viele Produkte erinnern, die zur WM
2022 beworben wurden.“
„Wenn überhaupt, dann bietet sich EM-bezogene Werbung nach wie vor
besonders bei Sportartikeln an“, ergänzt Tom Huhnke. Das sehen auch 80
Prozent der Befragten so. Mit jeweils rund 53 Prozent Zustimmung eignet
sich aus Konsumentensicht die EM aber auch für die Bewerbung von
Softdrinks und Textilien. Als eher ungeeignet empfinden die Befragten die
EM als Werbeplattform für Mund- und Zahnpflegeprodukte, Schreibwaren sowie
Mineralöl.
Bastian Schweinsteiger Deutschlands beliebtester TV-Experte
So überrascht auch nicht die Antwort auf die Frage, wie gut Fußballspieler
zu den beworbenen Marken passen, sagt Stjepan Jurisic: „In den Augen der
Deutschen sind sowohl Serge Gnabry und Adidas als auch Leroy Sane und Nike
nahezu ein ‚perfect match‘. Die Werbepartnerschaft zwischen Kevin Trapp
und About You wird dagegen als eher unpassend empfunden.“
Die geeignetsten TV-Experten für EM-Berichterstattungen sind für die
Deutschen das Weltmeistertrio Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker und
Christoph Kramer sowie Thomas Hitzlsperger. Auf einer Skala von 1 bis 6
erhielt der ehemalige Mannschaftskapitän den Bestwert von 4,8 Punkten. Auf
dem zweiten Platz liegt Mertesacker mit 4,6 Punkten. Die beiden Ex-
Nationalspieler Kramer sowie Hitzlsperger folgen mit jeweils 4,4 Punkten.
HINTERGRUND: EM-Studie 2024
„Football’s coming home! – Die Heim-EM 2024: Was denkt die deutsche
Bevölkerung?“ lautet der Titel der EM-Studie 2024. Die Online-Umfrage
unter 1.000 Teilnehmer:innen ist in Bezug auf Alter, Geschlecht und
Bundeslandzugehörigkeit bevölkerungsrepräsentativ. Durchgeführt wurde sie
zwischen dem 1. Mai und 17. Mai 2024 vom Lehrstuhl für Marketing und
Business Development der Universität Hohenheim sowie vom Lehrstuhl für
Marketing der Universität Potsdam und dem Marktforschungsinstitut Dynata.
Das Fachgebiet von Prof. Dr. Markus Voeth begleitet die FIFA-
Fußballweltmeisterschaften und UEFA-Fußballeuropameisterschaf
Männer seit 2001 mit regelmäßigen repräsentativen Bevölkerungsbefragungen.
Schwerpunkte sind Themen wie Begeisterung, Pläne und Fanverhalten der
Bevölkerung, ergänzt durch wechselnde Sonderschwerpunkte wie
beispielsweise politische oder soziale Themen rund um die sportlichen
Großereignisse. Einzel- und Langzeitstudien sollen einerseits
Stimmungsindikatoren, andererseits auch konstruktiver Beitrag für eine
erfolgreiche Organisation sein.
Text: Stuhlemmer