HASSAN HESHMAT - Ein Visionär seiner Zeit. Eine digitale Ausstellung mit fünf Hörstationen
Julia Tieke im Gespräch mit Katharina Maria Raab und Sonja Hegasy
Zum ersten Mal wird das Werk von Hassan Heshmat (1920–2006), einem der
bedeutendsten Bildhauer des modernen Ägypten, erforscht und nun in einer
digitalen Ausstellung mit fünf Hörstationen gezeigt:
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Zum ersten Mal wird das Werk von Hassan Heshmat (1920–2006), einem der
bedeutendsten Bildhauer des modernen Ägypten, erforscht und nun in einer
digitalen Ausstellung mit fünf Hörstationen gezeigt. Heshmat stellte über
Jahrzehnte hinweg international aus – zu Zeiten des Kalten Krieges auf
beiden Seiten des Eisernen Vorhangs. Er realisierte großformatige
Skulpturen im Stadtraum; nicht nur in Ägypten, sondern auch in den USA, in
Europa und Asien. Hassan Heshmat schlug zeitlebens Brücken – zwischen
Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Volkskunst und Moderne, zwischen
Ägypten und der Welt.
Geboren 1920 in Ägypten, entwickelte Hassan Heshmat bereits früh ein
ausgeprägtes künstlerisches Interesse. Als Jugendlicher besuchte er die
Schule für angewandte Kunst in Kairo, wo er die Grundlagen des plastischen
Gestaltens erlernte und sich mit lokalen Kunsttraditionen
auseinandersetzte.
Sein Talent und seine Neugier führten ihn 1957 mit einem Stipendium des
Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in die bayerische
Porzellanstadt Selb – bekannt für Hutschenreuther und Rosenthal. Diese
Reise wurde zum Wendepunkt: Die Arbeit mit Porzellan öffnete ihm neue
gestalterische Möglichkeiten. Das fragile, zugleich edle Material wurde zu
einem seiner bevorzugten Ausdrucksmittel. Seiner Prämisse folgend „Kunst
für Millionen zu schaffen“ gestaltete er aus Porzellan kleine Skulpturen,
die den Alltag der ägyptischen Bevölkerung in den Vordergrund rückten.
Diese Miniaturen erzählen nicht nur vom ägyptischen Alltag – sie
dokumentieren auch ein kulturelles Selbstverständnis, in dem Anmut und
Lebensfreude miteinander verschmelzen. Heshmats Werke erreichten die
Menschen inhaltlich und: Sie konnten sie sich leisten! Ohne falschen
Pathos, immer elegant und voller Würde, gestaltete er Frauen nach dem
Vorbild der fellaha (Bäuerinnen), und Tanzende, z.B. ausgehend von
zeitgenössischen Stars wie der berühmten Tänzerin Farida Fahmy und dem
Choreografen Mahmoud Reda. Beide verbanden volkstümliche Tanztradition mit
modernem Ausdruck.
Doch Heshmats Werk war nicht nur im Kleinen bedeutsam: Er erhielt große
staatliche Aufträge. 1958 beauftragte ihn der ägyptische Kulturminister
Tharwat Okasha, ein Staatsgeschenk zu entwerfen. Heshmat schaffte eine
künstlerische Neuinterpretation einer Nofretete-Büste. Zwischen 1958 und
1988 wurde diese Skulptur an mehr als 80 Staatsgäste weltweit als
offizielles Geschenk überreicht – ein Beispiel für die politische und
kulturelle Bedeutung, die Heshmats Kunst innehatte. Diese Nofretete steht
sinnbildlich für seinen Ansatz, das historische Erbe Ägyptens in eine
moderne, elegante Formensprache zu übertragen – ruhig, kraftvoll, jenseits
aller Klischees.
Neben Arbeiten und Kalligrafien in Keramik hat er auch Metall und Holz
verwendet. Seine Holzreliefs bilden einen faszinierenden Teil seines
Schaffens. Hier wird die künstlerische Auseinandersetzung mit Materialität
besonders deutlich, denn die Relieftechnik erforderte eine völlig andere
Arbeitsweise als die freie Plastik. Heshmat nutzte die Maserung und
Struktur des Holzes als formgebendes Element: feinfühlig, kraftvoll,
abstrakt und erzählerisch zugleich. In diesen Werken zeigt sich seine
Virtuosität im Umgang mit Fläche, Tiefe und Linie, sowie sein Interesse an
formalen und kompositorischen Herausforderungen.
Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit Der Divan – Das arabische
Kulturhaus (4. Juli – 1. August 2025 in Berlin) wie auch die neue digitale
Schau mit fünf Hörstationen versteht sich als Impuls zur Wiederentdeckung
eines beeindruckenden Œuvres und als Einladung, arabische Moderne nicht
nur als historische Episode, sondern als lebendigen Teil der globalen
Kunstgeschichte zu begreifen.
Konzept: Sonja Hegasy, https://www.zmo.de/forschung/r
intellektuelle-kultur/sonja-he
Unter Mitwirkung von Katharina Maria Raab,
https://www.katharinamariaraab
Autorin: Julia Tieke
Mischung: Matthias Karow