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Neue Leitlinie zur Gicht veröffentlicht Gicht besser behandeln: die neue S3-Leitlinie im Überblick

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Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.
V. (DGRh) veröffentlicht erstmals eine evidenzbasierte S3-Leitlinie zur
Diagnostik und Therapie der Gicht. Die weitverbreitete
Stoffwechselerkrankung zeigt sich vor allem durch Entzündung in Gelenken.
Unbehandelt drohen schwere Gelenkschäden und ein erhöhtes Herz-Kreislauf-
Risiko. Was sich in der Behandlungspraxis sowohl in der allgemeinmedi-
zinischen als auch in der fachärztlichen Versorgung ändern wird, ist Thema
der digitalen Vorab-Pressekonferenz anlässlich des Rheumatologiekongresses
am 12. September 2024. Die neue Leitlinie setze Standards, um Gichtanfälle
und Gelenkschäden durch die Volkskrankheit zu vermeiden.

Korrekte Diagnose und schnelle Entzündungshemmung
„Trotz ihrer Häufigkeit wird die Gicht oft nicht angemessen diagnostiziert
und behandelt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer Leitlinie, an
der insgesamt sieben wissenschaftliche Fachgesellschaften beteiligt wa-
ren“, sagt Privatdozentin Dr. med. Uta Kiltz, Oberärztin am Rheuma-zentrum
Ruhrgebiet in Herne, die zusammen mit Privatdozentin Dr. med. Anne-Kathrin
Tausche, Dresden, die Leitlinienentwicklung koordi-niert hat. Entscheidend
sei die frühzeitige Diagnose der Gicht, um rasch mit einer wirksamen
Therapie beginnen zu können. Im akuten Gichtan-fall empfiehlt die aktuelle
Leitlinie den Einsatz von entzündungshem-menden Medikamenten wie
Colchicin, Glukokortikoiden oder nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR).
„Gerade hier sehen wir noch Defizi-te in der Versorgung. Denn eine rasche
Symptomkontrolle ist von ent-scheidender Bedeutung, um den Schaden am
Gelenk zu minimieren und die Schmerzbelastung der Patienten schnell zu
lindern“, betont Dr. Kiltz.

Am Zielwert der Serumharnsäure orientieren
Ursache für wiederkehrende Anfälle und schwere Gelenkschäden sind
chronisch erhöhte Harnsäurewerte im Blut der Betroffenen. Um dies zu
vermeiden, empfiehlt die Leitlinie eine sogenannte „Treat-to-
Target“-Strategie, bei der eine medikamentöse Senkung der Serumharnsäure
auf Werte unter 6 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) Blut angestrebt wird.
„Die Senkung der Serumharnsäure muss zielgerichtet erfolgen, um
langfristige Gelenkschäden zu verhindern und damit entscheidend zur
Lebensqualität der Patient:innen beizutragen“, erklärt Professor Dr. med.
Christof Specker, Präsident der DGRh aus Essen. Dafür müssen allerdings
die Ärztin/der Arzt für jede einzelne Patientin oder Patienten individuell
den optimalen Zielwert ermitteln und die Medikation daran anpassen. Auf
diese Weise lassen sich therapeutischer Nutzen und me-dikamentöse
Belastung durch Medikamente ins Gleichgewicht bringen.

Einbeziehung der Patient:innen und interdisziplinäre Zusammen-arbeit
Ein wesentlicher Fortschritt bei der Erstellung dieser Leitlinie ist die
enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Fachgesell-
schaften und die aktive Beteiligung von Patientenvertreter:innen. Haus-
ärzt:innen übernehmen eine zentrale Rolle, da sie meist Menschen mit
akuten Gichtanfällen behandeln und gleichzeitig mit den Patient:innen die
langfristigen Behandlungsziele erörtern und die Therapie beginnen. In
schwereren Fällen ist die Überweisung an eine:n Fachärzt:in für
Rheumatologie wichtig. Die neue Leitlinie empfiehlt, bereits beim ersten
Gichtanfall alle Therapieoptionen mit den Patient:innen zu besprechen, um
die Akzeptanz der Behandlung zu verbessern.

Prävention und Aufklärung
Das Risiko, eine Gicht zu entwickeln, steigt mit dem Alter an und ist bei
Männern dreimal höher als bei Frauen. „Die Therapie der Gicht als chro-
nischer Erkrankung erfordert eine zuverlässige Mitarbeit der Betroffe-nen.
Dies gilt umso mehr für die begleitenden präventiven Maßnahmen.
Patient:innen sollten darüber aufgeklärt werden, dass unter anderem
Risiken wie Übergewicht und übermäßiger Alkoholkonsum das Risiko für
Gichtanfälle erhöhen“, so Privatdozentin Dr. Kiltz. Den Harnsäurespiegel
erhöhende Medikamente, wie etwa Mittel zur Entwässerung, seien nur zu
verwenden, wenn es sich nicht vermeiden lässt.

Bedeutung für die Praxis
Die neue S3-Leitlinie ist ein entscheidender Schritt hin zu einer verbes-
serten Versorgung von Gichtpatient:innen, so auch die Einschätzung von
Professor Specker. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die aktive
Einbindung der Patient:innen würde dazu beitragen, die Lebens-qualität der
Betroffenen nachhaltig zu steigern. „Mit dieser Leitlinie set-zen wir neue
Standards in der Behandlung der Gicht. Unser Ziel ist es, Gichtanfälle zu
verhindern, Gelenkschäden zu minimieren und die Le-bensqualität unserer
Patient:innen langfristig zu verbessern“, so das Fazit der Rheumatologin
Kiltz.

Zur Leitlinie: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-005