Koppelt sich die Eurozone 2015 von den USA ab?
Der Preis für Rohöl ist in den vergangenen Wochen massiv gefallen. Was all jene freut, die täglich mit dem Auto zur Arbeit fahren, dürfte bei den Verantwortlichen im Eurotower in Frankfurt die Stirn mehr und mehr in Sorgenfalten legen. Seit geraumer Zeit drücken die Energiepreise die allgemeine Teuerungsrate. Im November lag die Inflationsrate in der Eurozone bei 0,3 Prozent und damit nur wenig über der Nulllinie.
Die Erwartung zu Beginn des Jahres, der Energiepreisrückgang der vorangegangenen Monate könnte sich über die sogenannten Basiseffekte nach und nach auswachsen, hat sich nicht bestätigt. Daher ist davon auszugehen, dass die Inflationsrate in der Eurozone noch geraume Zeit sehr niedrig bleiben wird. Es kann gegenwärtig sogar nicht ausgeschlossen werden, dass das allgemeine Preisniveau 2015 einige Monate lang unter das des Vorjahres fällt.
Vor diesem Hintergrund hat die EZB angekündigt, die geldpolitischen Zügel weiter zu lockern, in dem sie mit unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen die Bilanzsumme von derzeit ca. 2.000 Mrd. Euro auf ca. 3.000 Mrd. Euro erhöht. Diese Ausweitung der Bilanzsumme versucht sie zum einen durch langfristige Refinanzierungsgeschäfte zu erreichen, die im Gegensatz zu den auslaufenden dreijährigen Refinanzierungsgeschäften an die Kreditvergabe der Geschäftsbanken geknüpft sind. Zum anderen soll zusätzlich über den Kauf von Covered Bonds und ABS-Papieren Liquidität in die Märkte gepumpt und die Kreditvergabe der Geschäftsbanken angeregt werden.
An den Kapitalmärkten wird jedoch bezweifelt, dass die bereits beschlossenen Maßnahmen zu einer Ausweitung der Bilanzsumme der EZB im angestrebten Umfang führen können. In der Folge erwarten die Marktteilnehmer weitere Maßnahmen der EZB, die auch den Ankauf von Staatsanleihen einschließen. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die EZB nicht nur Staatsanleihen kürzerer und mittlerer Laufzeit erwirbt, sondern auch vor dem Erwerb langer Laufzeiten nicht zurückschreckt. Sollte sich die EZB im kommenden Jahr zu diesem Schritt entschließen, ist ein Anstieg der Zinsen ausgehend von den gegenwärtig sehr niedrigen Niveaus nicht zu erwarten. Selbst wenn in den USA 2015 die Leitzinssätze durch die US-Notenbank erhöht werden und in der Folge US-Staatsanleihen höher rentieren, dürfte dies die Renditen für europäische Staatsanleihen allen voran Bundesanleihen kaum berühren. Es besteht sogar das Risiko, dass sich die Zinsentwicklung in der Eurozone von jener in den USA gänzlich abkoppelt.
Müssen wir uns somit auch 2015 von der Vorstellung verabschieden, dass Zinsen auch mal wieder steigen können? Nein. Leicht steigende Inflationsraten und ein optimistischerer Blick auf die Konjunktur in der Eurozone sowie das Erreichen ihrer Ziele mit den bereits beschlossenen Maßnahmen halten die EZB davon ab, Staatsanleihen im großen Stil zu kaufen. Die Zinsen werden 2015 dann wieder steigen, zumal ein Stück weit Staatsanleihekäufe durch die EZB an den Kapitalmärkten vorweggenommen wurden. Aber selbst in diesem Szenario dürften Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren voraussichtlich nur zwischen ein und zwei Prozent rentieren. Im historischen Vergleich bleiben die Zinsen damit weiter niedrig.
(wts) / Bild: Lupo / pixelio.de