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Altmaier sollte „Nationale Industriestrategie 2030“ überarbeiten

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Forscher des IfW Kiel äußern sich lobend darüber, dass
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit der „Nationalen
Industriestrategie 2030“ eine Diskussion über die Zukunft des
Wirtschaftsstandortes Deutschland angestoßen hat. Gleichzeitig kritisieren
sie die konkreten Vorschläge aber als ungeeignet, um die anstehenden
Herausforderungen zu bewältigen. In einem Positionspapier empfehlen sie
vor allem, den europäischen Binnenmarkt und das Wettbewerbsrecht zu
stärken sowie das Bildungssystem zu reformieren.

„Das Konzept des Ministeriums spiegelt das Unbehagen und die Unsicherheit
wichtiger Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft darüber wider,
wie man der Dominanz globaler Technologieführer und der aggressiven
Subventionspolitik aufstrebender Länder begegnen sollte“, sagte Gabriel
Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und
Mitautor des Positionspapiers „Zeit für eine neue Industriepolitik?"
(https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kiel-policy-briefs/2019/zeit-
fuer-eine-neue-industriepolitik-0/
), das heute in der Schriftenreihe Kiel
Policy Brief erschienen ist. „Die Vorschläge sind aber zu sehr darauf
ausgerichtet, Traditionelles zu bewahren, anstatt erfolgreich die Weichen
für Veränderungen zu stellen, und verharren zu oft in nationalstaatlichem
Denken.“

Um großen Ländern wie den USA oder China auf Augenhöhe zu begegnen, sollte
Altmaier stärker auf die europäische Gemeinschaft setzen. „Ein großer und
starker europäischer Binnenmarkt erlaubt es den Unternehmen, schnell zu
wachsen und Standards zu setzen. Er ist der wichtigste Trumpf in der
internationalen Durchsetzung europäischer Vorstellungen. Deutschland
sollte zum entschiedenen Motor für den weiteren Ausbau werden“, sagte
Felbermayr. „Der Brexit schwächt den Binnenmarkt. Deutschland muss alles
tun, um ihn zu verhindern oder wenigstens das Vereinigte Königreich in
eine Zollunion einzubinden.“

Bildungssystem reformieren

Einen Zielwert für den Anteil der deutschen Industrie an der
Bruttowertschöpfung beurteilen die IfW-Forscher ebenso als falsch, wie
einen Bestandsschutz für „nationale Champions“ wie Siemens, Thyssen-Krupp,
die führenden deutschen Automobilhersteller oder die Deutsche Bank. „Die
Identifikation von Schlüsseltechnologien sollte den freien Märkten
obliegen. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, und er ist auch
nicht der bessere Investor“, sagte Felbermayr.

Der Strukturwandel, weg von der (verarbeitenden) Industrie hin zu einer
Dienstleistungs-Ökonomie, sollte von der Politik gefördert und nicht
behindert werden. Dafür sei es wichtig, das Bildungssystem zu reformieren.
Reine Wissensvermittlung trete zunehmend in den Hintergrund. Ziel müsse
sein, lebenslanges Lernen und die Anpassung des Einzelnen an sich
verändernde Anforderungen bestmöglich zu unterstützen. Dies sei im
derzeitigen System der starren Bund-/Länderfinanzierung mit vielen
Bürokratiehürden nur beschränkt möglich.

Die Forscher empfehlen außerdem mehr internationale Kooperationen.
„Technologieführerschaft ist teuer und gerade für ein kleines Land wie
Deutschland nicht immer die optimale Strategie“, so Felbermayr. Durch eine
international vernetzte Grundlagenforschung und die konsequente Einbindung
in die internationale Arbeitsteilung könne die deutsche Wirtschaft auch
von Innovationen in Bereichen profitieren, in denen sie nicht selbst
Technologieführer ist.

Europäisches Wettbewerbsrecht stärken

Das europäische Wettbewerbsrecht sollte gestärkt, und nicht zugunsten der
Schaffung „europäischer Champions“ ausgehebelt werden. Mit ihm würden die
Innovationsanreize europäischer Unternehmen verbessert und Marktmissbrauch
zu Lasten der Konsumenten verhindert. Außerdem fehle in Deutschland bzw.
Europa der Zugang zu Wagniskapital. Dies sei aber nötig, um die geringe
Wachstumsdynamik junger Technologieunternehmen in Europa und einen Verkauf
oder einen Weggang in die USA zu verhindern. Im Inland empfehlen die
Forscher außerdem mehr öffentliche Investitionen in Infrastruktur,
Verwaltung und nationale Sicherheit sowie eine Reform des
Unternehmenssteuerrechts.

„Die bisherige zurückhaltende Industriepolitik Deutschlands ist ein großer
Erfolg und hat 1.300 Hidden Champions hervorgebracht. Deutschland ist kein
Opfer der Globalisierung, es ist einer der größten Nutznießer“, sagte
Felbermayr. „Eine neue Industriepolitik sollte sich im Wesentlichen im
internationalen Standortwettbewerb bewähren, nicht im Wettlauf um die
wirksamste Protektion heimischer Strukturen." Felbermayr stellt die Kieler
Position heute im Wirtschaftsministerium vor.

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