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Neuer Therapieansatz für Autoimmunerkrankung

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Bildung von extrazellulären Strukturen durch weiße Blutzellen nach Stimulation durch ANCA.  A. Schreiber
Bildung von extrazellulären Strukturen durch weiße Blutzellen nach Stimulation durch ANCA. A. Schreiber

Wissenschaftlern der Charité – Universitätsmedizin Berlin ist es gelungen,
einen zentralen Mechanismus in der Pathogenese einer schwerwiegenden
Autoimmunerkrankung besser zu verstehen. Dabei konnte erstmalig bei einer
systemischen Gefäßentzündung, die durch bestimmte Autoantikörper,
sogenannte ANCA, hervorgerufen wird, ein enger Zusammenhang zwischen der
Aktivierung des regulierten Zelltodes, der Aktivierung des
Komplementsystems und des Organschadens nachgewiesen werden. Die
Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy
of Sciences* veröffentlicht.

Die ANCA-assoziierte Vaskulitis ist eine systemische Erkrankung, bei der
eine Immunreaktion gegen körpereigene Strukturen in weißen Blutzellen zu
einer Entzündung kleiner Blutgefäße führt. Häufig kommt es im Rahmen der
Gefäßentzündung zum Befall der Niere mit der Gefahr eines akuten
Nierenversagens, auch die Lunge oder andere Organe können betroffen sein.
Die klassische Therapie beruht auf Unterdrückung des Immunsystems. Eine
Methode, die den Krankheitsverlauf zwar stoppt, jedoch für Patienten mit
starken Nebenwirkungen verbunden ist.

Doch was passiert im menschlichen Organismus? Wie ist die Ablaufkette der
Ereignisse, die zu diesem Krankheitsbild führt? Unter der Leitung von
Privatdozent Dr. Adrian Schreiber, Arbeitsgruppe Tierexperimentelle
Vaskulitisforschung am Experimental and Clinical Research Center (ECRC),
und Prof. Dr. Ralph Kettritz, Charité und ECRC, konnte ein Forscherteam
jetzt nachweisen, dass Auslöser des Prozesses die Aktivierung des
regulierten Zelltodes, Nekroptose genannt, in den weißen Blutzellen ist.
Dabei heften sich Antikörper, die sich gegen körpereigene Proteine
richten, sogenannte Autoantikörper, an Bestandteile der weißen Blutzellen
und aktivieren dadurch den regulierten Zelltod. Dabei bilden sich NETs –
komplexe Fangnetze aus extrazellulären DNA-Fasern. Das Team fand heraus,
dass diese NET-Strukturen zur Aktivierung des Komplementsystems, also
einem speziellen Teil des Immunsystems, und damit zur Erkrankung
beitragen. Mithilfe verschiedener genetisch veränderter Tiermodelle sowie
durch einen pharmakologischen Ansatz konnten die Forscher zeigen, dass der
regulierte Zelltod einer der zentralen pathogenen Mechanismen in der
Ausbildung der schweren Gefäßentzündung mit begleitender Nierenerkrankung
ist.

„Die spezifische pharmakologische Hemmung des regulierten Zelltods könnte
künftig ein neuer Ansatz in der Behandlung der ANCA-Vaskulitis sein“,
erklärt Privatdozent Schreiber. „Die generelle Anwendbarkeit einer Hemmung
der Nekroptose wird gegenwärtig in ersten klinischen Studien untersucht.
Wir hoffen, dass sich perspektivisch auf Grundlage unserer Daten eine neue
Therapie für die ANCA-Vaskulitis entwickeln lässt“, fügt er hinzu.

*Adrian Schreiber, Anthony Rousselle, Jan Ulrich Becker, Anne von
Mässenhausen, Andreas Linkermann, and Ralph Kettritz. Necroptosis controls
NET generation and mediates complement activation, endothelial damage, and
autoimmune vasculitis. Proceedings of the National Academy of Sciences
USA. 2017. Epub ahead of print. Oct. 24th. doi: 10.1073/pnas.1708247114.