Forschungsverbund startet mit dem Ziel, Bakteriophagen als zugelassenes Arzneimittel zu etablieren,

Resistenzen gegen Antibiotika nehmen weltweit zu. Um dieser
Herausforderung zu begegnen, ist die Entwicklung alternativer Therapien
dringend erforderlich. Daher haben sich das Fraunhofer-Institut für
Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM, das Leibniz-Institut DSMZ-
Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, die Charité –
Universitätsmedizin Berlin und die Charité Research Organisation GmbH
zusammengefunden und das Projekt »Phage4Cure« initiiert. Ziel ist es,
Bakteriophagen als zugelassenes Arzneimittel gegen bakterielle Infektionen
zu etablieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
fördert das Projekt über drei Jahre mit knapp vier Millionen Euro.
Das Ziel des deutschen Forschungsprojekts »Phage4Cure« ist es, im Kampf
gegen Infektionen Bakteriophagen als zugelassenes Arzneimittel zu
etablieren. Bakteriophagen sind Viren, die hochspezifisch Stämme einer
bestimmten Bakterienart erkennen und befallen und diese schließlich
zerstören. Vor allem im osteuropäischen Raum werden Phagen bereits seit
Jahrzehnten erfolgreich als Alternative und Ergänzung zur klassischen
Antibiotikatherapie eingesetzt. Allerdings sind sie in der Europäischen
Union bislang nicht als Arzneimittel zugelassen. Gründe sind unter anderem
fehlende Qualitätsstandards in der Herstellung, die für eine Zulassung
durch die Arzneimittelbehörden unerlässlich sind. Außerdem muss zunächst
in systematischen klinischen Studien nachgewiesen werden, dass die
Therapie mit Phagen sicher, verträglich und wirksam ist. Das umzusetzen,
haben sich die Projektpartner zum Ziel gesetzt.
Die Wissenschaftler werden mit Bakteriophagen arbeiten, die sich
spezifisch gegen das Bakterium Pseudomonas aeruginosa richten. Dieses
Bakterium ist sehr häufig multiresistent und kann unter anderem eine
Lungenentzündung auslösen. »Unser mittelfristiges Ziel ist es, Phagen als
neuartige und zusätzliche Therapie für verschiedene Infektionskrankheiten
und in unterschiedlichen Verabreichungsformen als Arzneimittel zu
entwickeln – insbesondere da, wo Antibiotika gegenwärtig an ihre Grenzen
gelangen«, sagt Dr. Holger Ziehr, Projektkoordinator und Leiter der
Pharmazeutischen Biotechnologie am Fraunhofer ITEM.
In dem Projekt »Phage4Cure« bearbeiten die vier Partner mit ihrer
jeweiligen Expertise verschiedene Aspekte. Am Leibniz-Institut DSMZ wird
die Arbeitsgruppe von Dr. Christine Rohde gegen Pseudomonas aeruginosa
gerichtete Bakteriophagen identifizieren und genetisch charakterisieren.
»Es gibt viele verschiedene Pseudomonas-aeruginosa-Stämme, die sich
jeweils nur leicht voneinander unterscheiden. Die Herausforderung ist,
Phagen mit einem möglichst breiten Wirtsspektrum zu finden«, erläutert die
Wissenschaftlerin. Diese Phagen werden dann zur weiteren Hochaufreinigung
und pharmakologischen Herstellung an das Fraunhofer ITEM übergeben. Dort
wird das Team von Dr. Holger Ziehr einen sogenannten plattformartigen
Herstellungsprozess für Phagen-Wirkstoffe entwickeln. Das bedeutet, dass
der Herstellungsprozess auch auf andere Phagen übertragbar sein wird.
Außerdem führen Wissenschaftler am Fraunhofer ITEM die präklinischen
Prüfungen durch.
Weitere präklinische Untersuchungen werden an der Charité –
Universitätsmedizin Berlin von Wissenschaftlern um Prof. Dr. Martin
Witzenrath, Stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik mit
Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie, durchgeführt. Er ist darüber
hinaus an der Konzeptionierung, Planung und Durchführung der klinischen
Prüfung beteiligt. »Infektionen der Lunge durch Antibiotika-resistente
Bakterien stellen zunehmend ein klinisches Problem dar. Wir hoffen,
Patienten zukünftig mit Phagen helfen zu können«, sagt Witzenrath. Auf der
Forschungsstation der Charité Research Organisation GmbH (CRO) wird die
klinische Studie durchgeführt. Darüber hinaus wird die CRO das
Gesamtprojekt organisatorisch und regulatorisch begleiten, den engen
Kontakt zu den Arzneimitteloberbehörden pflegen sowie das Datenmanagement,
die Statistik und die Erstellung des klinischen Studienreports übernehmen.
Dr. Andreas Hüser, Leiter Projektmanagement: »Die Charité Research
Organisation ist auf derartige Studien spezialisiert und wir freuen uns
außerordentlich, dieses wichtige Projekt mitzugestalten. Die Konstellation
der Projektpartner ist einzigartig«.