Internet of Trees: Vernetzung lehren und lernen

Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der THWS setzt „problembasiertes
Lernen“ in der Lehre ein Kein klassischer Frontalunterricht, sondern eine realitätsnahe
Problemstellung, die Studierende selbstständig bearbeiten: Bei den
englischsprachigen Bachelorstudiengängen Business and Engineering und
Logistics an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) ist
zum ersten Mal in der Vorlesung „Connected Industry (COIN)“ die
Lehrmethode des „Problem-based Learning“ eingesetzt worden.
Der Dozent und Vizepräsident der THWS Prof. Dr.-Ing. Jan Schmitt
beschreibt die Methode: „Die Studierenden arbeiten aktiv und
selbstgesteuert, oft in kleinen Gruppen, um das Problem zu analysieren,
eigene Lernziele zu definieren und sich das notwendige Wissen
eigenverantwortlich anzueignen.“ Das übergeordnete Ziel sei dabei,
theoretisches Wissen durch die praktische Anwendung auf konkrete Fälle zu
verstehen und dabei entscheidende Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln.
„Connected Industry“ vermittelt die nötigen Kompetenzen zur Realisierung
von Industry 4.0 – zu den Inhalten der Vorlesung gehören Netzwerktechnik,
Internet of Things (IoT), grafische Programmierung in Node-Red und
Anbindung von Sensoren sowie die Visualisierung von Daten in Dashboards.
„Als Professor bleibt mir dabei die Rolle als Moderator, Begleiter und
Unterstützer im Hörsaal, wobei ich in kürzeren, aber sehr intensiven
Phasen auch das notwendige Wissen in die Köpfe der Studierenden bringen
muss.“
Die Besonderheit in diesem Semester: Die Lehrinhalte bezogen sich nicht
auf Maschinen innerhalb eines Produktionsablaufs, sondern auf die
Digitalisierung von Bäumen. „Ob nun IoT-fähige Sensoren in einer
Fabrikhalle mit dem Ziel integriert werden, den ,Gesundheitszustand‘ einer
Maschine zu überwachen oder ob ein Baum damit ausgestattet wird – einen
großen Unterschied für die notwendige IT gibt es da nicht“, so Prof.
Dr.-Ing. Schmitt. In beiden Fällen werde eine automatische E-Mail
versendet, sollte Unheil drohen. Einen Baum zu überwachen sei sogar
anspruchsvoller: „Die Natur ist weitaus nicht-linearer als die Industrie“,
führt Prof. Dr.-Ing. Schmitt weiter aus. Es gebe viele Indikatoren, die
gemessen werden können – unter anderem Temperaturwechsel,
Leitfähigkeitsänderungen des Bodens oder des Baumstamms oder Luft- und
Bodenfeuchte – dennoch sei es viel anspruchsvoller, deren Auswirkungen auf
die Baumgesundheit zu bestimmen.
Unterstützung aus vielen Hochschulbereichen
Um sich dieser Herausforderung zu stellen, erarbeitete ein Team von sieben
Studierenden zunächst ein Sensorkonzept, wählte das technische Equipment
aus und verwirklichte die datentechnische Integration und Visualisierung.
Im Laufe des Semesters mussten sich die Studierenden auch anderen
herausfordernden Aspekten stellen: Das Projektbudget muss eingehalten,
Bestellzeiten berücksichtigt und die notwendige IT-Infrastruktur muss
hergestellt werden.
Für die ausgewählten Sensoren wurde ein sogenanntes LoRaWAN (Long Range
Wide Area Network) aufgebaut, ein Funkstandard, der besonders
leistungsfähig in Bezug auf Energieeffizienz und Reichweite ist. Hierbei
unterstützten Prof. Dr. Andreas Schiffler und sein Team des Instituts für
Digital Engineering (IDEE) der THWS, außerdem Sotirios Stefanis vom
Gebäudemanagement sowie Roland Oppelt von der Fakultät Maschinenbau. „Ich
bedanke mich ausdrücklich bei allen Beteiligten, die das Vorhaben eines
Baum-Monitorings als Semesterprojekt der Vorlesung COIN unterstützt
haben“, betont Prof. Dr.-Ing. Schmitt, der auch THWS-Vizepräsident für
Forschung und Gründung ist. „Es zeigt eindrücklich, wie positiv
Zusammenarbeit in unserer Hochschule wirkt. Wir haben jetzt nicht nur den
digitalen Zwilling eines Baums im Innenhof des Campus Ledward, sondern
auch ein weitreichendes LoRa-Netzwerk am THWS-Standort Schweinfurt – das
wird uns in Zukunft noch sehr nützlich sein.“
Auch Prof. Dr. Peter Meyer, Dekan der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen,
war involviert: Am Ende des Semesters gruben die Studierenden unter
Aufsicht des Dekans eigenhändig die Sensoren ein und montierten Luft-
sowie Leitfähigkeitssensoren am Baum – alles nach ihrem zu Beginn des
Semesters erstellten Konzept. Dann der spannende Augenblick: Sämtliche
Daten – Temperaturen, Feuchte, Leitwerte, Widerstände und Stress – waren
auf dem Dashboard der Studierenden zu sehen, aktualisierten sich alle 15
Minuten und wurden im Zeitverlauf dargestellt. „Ein durchweg erfolgreiches
Projekt, das Digitalisierung und Nachhaltigkeit verbindet – ein
wesentlicher Teil des Markenkerns unserer Fakultät
Wirtschaftsingenieurwesen“, lautete das Fazit des Dekans.
Auch das Feedback der Studierenden war rundum positiv – anfängliche
Bedenken, etwa wegen zu wenig IT-Erfahrung nicht mitmachen zu können,
wurden durch die gegenseitige Unterstützung im Team schnell ausgeräumt.
Für Dozent und Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Schmitt war das Engagement der
Studierenden besonders lobenswert: „Als ich selbst einmal terminlich
verhindert war, trafen sich die Studierenden trotzdem im Hörsaal, um
gemeinsam an ihrer Lösung zu arbeiten.“ Damit habe sich das Format des
problem-basierten Lernens bewährt und soll auch in den kommenden Semestern
eingesetzt werden.
Über die THWS
Die Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) zählt zu den größten
Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayern und steht seit ihrer
Gründung im Jahr 1971 für hervorragende Lehre und angewandte Forschung.
Mit rund 9.000 Studierenden und einem breit gefächerten Angebot von mehr
als 60 Studiengängen deckt die THWS ein weites Spektrum ab, das von
Technik über Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Sprache bis hin
zu Gestaltung reicht. Die THWS ist nicht nur regional in Franken und
Bayern verwurzelt, sondern auch stark international ausgerichtet, was sich
in zahlreichen Kooperationen und Austauschprogrammen weltweit und nicht
zuletzt in einem vielseitigen englischsprachigen Studienangebot
widerspiegelt.