Studie skizziert Schlüsselrolle der Politik bei Emissionskontrolle der deutschen Wasserstoffwirtschaft
Wasserstoff wird in einer kohlenstoffarmen Wirtschaft eine zentrale Rolle
spielen. Seine Wertschöpfungskette ist jedoch mit
Emissionsherausforderungen verbunden. Eine vom Forschungsinstitut für
Nachhaltigkeit (RIFS) – Helmholtz-Zentrum Potsdam mit Unterstützung vom
Environmental Defense Fund (EDF) erstellte Studie bewertet die
Auswirkungen klimawirksamer Emissionen in der künftigen
Wasserstoffwirtschaft Deutschlands. Darin enthalten sind Empfehlungen für
deutsche als auch EU-Entscheidungstragende, wie Emissionen vermieden und
kontrolliert werden können.
Es besteht die Hoffnung, dass Wasserstoff eine kohlenstoffneutrale
Alternative zu fossilen Brennstoffen werden kann, da bei der Verbrennung
von Wasserstoff kein Kohlendioxid (CO2) entsteht. Wasserstoff wird oft als
einzige praktikable Lösung für die Dekarbonisierung von Industriesektoren
wie der Stahl- und Chemieproduktion angesehen. Daher ist er zu einem
integralen Bestandteil der nationalen Klimastrategie Deutschlands
geworden, um bis 2045 als Europas größter Emittent die Netto-Null zu
erreichen.
Bisher konzentrierte sich die politische Debatte in Deutschland darauf,
eine rasche Steigerung der Produktion von erneuerbarem – oder „grünem“ –
Wasserstoff zu ermöglichen und die notwendige Infrastruktur sowohl in
Deutschland als auch in Europa aufzubauen. Dabei wurde bisher kaum
beachtet, dass der Einsatz von Wasserstoff unabhängig von der
Produktionsmethode mit Emissionsproblemen verbunden ist, die angegangen
werden müssen, wenn er einen Nutzen für das Klima haben soll. In der
Studie „Controlling Emissions in Germany's Future Hydrogen Economy“
bewerten die Autoren diese Emissionen – zu denen Methan-, Kohlendioxid-
und Wasserstoffemissionen selbst gehören – und ermitteln politische Hebel
auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene, um die
Auswirkungen zu minimieren.
„Während die EU nach fünf Jahren Green-Deal-Politik auf den nächsten
großen politischen Meilenstein zusteuert – den EU Clean Industrial Deal –
ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie sich beim Aufbau einer
wettbewerbsfähigen Wasserstoffindustrie weiterhin auf die Reduzierung
schädlicher klimawirksamer Emissionen konzentriert“, sagt Léa Pilsner,
Senior Policy Manager beim EDF Europe.
Die Erwärmungswirkung von Wasserstoff als indirektes Treibhausgas (THG)
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Wasserstoffemissionen einer
Wasserstoff-Wertschöpfungskett
basiert, im Jahr 2045 etwa elf Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (GWP100)
betragen würden. Um dies in die richtige Perspektive zu rücken: Dies
entspricht etwa 17 Prozent der prognostizierten restlichen
Treibhausgasemissionen Deutschlands im Jahr 2045 in seinen Netto-Null-
Szenarien.
Obwohl Wasserstoff selbst kein direktes Treibhausgas ist, führen seine
chemischen Reaktionen in der Atmosphäre zu einer Zunahme anderer
Treibhausgase, nämlich Methan, troposphärischem Ozon und stratosphärischem
Wasserdampf. Unter Berücksichtigung dieser Reaktionen ist das globale
Erwärmungspotenzial von Wasserstoff über einen Zeitraum von hundert Jahren
mehr als elfmal höher als das von CO2.
Studie zeigt Szenarien für eine künftige deutsche Wasserstoffwirtschaft
auf
„Wir müssen sicherstellen, dass die Entwicklung von Wasserstoff
umweltverträglich erfolgt, und das bedeutet, die Emissionen zu minimieren
– auch die von Wasserstoff selbst“, sagt Studienautorin Kathleen Mar – „es
sind Kontrollmaßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass das
Versprechen von Wasserstoff als kohlenstoffarmer Brennstoff verwirklicht
werden kann.“
Ausgehend von der Nationalen Wasserstoffstrategie Deutschlands entwickeln
die Autoren mehrere illustrative Szenarien für eine künftige deutsche
Wasserstoffwirtschaft, die auf im Inland produziertem grünem Wasserstoff
und importiertem grünem und blauem Wasserstoff basiert. In einem nächsten
Schritt quantifizieren die Autoren die erwarteten
Wasserstoff-(H2)-Emissionen zusammen mit den Methan-(CH4)- und
Kohlendioxid-(CO2)-Emissionen (für den Fall von blauem Wasserstoff) dieser
Szenarien und ihr Treibhauspotenzial.
Die Studie untersucht auch mögliche Ansatzpunkte für politische Maßnahmen
zur Reduktion oder dem Vermeiden der Emissionen. Sie bietet einen
Überblick über die aktuelle deutsche und EU-Regulierungslandschaft, die
für den Wasserstoffsektor relevant ist. Abschließend werden Empfehlungen
gegeben, wie Emissionen entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskett
berücksichtigt und kontrolliert werden können.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Wasserstoffemissionen tragen zum Klimawandel bei und es sind politische
Maßnahmen erforderlich, um diese Emissionen zu reduzieren oder zu
vermeiden.
- Wir schätzen, dass Wasserstoffemissionen hauptsächlich am Produktionsort
entstehen, wo sie kontrolliert werden können.
- Die Europäische Union sollte die Rolle von Wasserstoff als indirektes
Treibhausgas anerkennen und Wasserstoffemissionen in die Methoden zur
Berechnung der Emissionseinsparungen durch Wasserstoff einbeziehen.
- Die EU sollte den Rechtsrahmen stärken, um alle klimawirksamen
Emissionen aus der Produktion von blauem Wasserstoff in der EU und im
Ausland einzudämmen.
- Die Ausweitung der EU-Methanverordnung auf Methanemissionen aus
importiertem Wasserstoff und seinen Derivaten ist ein wichtiger erster
Schritt in Richtung eines robusteren Rechtsrahmens.
„Am Beispiel Deutschlands zeigt unsere Studie, wie wichtig es ist, die
Auswirkungen von drei wichtigen direkten und indirekten Treibhausgasen
(THG) im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wasserstoff – Methan,
Kohlendioxid und Wasserstoff selbst – nicht zu unterschätzen“, sagt
Studienautor Rainer Quitzow vom RIFS. "Die vorgelegten Ergebnisse sind ein
Aufruf für kluge politische Entscheidungen, die Klima- und
Wirtschaftszwänge in Einklang zu bringen.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Kathleen A. Mar
+49 331 6264-22366
Rainer Quitzow
+49 331 6264-22374
Originalpublikation:
Kathleen A. Mar, Rainer Quitzow, Finn Haberkost, Mona C. Horn, Hannah
Lentschig, Charlotte Unger, Andreas Goldthau: Controlling Emissions in
Germany’s Future Hydrogen Economy. Entry-Points for Policy Action, RIFS
Study 10/2024. DOI: 10.48481/rifs.2024.016
Kathleen A. Mar & Rainer Quitzow: Controlling emissions in a European
hydrogen economy Greenhouse gas (GHG) emissions from a future hydrogen
economy could be substantial if not adequately managed. RIFS Policy Brief
02/2024. DOI: 10.48481/rifs.2023.030