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„Tage der Demokratie“ mit Information und Dialog

Anlässlich des Internationalen Tags der Demokratie am 15. September und
175 Jahre nach der Frankfurter Paulskirchenversammlung veranstaltet das
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) drei „Tage der Demokratie“. Vom
13. bis 15. September 2023 wird der Kronenplatz in Karlsruhe zum
Begegnungsort, an dem in Vorträgen, Podiumsdiskussionen und
Mitmachformaten, aber auch mittels Kunst und Musik die Gegenwart und
mögliche Zukünfte von Demokratie im Fokus stehen.

In das mehr als zehn Veranstaltungen umfassende Programm der Karlsruher
„Tage der Demokratie“ bringen sich neben anderen auch etliche Forschende
des KIT ein. So erläutert Professor Ulrich Smeddinck in seinem Vortrag
„Gegen-Demokratie“ (13.09., 18:00 Uhr) neue Formen bürgerlichen
Engagements und lädt zum Mitdiskutieren ein. Auf der Entdeckungstour „Was
ist Partizipation und wo ist sie in Karlsruhe möglich?” (14.09., 14:00
Uhr) lernen Interessierte unter anderem das Karlsruhe Decision & Design
Lab (KD2Lab) sowie das Wissenschaftslokal für Technik und Gesellschaft
Karl9 kennen. Im Format „technik.kontrovers: Gerecht unterwegs? “ (14.09.,
18:00 Uhr) diskutieren Forschende des Instituts für
Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am KIT mit dem Publikum
anhand des Beispiels Mobilität, was Gerechtigkeit im Kontext neuer
Technologien bedeutet. Auf der Konferenz „Resiliente Demokratie in
Krisenzeiten“ (15.09., 9:00-14:00 Uhr) erkunden Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler gemeinsam mit dem Publikum, wie digitale Partizipation
Demokratien stärken könnte.

Veranstaltungsort ist der TRIANGEL Transfer | Kultur | Raum, das
Innovations-, Gründungs- und Transferzentrum des KIT am Karlsruher
Kronenplatz (Kaiserstraße 93, 76133 Karlsruhe).

Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist kostenfrei. Anmeldungen sind –
mit Ausnahme der Workshops für Schulklassen (siehe vollständiges Programm)
– nicht erforderlich. Die „Tage der Demokratie“ sind eine Veranstaltung
des TRIANGEL, des ITAS und der Stiftung Forum Recht. Darüber hinaus
beteiligen sich das FZI Forschungszentrum Informatik, das FZI House of
Participation und das Institute of Information Systems and Marketing des
KIT, außerdem der Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe. Das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert die
Angebote im Programm „Demokratie leben“.

Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und
vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den
globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie,
Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in
Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften
zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein
forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle
Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die
Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und
Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und
Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der
deutschen Exzellenzuniversitäten

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Schwankende Renten: Deutsche haben Sympathie und Berührungsängste

Wenn Menschen in Deutschland die Wahl zwischen verschiedenen
Auszahlungsplänen haben, sind sie dazu bereit, Schwankungen bei der
Auszahlung privater Renten hinzunehmen. Erst recht, wenn sich dadurch die
Aussicht auf höhere Renditen verbessert. Zu diesem Ergebnis kommen
Forschende von ZEW Mannheim und Universität Mannheim nach einer Befragung
mit über 2.500 Deutschen. Demnach bevorzugen insgesamt 40 Prozent der
Befragten Auszahlungspläne mit mittleren Risiken (60 Prozent Aktien/40
Prozent Anleihen) oder hohen Risiken (100 Prozent Aktien). In der Realität
investieren gerade einmal 18,3 Prozent der Deutschen in Aktien.

„Im internationalen Vergleich investieren Deutsche eher selten in Aktien
und Fonds. Durch unsere Befragung wird allerdings deutlich, dass viele
Menschen zumindest theoretisch Interesse an einer aktienbasierten
Altersvorsorge haben“, betont Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen, Leiterin des
ZEW-Forschungsbereich „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“ und
Professorin an der Universität Mannheim.

Bisher fokussieren sich Forschung und politische Diskussionen vor allem
auf die Ansparphase der Altersvorsorge. Um auch Entscheidungen in der
Rentenphase besser zu verstehen, führten die Forschenden eine Befragung
zur Bereitschaft von Haushalten, während der Rentenphase am Kapitalmarkt
zu investieren, durch. In einem ersten Schritt wählten die Befragten aus
drei Auszahlungsmodellen mit verschiedenen Risiken und Renditeaussichten
jeweils ihr bevorzugtes Modell. In einem zweiten Schritt konnten sie
entscheiden, ob sie das Auszahlungsmodell beibehalten oder auf eine
lebenslange Rente umschwenken wollen.

Individuelle Hintergründe beeinflussen die Wahl

Befragte mit hoher Risikotoleranz, guter finanzieller Bildung sowie
Erfahrung in Sachen Aktienanlage sind eher bereit auch während der Rente
in Aktien zu investieren. Bei ihnen ist auch die Wahrscheinlichkeit
gering, dass sie auf eine lebenslange Rente umsteigen. Bei den Befragten,
die über niedrige Risikotoleranz, geringe finanzielle Bildung und keine
Erfahrung in Sachen Aktienanlage verfügen, zeigt sich das gegenteilige
Bild: Sie wählen eher die risikolose Anlage und wechseln eher zur
lebenslangen Rente und versichern somit ihr Langlebigkeitsrisiko.

„Auch die individuelle finanzielle Situation prägt die Bereitschaft der
Befragten, Schwankungen der Rentenhöhe zu akzeptieren. Man kann
festhalten: Je schlechter Menschen insgesamt finanziell aufgestellt sind,
desto eher bevorzugen sie Stabilität bei der Rentenauszahlung.“,
kommentiert Prof. Dr. Dr. h. c. Martin Weber, Professor an der Universität
Mannheim und ZEW Research Associate.

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Podiumsdiskussion „Der Osten: Alles eine Konstruktion des Westens?“ anlässlich des Deutschen Diversitytages

Die Debatte um Ost- und Westdeutschland wird aktuell (wieder einmal)
kontrovers geführt. Aber wer gilt eigentlich als ost- und wer als
westdeutsch? Ist eine Diskussion um Diversität und Antidiskriminierung im
Osten überhaupt nötig? Handelt es sich dabei um eine Art Westimport? Oder
andersherum: Ist der Osten ein eigenes Zentrum von Diversität? Kritisiert
wird eine strukturelle Benachteiligung Ostdeutscher im
Transformationsprozess seit 1989 sowie eine Stigmatisierung und Abwertung
„des Osten“ im öffentlichen Diskurs bis heute.

Ist das Bild vom „braunen Osten“ problematische Zuschreibung oder bittere
Realität? Ist es sinnvoll oder berechtigt, eine Art Opferdiskurs über „die
Ostdeutschen“ zu führen? Wie können wir angemessen über strukturelle
Benachteiligungen und Marginalisierung von Ostdeutschen sprechen – und
diese verändern? Gibt es die mitunter behauptete „Kolonisierung“ „des
Ostens“ durch „den Westen“?

Diese und weitere Fragen diskutiert BTU-Professorin Dr. Heike Radvan
unter dem Titel

„Der Osten: Alles eine Konstruktion des Westens?“
Dienstag, 30. Mai 2023, um 19 Uhr
an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg,
Zentralcampus Cottbus, Zentrales Hörsaalgebäude (ZHG), Hörsaal A

mit folgenden Podiumsgästen:

Prof. Dr. Gesine Grande
Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg. Sie ist die erste Präsidentin
einer Universität mit ostdeutscher Biografie.

Prof. Dr. Patrice Poutrus
Historiker und Gastprofessor an der Technischen Universität Berlin. Er
forscht und lehrt unter anderem zu Rassismus und Erinnerungskultur in der
DDR.

Ulrike Kremeier
Kunsthistorikerin und Direktorin des Brandenburgischen Landesmuseums für
moderne Kunst (BLMK) in Cottbus. Sie kuratiert und beforscht begeistert
Kunst aus der DDR.

Prof. Dr. Heike Radvan forscht und lehrt an der BTU am Fachgebiet Methoden
und Theorien Sozialer Arbeit I unter anderem zur extremen Rechten und zu
Antisemitismus in der DDR und in der Gegenwart.

Interessierte sind zu der öffentlichen Veranstaltung herzlich eingeladen.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich

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Wahlreform mit Haken – eine wahlsystematische Randnotiz

Ein Kommentar von FAU-Wahlrechtsexperte Prof. Dr. Michael Krennerich

Es gibt wohl kaum Themen, die die Oppositionsparteien der Union und der
Linken zu einer solchen Eintracht einen: Die Wahlrechtsreform, über die
der Bundestag heute abstimmt, wird von ihnen heftig kritisiert, ein Gang
vor das Bundesverfassungsgericht scheint wahrscheinlich. An der Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beschäftigt sich Prof. Dr.
Michael Krennerich seit Jahren mit Wahlen und den zugrundeliegenden
Wahlsystemen – ein Kommentar.

Keine Frage, der Bundestagstag ist aktuell zu groß. Statt der vorgesehenen
Zahl von 598 Sitzen wuchs der Bundestag aufgrund von Überhang- und
Ausgleichsmandaten 2017 auf 709 und 2021 auf 763 Abgeordnete an. Damit ist
der Bundestag weltweit das größte Parlament in einer liberalen Demokratie
und er droht aufgrund der Veränderungen der Parteienlandschaft noch weiter
anzuwachsen. Abgesehen von der Frage der Arbeits- und Funktionsfähigkeit
stößt ein solch aufgeblähtes Parlament auf Akzeptanzprobleme in der
Bevölkerung. Eine Reform ist überfällig.

Gelungene Reform – auf den ersten Blick

Vorderhand scheint der Reformvorschlag gelungen. Die Zahl der Abgeordneten
wird auf 630 festgelegt und an dem Repräsentationsprinzip der
Verhältniswahl wird konsequent festgehalten: Die Parteien erhalten so
viele Mandate im Parlament wie ihnen nach Zweitstimmen, künftig
„Hauptstimmen“ genannt, zustehen. Jedoch wird dies über die Abschwächung
der Persönlichkeitselemente der mit der Personenwahl verbundenen
Verhältniswahl erkauft.

Das zentrale Merkmal – und zugleich die wesentliche Stärke – der
personalisierten Verhältniswahl besteht darin, dass sie die Vergabe von
Direktmandaten in Einerwahlkreisen mit dem Repräsentationsprinzip der
Verhältniswahl verknüpft. In internationalen Wahlsystemreformdebatten wird
dies mitunter geschätzt, weil dadurch im Prinzip möglich (obgleich in der
Praxis nicht immer gegeben) ist, eine enge Wahlkreisanbindung der
Abgeordneten zu gewährleisten und gleichzeitig faire, proportionale
Ergebnisse herbeizuführen. Neuseeland hat aus diesem Grund in den 1990er-
Jahren das britische Mehrheitswahlsystem abgeschafft und ein dem deutschen
System nachempfundenes „Mixed Member Proportional System“ eingeführt.

Weltweit einzigartig: Wahlkreis gewonnen und am Ende dennoch verloren

Die vorgeschlagene Wahlreform für den deutschen Bundestag hält in einer
abgeschwächten Form an der personalisierten Verhältniswahl fest, enthält
aber ein weltweit einzigartiges Element: Der Sieger oder die Siegerin im
Wahlkreis kann leer ausgehen. Da nur noch so viele direkt gewählte
Abgeordnete eines Bundeslands in den Bundestag einziehen dürfen, wie der
jeweiligen Partei dort nach ihrem Zweitstimmenergebnis zustehen, enthalten
– infolge dieser „Hauptstimmendeckung“ – möglicherweise nicht alle direkt
gewählten Abgeordneten auch tatsächlich einen Sitz im Parlament. Dies
verstößt aber gegen das demokratische Prinzip, das da heißt: Wer im
Wahlkreis gewählt ist, ist gewählt. Ihm oder ihr sollte nicht das Mandat
vorenthalten oder nachträglich entzogen werden.

Die Grundmandatsklausel, die abgeschafft werden soll, ist wiederum kein
zwingendes Element der personalisierten Verhältniswahl; sie bricht aber
mit der bundesdeutschen Wahltradition, da dem deutschen Föderalismus
Regionalparteien nicht fremd sind. Die Klausel sieht bislang vor, dass
eine Partei, die drei Direktmandate erhält, so viele Abgeordnete in den
Bundestag entsendet, wie ihr gemäß Zweitstimmen proportional zustehen. Sie
ermöglicht Parteien, die 5-Prozent-Hürde zu umgehen, die in Deutschland
eine Zersplitterung des Parteiensystems im Parlament verhindern soll.
Dadurch sollen diejenigen Parteien im Bundestag proportional repräsentiert
werden, die zwar nicht bundesweit, aber örtlich oder regional besonders
stark vertreten sind, also sogenannte „profilierte Schwerpunktparteien“.

Ungeachtet der vielen mehr oder minder klugen Wahlreformvorschläge, welche
die Parteien diskutiert haben: An eine grundlegende Wahlreform haben sie
sich nicht getraut. Wenn man aber an dem bestehenden Wahlsystemtyp der
personalisierten Verhältniswahl – und sei es auch nur in abgeschwächter
Form – festhält, dann muss man den Wähler/-innenwillen bei der Direktwahl
von Abgeordneten respektieren. Es ist nicht auszuschließen, dass dies das
Bundesverfassungsgericht ähnlich sieht.

Über Prof. Michael Krennerich

Michael Krennerich ist Professor für Politische Wissenschaft an der FAU
und internationaler Wahlrechtsexperte. Im Jahr 2021 verfasste er das Buch
„Freie und faire Wahlen? Standards, Kurioses, Manipulationen“, das auch
ins Englische und Französische übersetzt wurde.

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