IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten nach Rekordwerten wieder gesunken
Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer
heute veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen
von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland nach sehr hohen
Werten im Juli im August spürbar gesunken.
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in
Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im August bei 1.409 (vgl.
Abbildung 1). Das sind 11% weniger als im Vormonat, aber 11% mehr als im
August 2024 und 51% mehr als in einem durchschnittlichen August der Jahre
2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Die Zahl der
Unternehmensinsolvenzen hatte im Juli Rekordwerte erreicht, was aber zum
Teil auf Saisoneffekte zurückzuführen war.
Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und
dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen
Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert
zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen
Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im August in den größten 10%
der insolventen Unternehmen mehr als 12.000 Arbeitsplätze betroffen. Damit
liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten trotz weniger Insolvenzen
deutlich über dem Niveau von Juli (+30%), 11% unter den Werten des
Vorjahresmonats, aber 56% über dem August-Durchschnitt der Vor-Corona-
Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2).
Die Zahl der betroffenen Industriejobs lag im August mit rund 3.700 erneut
auf niedrigem Niveau und kaum höher als unmittelbar vor der Pandemie. Zum
Vergleich: Zwischen September 2024 und Februar 2025 verzeichnete das IWH
noch durchschnittlich etwa 7.300 betroffene Industriejobs pro Monat – also
rund doppelt so viele. „Die aktuellen Insolvenzzahlen bestätigen die
Sorgen vor einer akuten De-industrialisierung nicht“, sagt Steffen Müller,
Leiter der IWH-Insolvenzforschung.
Das IWH erhebt Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel
zwei bis drei Monate vorauslaufen. Diese deuten auf einen leichten Anstieg
im September und hohe Werte im Oktober hin. „Die Höhe der Frühindikatoren
lässt für den Herbst zwar viele Insolvenzen erwarten, deren Auswirkungen
auf den Arbeitsmarkt dürften jedoch moderat bleiben“, sagt
Insolvenzforscher Müller.
IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-
Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen
für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur
geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei
Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl.
Abbildung 3).
Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das
Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen
wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen
Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener
Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-
Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden
Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und
Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von
Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen.
Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen
Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.
Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen
aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen.
Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten
Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig
relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte
natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige
mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende
Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.
Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen
gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und
Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen
aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen
können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender
Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesell-schaften
unterscheiden.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-
Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzfors