Gemeinsam blickt es sich besser in die Zukunft: 20 Jahre European Network on Regional Labour Market Monitoring
Welche Probleme haben der Arbeitsmarkt in vietnamesischen Regionen und der
in Hessen gemeinsam? Und was kann man aus den Lösungen der jeweils anderen
lernen? Mehr als 100 Fachleute aus Europa, Asien und Afrika kommen im
September zu einer Tagung des European Network on Regional Labour Market
Monitoring an die Goethe-Universität. Im Zentrum der Tagung stehen genau
solche Fragen.
Um auf dem regionalen Arbeitsmarkt die richtigen Weichen zu stellen,
braucht es belastbare Prognosen. Bisherige Methoden stoßen in Zeiten
multipler Krisen und unvorhersehbarer politischer Entscheidungen an
Grenzen: Ereignisse wie der russische Angriff auf die Ukraine oder die
Coronapandemie, aber auch der Strukturwandel in den Produktionsbranchen
lassen die Treffsicherheit schrumpfen. Vergangene Entwicklungen in die
Zukunft zu projizieren, ist angesichts der schnellen und beispiellosen
Veränderungen nicht mehr zielführend. Eine Alternative sind so genannte
Foresight-Methoden.
Foresight-Methoden liefern keine statistischen Daten, sondern sammeln
systematisch Expertenwissen, um zu erklären, wie künftige Entwicklungen
aussehen könnten, oft anhand verschiedener Szenarien. Weltweit befassen
sich Fachleute aus Forschung und Politikberatung vermehrt mit dieser
Methodik. In den meisten Staaten und Regionen Europas ist Foresight,
gerade in der Politikberatung, jedoch noch Neuland. Die Tagung des
European Network on Regional Labour Market Monitoring von 17. bis 19.
September nimmt das Thema in Vorträgen und Diskussionen in den Blick.
Das European Network on Regional Labour Market Monitoring mit mehr als 400
Mitgliedern aus mehr als 30 Ländern wurde vor 20 Jahren durch das Institut
für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität gegründet.
Es soll die Daten- und Informationslage für arbeitsmarktrelevante
Entscheidungen in den Regionen verbessern helfen. Bei jährlichen Treffen
tauschen sich die Mitglieder über die Entwicklung regionaler Arbeitsmärkte
sowie über Theorien, Konzepte und Methoden zu deren Monitoring aus.
„Von der Tagung erwarten wir uns wichtige Impulse für die hessische
Arbeitsmarktpolitik“, sagt Heike Hofmann, Hessische Ministerin für Arbeit,
Integration, Jugend und Soziales, die die Schirmherrschaft für die
Veranstaltung übernommen hat und aktiv teilnehmen wird. Das European
Network on Regional Labour Market Monitoring beweise seit 20 Jahren, dass
es sich lohnt, über den Tellerrand hinauszuschauen. Die Herausforderungen
seien in unterschiedlichen Regionen oft ähnlich, die Lösungen aber
unterschiedlich. „Davon kann ein starker Impuls für neue Ideen für die
eigene Region ausgehen“, formuliert Christa Larsen, Leiterin des Instituts
für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität und
Koordinatorin des European Network on Regional Labour Market Monitoring.
Innerhalb Deutschlands sei Hessen in dieser Hinsicht weiter als andere
Bundesländer, sagt Larsen. Aber auch am Ausland könne man sich ein
Beispiel nehmen. So seien einige spanische Regionen sowie Regionen in
Skandinavien, den Niederlanden und Österreich sehr weit im Hinblick auf
das Netzwerken zwischen Forschung und Politik, um die sogenannte
evidenzbasierte Politik voranzubringen.
Aber auch andere internationale Organisationen profitieren vom Netzwerk.
Nicht umsonst fungiert die deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) in Frankfurt als Mitveranstalter. Auch eine große
Delegation aus den Arbeitsministerien der zehn ASEAN-Staaten wird an der
Konferenz teilnehmen. Das Netzwerk ist zudem eng mit dem OECD-Programm
Local Employment und Economic Development (LEED) verbunden, das ebenfalls
als Mitveranstalter auftritt und weltweit engagiert ist.
Sein 20-jähriges Bestehen feiert das European Network on Regional Labour
Market Monitoring (EN RLMM) am Abend des 18. September mit einer
Galaveranstaltung. Dazu werden Persönlichkeiten aus Wirtschaft,
Arbeitsmarkt und Politik in Hessen erwartet. Thorsten Schäfer-Gümbel,
Vorstandssprecher der GIZ, hält die Keynote. Uni-Vizepräsident Prof. Dr.
Bernhard Brüne: „Die Goethe-Universität ist als Tagungsstätte für den
internationalen Austausch und die Kooperation optimal geeignet, und ich
freue mich sehr, dass hier auch das wichtige Thema Foresight strategisch
vorangebracht wird“.