Alte Batterien aus Elektroautos: viel zu schade fürs Schreddern
Nach langjähriger Nutzung haben viele Traktionsbatterien noch eine
Restkapazität zwischen 70 und 80 Prozent. Zu wenig für den weiteren
Einsatz im Fahrzeug, doch einige Zellen könnten zu großen Speichersystemen
gebündelt in Privathaushalten, Unternehmen oder bei Stromnetzbetreibern
weiter gute Dienste leisten. Gebrauchte Module oder ganze Hochvoltspeicher
einfach zu schreddern, hieße also Nutzwert vernichten.
Durch die Reparatur
und das Remanufacturing dieser Batterien können nicht nur wertvolle
Ressourcen geschont, sondern auch die Lebensdauer der Komponenten
verlängert werden. Gezielt aufbereitete Zellen sind wieder fit für einen
langjährigen Einsatz in neuen Anwendungen.
Wie Komponenten und Zellen aus einer Traktionsbatterie entnommen werden
können, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen, erforscht Dr. Rico
Schmerler mit seinem Team in einem neuen Projekt am Fraunhofer IWU
gemeinsam mit EDAG Production Solutions.
Wertschöpfung und Umweltschutz im Fokus
Die künftige Pilotanlage in Chemnitz ist eine Antwort auf den rasant
wachsenden Bedarf an effizienten kreislaufwirtschaftlichen Lösungen. Bis
2030 wird sich die Menge an Altbatterien in der EU voraussichtlich mehr
als verzehnfachen. Spätestens dann sind Verfahren unabdingbar, die über
das Recycling und Schreddern von Batterien hinausgehen. Eine weitgehend
beschädigungsfreie Zerlegung aller Komponenten bis hin zur Zellebene ist
Voraussetzung für ein neues Batterieleben dank Austausch defekter oder
gealterter Zellen bzw. Module. Genau diese Art Rückbau wird die neue
Demontageanlage ermöglichen. Sie wird nicht nur den Bedarf an
energieintensiver Neuproduktion reduzieren, sondern auch
Recyclingunternehmen die sortenreine Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe
wie Lithium und Kobalt aus nicht mehr aufbereitungsfähigen Zellen für das
Recycling erleichtern.
Automatisierte Demontage, Daten und Qualifikation
Das Fraunhofer IWU baut aktuell gemeinsam mit EDAG Production Solutions
eine hochinnovative, automatisierte Demontageanlage für aktive
(funktionsfähige) Traktionsbatterien am Standort Chemnitz auf.
Die Anlage setzt auf die variantenflexible und KI-gestützte Demontage,
damit eine wirtschaftliche und sichere Handhabung verschiedenster
Hochvoltspeicher gewährleistet ist. Ein integriertes System zur Analyse
des »Gesundheitszustands« (State of Health, SoH) von Modulen und Zellen
stellt sicher, dass nur wiederverwendbare Komponenten für einen
neuerlichen Einsatz freigegeben werden. Völlig intakte Einheiten können
sogar für neue Traktionsbatterien genutzt werden.
Darüber hinaus dient die neue Infrastruktur als Datenplattform zur
Standardisierung von Wiederverwertungs- und Recyclingprozessen. Die
erhobenen Daten bilden auch die Grundlage für die Weiterentwicklung von
Qualifizierungsprofilen von Fachkräften in Sachsen. Interdisziplinäres
Wissen aus Mechanik, Elektrotechnik und Informatik wird in vielen
Berufsbildern rund um die Automobilität weiter an Bedeutung gewinnen.
[Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage
des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.