Chronische Nierenkrankheit in der hausärztlichen Versorgung: Aktualisierung der Leitlinie für verbesserte Empfehlungen
Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e. V. (DGfN) hat gemeinsam mit
der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.
(DEGAM) ihre Leitlinie zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit
chronischer, nicht dialysepflichtiger Nierenkrankheit (CKD) grundlegend
aktualisiert (1).
Die Leitlinie bezieht sich auf die hausärztliche
Versorgung der Betroffenen und hat zum Ziel, die Früherkennung und
Behandlung der CKD zu verbessern, um langfristige Gesundheitsrisiken und
die Dialysepflichtigkeit zu minimieren.
Begleitend zum Update der Leitlinie haben beide Fachgesellschaften die
Erstellung eines deutschsprachigen Online-Rechners ("Kidney Failure Risk
Equation") unterstützt, mit dem das Risiko eines
nierenersatztherapiepflichtige
werden kann.
Die Pressemitteilung finden Sie auch hier:
https://www.dgfn.eu/pressemeld
versorgung-aktualisierung-der-
Neuerungen in Diagnostik und Therapie
Die am 26.11.2024 veröffentlichte überarbeitete S3-Leitlinie enthält
aktualisierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie, die auf den
neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Die Notwendigkeit der
Bestimmung der Albuminurie (Albumin-Kreatinin-Ratio im Urin, UACR) bei der
Diagnosestellung dient nicht nur zur Stadien-Einteilung von
Nierenkrankheiten. Sie ist darüber hinaus notwendig, um die Indikation
zum Einsatz von SGLT-2-Inhibitoren zur Progressionsverlangsamung der CKD
bei Patientinnen und Patienten mit Nachweis einer Albuminurie oder
eingeschränkten Nierenfunktion zu stellen. Die UACR kann unter
Berücksichtigung von Alter und Geschlecht bei der Abschätzung des Risikos
zum Nierenversagen mit geeigneten Risikoscores, z.B. KFRE (Kidney Failure
Risk Equation), ermittelt werden. Zusätzlich wird in der Leitlinie bei
Erstdiagnose eine Sonographie der Nieren empfohlen.
Vorgehen bei Erstdiagnose und etablierter CKD
Bei der Erstdiagnose von CKD definiert die Leitlinie CKD anhand der
Nierenfunktion, gemessen als glomeruläre Filtrationsrate (eGFR), oder
anhand struktureller Veränderungen und/oder anhand eines erhöhten Albumins
/Kreatinin-Verhältnisses im Urin (UACR). Zur Abgrenzung von der akuten
Nierenerkrankung (Acute Kidney Disease, AKD) müssen die Veränderungen
mindestens drei Monate bestehen. Bei rascher Progression der CKD, eGFR
unter 30 ml/min/1,73 m² oder bei einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m² und
weiteren Hinweisen auf eine Nierenerkrankung, wird eine Überweisung zum
Nephrologen empfohlen. Genetische Erkrankungen oder Syndrome wie multiple
Zystennieren sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei gesicherter CKD
liegt der Schwerpunkt auf kontinuierlichem Monitoring und angepasster
Behandlung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die
Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Prognose und Prävention
Ein zentraler Aspekt der Leitlinie ist die Verbesserung der
Risikoeinschätzung für das Fortschreiten der CKD bis hin zum
Nierenversagen. Hierzu werden neue Risikoscores empfohlen, die das Alter
der Patientinnen und Patienten berücksichtigen und damit eine
individuellere Therapieplanung ermöglichen. Tipp für die hausärztliche
Praxis: Ab sofort ist – von der DEGAM und der DGfN ermöglicht – ein
deutschsprachiger Online-Rechner ("Kidney Failure Risk Equation")
kostenfrei verfügbar, um in der Praxis das Risiko eines
nierenersatztherapiepflichtige
Patienten haben darüber hinaus ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Es
werden daher in der Leitlinie Empfehlungen zur Behandlung mit Statinen und
der Indikation von Thrombozytenaggregationshemmer
die Leitlinie spezifische Impfempfehlungen für CKD-Patienten, die von den
allgemeinen Impfempfehlungen für die Bevölkerung abweichen.
Abgestimmte Versorgung
Bei rund acht bis zehn Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland
mit CKD ist klar, dass die Betroffenen zum größten Teil hausärztlich
versorgt werden. Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, Vizepräsident der
DEGAM und Direktor der Abteilung für Allgemeinmedizin am
Universitätsklinikum Greifswald, kommentiert: „Es ist wichtig und richtig,
dass sich der Schulterschluss zwischen Hausärzten und Nephrologen mit
dieser Leitlinie weiter intensiviert. Davon profitieren alle: Die
Versorgung in der hausärztlichen Praxis wird optimiert, um Komplikationen
oder Nierenversagen möglichst zu vermeiden. Gleichzeitig wird es
einfacher, die Patienten zu ermitteln, die eine gemeinsame Betreuung
brauchen.“
Dr. med. Nicole Helmbold, Generalsekretärin der DGfN, bewertet die neue
Leitlinie ebenfalls positiv: „Diese Leitlinie stellt einen bedeutenden
Fortschritt in der Versorgung von CKD-Patienten dar. Sie bietet eine
präzisere Diagnose und individualisierte Behandlungsmöglichkeiten, die das
Potenzial haben, die Lebensqualität unserer Patienten deutlich zu
verbessern und gleichzeitig die gesellschaftlichen Kosten durch eine
verzögerte Progression der Erkrankung zu reduzieren“.
“Die enge Zusammenarbeit zwischen der DGfN und der DEGAM bei der
Entwicklung dieser Leitlinie unterstreicht unser gemeinsames Engagement
für eine ganzheitliche Patientenversorgung. Diese Kooperation ermöglicht
es, eine Brücke zwischen spezialisierter Nephrologie und
allgemeinmedizinischer Versorgung zu schlagen, was wesentlich zur
Umsetzung präventiver und therapeutischer Strategien in der täglichen
Praxis beiträgt”, fasst Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke,
Pressesprecherin der DGfN und Direktorin der Klinik für Nephrologie,
Rheumatologie und Nierentransplantation (NTX) am Universitätsklinikum
Mainz zusammen.