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Stadt Dortmund Infos:Haushaltsrede von Jörg Stüdemann/Stadtkämmerer 29.09.2016 - Es gilt das gesprochene Wort -

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Immer wieder aufstehen – der Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2017!

 

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

 

das Ritual, meine Damen und Herren, ist Ihnen wohlvertraut: Sie erhal­ten heute den Haushaltsplanentwurf für das kommende Jahr zur politi­schen Beratung und zur Beschlussfassung für den 08.12.2016. Man könnte die Themen, die unseren Haushaltsentwurf begleiten regelmäßig wiederholen und im Rat aufrufen, denn an den Grundproblemen unserer Haushaltskonstruktion hat sich wenig geändert. Geradezu eine ennervie­rende Konstanz beweisen die Parameter: Das Klettern von Sozialausga­ben bei einer gleichzeitigen finanziellen Unterausstattung der Städte durch Bund und Land, vor allem der Städte und Gemeinden im wirt­schaftlichen Strukturwandel. Zu gern wird von Bund und Land das Kon­nexitätsprinzip mit Füßen getreten, wenn sozialpolitische Neuerungen oder Handlungsnotwendigkeiten auf kommunaler Ebene bewältigt wer­den müssen. Mal fehlen finanzielle Mittel von Bund und Land für die moderne Stadtentwicklungspolitik, dann wieder die ausreichende Finan­zierung der Flüchtlingsaufnahme oder sektoral in sozialen Transferberei­chen.

 

Eine eigentümliche Dialektik beherrscht unsere Haushaltsdynamik seit Jahren: Wir reduzieren Aufwände in der Verwaltung, sparen an jeder denkbaren Ecke, senken die Kosten. Ausstellungsbudgets für Museen werden reduziert, die Konzertfrequenz geht runter, die Fahrzeugsbe­schaffung wird rationalisiert, in der Pflege des öffentlichen Grüns sind wir mittlerweile Benchmarksetzer, wenn es um das Billigkeitsprinzip geht, die Investitionssteuerung optimieren wir von Jahr zu Jahr usw. Zeitgleich aber steigt der Aufwand bei den sozialen Leistung kontinuier­lich und rasant an, ohne dass die finanziellen Unterstützungen von Bund und Land im gleichen Ausmaß mithalten wollten. Man könnte durchaus fatalistisch die Situation ertragen, sie gar stöhnend für unabänderlich er­achten. Doch wie im geliebten Fußball gilt das Motto “Immer wieder aufstehen!“

 

Zum Jammern ist keine Zeit. Immerhin haben wir es zustande gebracht, in den letzten Jahren mit dem städtischen Haushalt weder in die Haus­haltssicherung hineinzugeraten, noch sind wir auf millionenschwere zu­sätzliche Landesmittel angewiesen, damit im Stärkungspakt für Kommu­nen auch wir den Haushaltsausgleich eines Tages erreichen. Unsere Handlungsfreiheit ist uneingeschränkt. Wir können einen Höchststand der Investitionsleistung in der Stadtverwaltung aufweisen - das gilt für die Jahre seit 2015 kontinuierlich über den nächsten mittelfristigen Per­spektiven hinweg. Über 200 Millionen € jährliche Investitionsleistungen sind ein Wort. Sie bilden sich im Straßenbau, bei Beschaffungen und im Hochbau ab. Allein die 24 aktuellen Schulbauprojekte haben ein Investi­tionsvolumen von 138 Mio Euro. Und wir können einen Haushalt vorle­gen, der ohne Steuererhöhungen, ohne zusätzliche Belastungen der Bür­gerinnen und Bürger in Dortmund auskommt.

 

Wir reduzieren ebenfalls nicht die städtische Infrastruktur oder die Leis­tungserbringung. Das Sortiment an Freizeit-, Sport- und Kulturangeboten bleibt unangetastet. Unsere Jugendhilfe genauso wie die Kinder- und Ju­gendförderung bleiben stark. Mit einigem Stolz vermelden wir, dass der genehmigungsfähige Haushalt für das Jahr 2017 uns ermöglicht, die Projekte der Nordwärts-Kampagne fortzusetzen, im Schulbau, beim Sportstättenbau, bei der Kindertagesbetreuung oder bei den Verwal­tungsimmobilien Akzente zu setzen. Schließlich sind sogar die flücht­lingsbezogenen Kosten im Haushalt platziert, ohne eine strukturelle Ge­fährdung auszulösen.

 

 

Doch ohne eine Portion Glück und eine Menge eigener Anstrengungen wäre die Fundierung der Dortmunder Politik mit einem genehmigungs­fähigen Haushalt nicht möglich gewesen. Zum einen haben sich über die Sommerwochen 2016 durchaus finanzielle Verbesserungen für unsere Haushaltsaufstellung dadurch ergeben, dass die Bundesregierung und die Landesregierung insbesondere im Bereich der Sozialausgaben und der Flüchtlingsbetreuung finanzielle Mehrausstattungen zugesagt haben für das Jahr 2017ff. Zum anderen basiert die Chancenverwertung innerhalb des Haushaltes auf Sparanstrengungen und Verabredungen, die Sie im Programm des Memorandumsprozesses ,,Die Stadt zuerst!“ niedergelegt sehen.

 

Nun ein wenig Haushaltschinesisch

 

Im Haushaltsplanentwurf 2017 stehen sich Aufwendungen in Höhe von 2.416.363.086, - € und Erträge in Höhe von 2.361.833.669, - € gegen­über. Folglich schließt dieser Haushaltsplanentwurf mit einem Defizit in Höhe von 54.529.417, - € ab. Dieses Defizit kann nur über die Reduktion des Eigenkapitals, also über die Minderung der Allgemeinen Rücklage ausgeglichen werden. In Höhe des Jahresdefizites werden wir Liquidi­tätskredite aufnehmen müssen, die wir zu einem späteren Zeitpunkt zu­rückzahlen müssen.

 

Als Planungsgrundlagen für den Haushalt hatten wir die Mai-Steuer­schätzung des Landes 2016, die Modellrechnung für das Gemeindefi­nanzierungsgesetz aus dem Juli 2016, die Orientierungsdaten des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Juli 2016 und den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 14.7.2016. Ferner fanden Ein­gang die Budgetgespräche zwischen Dezernaten und Kämmerer vom 18. April bis 29.4.2016 und eine ganze Reihe von Haushaltsberatungen in­nerhalb des Verwaltungsvorstandes unter Leitung des Oberbürgermeis­ters.

 

Die Verbesserungen bei wesentlichen Ertragspositionen ergaben sich bei den Schlüsselzuweisungen in Höhe von 8,4 Mio. € für das Jahr 2017, bei Steuern in Höhe von 4,7 Million €, bei den Integrationskosten­entlastungen des Bundes, die noch vom Land an die Kommunen durch­gereicht werden müssen, in Höhe von 7 Mio. € und durch die Bundes­entlastung für Kommunen, die sich im Gemeindeanteil der Umsatz­steuer, in der höheren Ausstattung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und bei der Umsatzsteuer, die über die Schlüsselmasse GSG verteilt wird, niederschlagen. In der Summe können wir sagen, dass wir durch diese Entlastungen ab 2018 jeweils gegenüber den bisherigen Haushaltsaufstellung und 18 bzw. später gut 16 Mio. € Ergebnisverbes­serung davontragen.

 

Auch sind die Immobilienaufwendungen neu kalkuliert worden mit Ver­besserungseffekten in den Jahren 2018 - 2020. Besonders weitreichend hat sich die Zinsentwicklung ausgewirkt, wir konnten in den Jahren 2017-2020 die Zinsaufwendungen von 16,4 - 32,4 Mio. € mindern, da die Niedrigzinsphase anhält und absehbar keine Wende in Sicht ist. Doch wir haben auf der anderen Seite auch gewaltige Mehraufwendungen bei den Personal- und Versorgungskosten davongetragen für die Jahre 2017 - 2020 und in die Haushaltsplanaufstellung einarbeiten müssen. Hier stei­gen die Belastungen um jährlich 34,7 Mio. € aufwachsen auf 38,8 Mio. € per anno. Die Gründe liegen bei Neueinstellungen von Per­sonal, Anpassung an die Tarif- und Besoldungssteigerung und die damit korrespondierenden Erhöhungen von Pensionsrückstellungen.

 

Zur Gegensteuerung der Kostenentwicklung legt die Verwaltung dem Rat das Paket der sogenannten Memorandum-Projekte vor, die eine Ge­samtverbesserung in der Ergebnisrechnung von 16,453 Mio. € erzeugen sollen. Das Programm zur Senkung von Aufwänden ist integraler Be­standteil der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2017 und ist differenziert nach Vorhaben, die die Verwaltung eigenständig initiieren kann, und nach solchen, die vom Rat als Katalogbeschluss zu beschließen sind. Für die Beratung stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

Sie ent­decken allerdings noch keine nächsten Projekte aus dem Memorandum Prozess aus dem Jahre 2018 ff., da wir diese strukturellen Veränderun­gen aktuell erst vorbereiten. Im Laufe des Jahres 2017 können wir Ihnen die nächsten Arbeitsergebnisse so fristgerecht vorlegen, dass sie in der Haushaltsaufstellung 2018 ihren Niederschlag finden werden.

In der Konsequenz meint der vorgelegte Haushaltsplanentwurf, dass die Stadt Dortmund sich 23,2 Mio € von der sogenannten 5 % - Hürde ent­fernt hält. Damit bewegen wir uns in einem tolerierten Niveau des Ver­zehrs der Allgemeinen Rücklage, das noch keine Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 GO NRW auslöst. Ent­scheidend aber ist, ob wir in der Perspektive eine Chance zum Haus­haltsausgleich haben, um schließlich in die Entschuldung eintreten zu können. Die mittelfristige Planung sieht Jahresfehlbeträge für das Jahr 2018 in Höhe von 31,5 Mio. €, für 2019 in Höhe von 38,9 Mio. € und für 2020 in Höhe von 6,8 Mio. € vor. Subtrahieren sie die Effekte des Me­morandum-Programms für die nächsten Jahre, sehen Sie, meine Damen und Herren, dass der Haushaltsausgleich für Dortmund in eine greifbare Perspektive rückt.

Ich möchte allerdings mit Nachdruck unterstreichen, dass wir für das Jahr 2017 noch mit einigen Risiken in der Haushaltsaufstellung umgehen müssen.

  1. Der LWL hat uns in den letzten Wochen mit der Idee konfrontiert, die Umlage nochmals deutlich zu erhöhen, woraus für den Haus­haltsplanentwurf 2017 ein Risiko 15 Mio. € Ergebnisverschlechte­rung resultiert. Dortmund weist die Berechnungen des LWL als Begründungsgrundlage für sein Ansinnen mit Entschiedenheit zu­rück und fordert den Umlageverband dazu auf, eine situationsan­gemessene Umlagesteigung anzustreben.
  2. Zur allgemeinen Verärgerung hat die Landesregierung NRW wohl die Absicht, die Integrationsmittel des Bundes zur Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Bewältigung der Flüchtlings­thematik nicht durchzureichen an die Kommunen, sondern für ei­gene Integrationsaufgaben zu behalten. Der Streit über diese Idee ist landespolitisch heftig entbrannt, und wir hoffen natürlich, dass die Landesregierung auf den Weg der Tugend zurückfindet und die Mittel an die richtige Bezugsadresse weiterreicht – wie es ur­sprünglich zugesichert worden war. Das Risiko für den Haushalts­planentwurf 2017 beläuft sich auf 7 Mio. € Verschlechterung, falls die Landesregierung nicht umzustimmen ist. So komfortabel unsere derzeitige Distanz von der Haushaltssicherungsgrenze auf den ers­ten Blick erscheint, so sehr kommt es auch darauf an, dass die ver­bandspolitischen oder politischen Streitigkeiten zu unseren Guns­ten entschieden werden können und dass das Memorandumspaket stabil bleibt.

 

Nun noch ein Wort zu den Investitionen:

Bislang waren im Haushaltsplan 2016 für das Jahr 2017 45 Mio. € und für das Jahr 2018 30 Mio. € für Flüchtlingsunterkünfte eingeplant, wo­von im Haushaltsplanentwurf 2017 lediglich 4 Mio. € für das Jahr 2017 veranschlagt werden. Dies ist auf den Rückgang des Flüchtlingszustro­mes nach Deutschland zurückzuführen. Durch den verminderten Zu­wachs kommunal zugewiesener Flüchtlinge werden nicht alle geplanten Unterkünfte benötigt. Die bereits geschaffenen  Unterbringungsmöglich­keiten reichen aus, um die im Haushaltsplanentwurf 2017 berücksich­tigten 40 Zugänge pro Woche zu bewältigen. Zudem werden bestehende Unterkünfte strukturell auf die Notwendigkeit hin überprüft und ggf. ge­schlossen bzw. einer anderen Nutzung zugeführt.

Aufgrund dessen hat sich der Investitionssaldo von rd. 122 Mio. € auf rd. 87 Mio. € im Jahr 2017 verringert.

Um die Integration in den Schulbetrieb der in Dortmund lebenden Flüchtlingskinder gewährleisten zu können, werden ab dem Jahr 2017 weitere Willkommensklassen errichtet. Diese Maßnahme soll im Jahr 2020 abgeschlossen sein. Insgesamt wird ein Investitionsbudget in Höhe von rd. 30,2 Mio. € zur Umsetzung der Willkommensklassen zur Verfü­gung gestellt.

Zudem investiert die Stadt Dortmund im Hochbaubereich ab 2017 ff. u. a. in den Ausbau der Kindertageseinrichtungen (rd. 19 Mio €), in die Er­richtung von Sport-, Turn- und Gymnastikhallen (rd. 35 Mio €), in die Schulsanierung bzw. –erweiterung (rd. 28,5 Mio. €) und in den Senio­renbegegnungsstätten (rd. 3 Mio. €).

Bei den sonstigen Investitionsmaßnahmen ab 2017 ff. ist u. a. das Projekt „Nordwärts“ mit einem Investitionsvolumen von rd. 7,7 Mio. €, die IT-Ausstattung der Schulen von rd. 7,2 Mio. €, die Zuschusserhöhung The­ater von rd. 1,4 Mio. € und das Zukunftsprogramm Zoo von rd. 12 Mio. € besonders zu erwähnen.

Die vorgezeigten Ausführungen zur Haushaltskonstruktion beweisen folgendes: Rat und Verwaltung der Stadt Dortmund können mit Schwie­rigkeiten konstruktiv handelnd umgehen, wir lassen uns nicht schnell aus der Bahn werfen, wir sind Meisterinnen und Meister der Resilienz. Trot­zig werden wir immer wieder aufstehen, uns schütteln und dann den Haushaltsausgleich für Dortmund herbeiführen. Die Verwaltung legt Ih­nen mit dem Haushaltsplanentwurf 2017 keine komplizierten Entschei­dungen vor, auch wenn zugestandenermaßen der politische Gestaltungs­spielraum für die Haushaltsbefassung knapp bemessen ist. Mir bleibt Dank zu sagen an alle beteiligten Fachbereiche und an die Stadtkämme­rei für die geleistete Arbeit und für die bewiesene Selbstdisziplin. Mit dem Haushaltsplanentwurf 2017 richten wir unsere Stadt weiter auf die Zukunft aus, auf eine wachsende, attraktive Stadt, die den wirtschaftli­chen Strukturwandel intelligent zu formen weiß.

Nach Einbringung des Haushaltsplanentwurfes heute haben jetzt die Fachausschüsse, die Bezirksvertretungen, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt die Möglichkeit, Veränderungen zu beraten. Die Resultate die­ser Meinungsbildung werden von der Verwaltung zusammengefasst und nach vorheriger Beratung im Ausschuss für Finanzen und Liegenschaf­ten dem Rat in seiner Sitzung am 08.12.2016 zur endgültigen Beschluss­fassung vorgelegt. Anschließend wird die Haushaltssatzung 2017 der Bezirksregierung Arnsberg gemäß § 75 GO NRW zur Genehmigung zu­geleitet.

Ich wünsche Ihnen eine konstruktive Beratung des Haushaltsplanent­wurfs 2017.

Ihr

Jörg Stüdemann