DDG warnt vor Versorgungslücke für Diabetes-Betroffene
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat auf einer Pressekonferenz
anlässlich der 18. Diabetes Herbsttagung die aktuelle Entwicklung der
Krankenhausreform scharf kritisiert.
Trotz ihres grundsätzlichen Nutzens
geht die Reform nach Ansicht der Diabetologinnen und Diabetologen an den
Bedürfnissen der rund 9 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland
vorbei. „Die Krankenhausreform ist sinnvoll, aber in ihrer jetzigen Form
wird sie keinem der betroffenen Diabetespatientinnen und -patienten
wirklich helfen“, erklärte Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Präsident
der DDG, während der Pressekonferenz.
Jährlich benötigen knapp 3 Millionen stationär behandelte Menschen mit
Diabetes eine fachgerechte diabetologische Versorgung, um Komplikationen
oder Notfälle zu vermeiden. „Eine präzise und rechtzeitige Diagnose von
Diabetes mellitus und die Berücksichtigung des korrekten Diabetes-Typs
sind entscheidend für den Therapieerfolg. Beispielhaft führen
Verwechslungen von Typ-1- und Typ-2-Diabetes zu fehlerhaften Medikationen,
erheblichen Komplikationen und massivem Leid für die Betroffenen“, so
Fritsche. Ferner braucht etwa eine chirurgische Abteilung, die operative
Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse durchführt, eine enge Zusammenarbeit
mit der Diabetologie, da nach solchen Eingriffen häufig ein Diabetes mit
Insulinmangel auftritt. Auch in der Akutversorgung von Herzinfarkten und
Schlaganfällen ist Diabetes in mehr als 30 Prozent der Fälle eine zu
Grunde liegende Begleiterkrankung, die in der Behandlung mitberücksichtigt
werden muss, um Komplikationen zu vermeiden.
Die Krankenhausreform greift mit der Einführung von Vorhaltepauschalen und
der Neustrukturierung der Finanzierung zentrale Themen der aktuellen
Krankenhausstruktur auf. Für die Diabetologie stellen diese jedoch noch
keine ausreichende Lösung dar. „Die geplante Aufteilung zwischen Fall- und
Vorhaltepauschalen berücksichtigt nicht die speziellen Anforderungen der
Diabetologie als Fach der Sprechenden Medizin“, erläuterte Fritsche. Er
betonte, dass insbesondere Beratungsberufe und ärztliche Qualifikation in
der Diabetologie systematisch unterfinanziert sind. „Die
Vorhaltepauschalen müssen die tatsächlichen Kosten für eine
leitliniengerechte Diabetesversorgung abbilden – nur so können wir eine
flächendeckende Versorgung sicherstellen“, forderte er. In den
Leistungsgruppen „Komplexe Diabetologie/Endokrinologe“, welche in größeren
Krankenhäusern angesiedelt sein werden, sollten mindestens 3
Diabetologinnen oder Diabetologen und 2 Diabetesberaterinnen oder -berater
verfügbar sein. In kleineren Häusern sollte in der Leistungsgruppe
„Allgemeine Innere Medizin“ ein Diabetologe oder eine Diabetologin sowie
ein Diabetesberater oder eine Diabetesberaterin verfügbar sein.
Derzeit setzt das KHVVG in den Leistungsgruppen ausschließlich auf
Ärztinnen und Ärzte mit Facharztweiterbildung
„Endokrinologie/Diabetologie“, von denen bundesweit aktuell jedoch nur gut
150 in der stationären Patientenversorgung tätig sind – ein gravierendes
Ungleichgewicht, um die rund 9 Millionen Betroffenen in Deutschland
angemessen zu versorgen (1). Die stationäre diabetologische Versorgung ist
nur flächendeckend und hochwertig zu gewährleisten, wenn die über 4.200
Diabetologinnen und Diabetologen mit der Zusatzweiterbildung
„Diabetolog*in DDG“ oder der Zusatzweiterbildung „Diabetolog*in
Landesärztekammer“ berücksichtigt werden.
Vernetzte Qualitätssicherung durch Diabetes-Units
Ein zentraler Lösungsansatz der DDG ist die Einrichtung von
zertifizierten, sektorenübergreifenden Diabetesabteilungen (Diabetes
Units) als Bestandteil der Leistungsgruppen, die eine bessere Verzahnung
zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ermöglichen. „Diabetes-
Units retten Leben. Sie bestehen aus Teams aus dem ärztlichen und
nichtärztlichen Bereich, insbesondere auch Diabetesberaterinnen und
-beratern, die abteilungsübergreifend eingesetzt werden und durch ihre
Spezialisierung Komplikationen verhindern und die Behandlungsergebnisse
verbessern können“, erklärte Dr. med. Dorothea Reichert,
Tagungspräsidentin der Herbsttagung. „Es wäre außerdem ein tragfähiger
Ansatz, um den perspektivischen Fachkräftemangel zu begegnen. Wir müssen
jedoch eine Finanzierung solcher Kooperationen sicherstellen.“
Zertifizierung als Maßstab für Qualität
Die DDG fordert außerdem, dass bestehende Zertifikate in den sogenannten
Klinikatlas integriert werden. „Der Klinikatlas muss transparenter werden
und sich an klar definierten Qualitätskriterien orientieren. Dazu gehören
DDG-Zertifikate für Kliniken, die eine hochwertige Diabetesversorgung
sicherstellen“, so Fritsche. Dies wäre ein entscheidender Schritt, um den
Patientinnen und Patienten eine verlässliche Orientierung zu bieten, wo
sie gute Versorgung erwarten können.
Quellen:
(1) Ärztestatistik der Bundesärztekammer 2023:
https://www.bundesaerztekammer
Hintergrundinformationen:
Politische Forderungen der DDG:
https://www.ddg.info/politik/v
veroeffentlichungen
DDG-Zertifikate: https://www.ddg.info/behandlun