Analyse zu Trumpismus: Europa muss strategische Großmacht werden – Abwarten keine Option
Die zweite Präsidentschaft Donald Trumps könnte die Vereinigten Staaten
noch tiefer in eine erratische, autoritär geprägte Politik treiben – mit
globalen Folgen. Eine aktueller Kiel Report warnt: Deutschland und Europa
dürfen darauf nicht mit Abwarten reagieren, sondern müssen strategisch und
entschlossen handeln.
Laut Report liegt die Unberechenbarkeit Trumps nicht allein an seiner
Persönlichkeit, sondern ist strukturell bedingt. Der sogenannte Trumpismus
sei keine konsistente Ideologie, sondern ein instabiles Machtbündnis
verschiedenster Strömungen – von christlichem Nationalismus über
Großmachtchauvinismus bis hin zu technokratischem Oligarchendenken. Diese
Koalition bleibe nur durch autoritäre Führungsloyalität und
Feindbildmobilisierung zusammen – und produziert damit zwangsläufig
erratische Politik.
Jetzt Report lesen: Quo vadis, USA?/https://www.ifw-
kiel.de/de/publikationen/quo-v
Ökonomisch drohen massive Verwerfungen. Trumps protektionistische Agenda
sei ineffizient und teils bewusst destruktiv angelegt. Besonders
gravierend: Die fahrlässige Zoll- und Schuldenpolitik gefährde die
weltweite Rolle des US-Dollars als Reservewährung. Die Welt benötige
momentan aber den Kapitalmarkt der USA, während die USA sich damit einen
hohen Konsum finanzieren können. Ein Rückzug globaler Kapitalströme aus
den USA würde daher nicht nur der amerikanischen Wirtschaft schaden,
sondern auch das internationale Finanzsystem destabilisieren. Erste
Anzeichen für einen solchen Vertrauensverlust seien bereits sichtbar.
„Trumps Zolldrohungen gegen die EU, aber auch sein „One Big Beautiful
Bill“ sind nur die jüngsten Beispiele einer disruptiven Politik. OBBB
bedeutet einen völlig falschen fiskalischen Stimulus und verheerende
Verteilungswirkungen. Die richtige Reaktion Deutschlands und vor allem
Europas auf diese Erratik und Unsicherheit ist gerade kein Attentismus,
sondern ein proaktives Umgehen damit“, sagt Rüdiger Bachmann, Autor des
Reports. Europa müsse unter den Bedingungen einer großmachtpolitisch
geprägten Welt selbst zu einer strategischen Großmacht werden –
militärisch, ökonomisch und kulturell. Andernfalls drohe der politische
Bedeutungsverlust in einer zunehmend multipolaren Welt.
Während bei der militärischen Stärkung erste Schritte erkennbar seien,
fehle es an einer ambitionierten Innovations- und Wachstumspolitik.
Besonders kritisch sind laut Kiel Report die Rückschritte Europas bei
Bildung und kulturellem Einfluss: Statt globale Talente anzuziehen,
dominierten Abschottungstendenzen und provinzielles Denken – etwa in der
deutschen Hochschul- und Steuerpolitik.
Die Analyse zeichnet ein besorgniserregendes Bild der transatlantischen
Zukunft: Die USA unter Trumps zweiter Präsidentschaft würden multilaterale
Institutionen weiter schwächen, Europa nicht mehr als Partner, sondern als
Rivalen betrachten. Ein nostalgischer Transatlantizismus sei deshalb keine
tragfähige Option mehr.
„Ein Europa, das aus vielen Schweizen besteht, ist nicht überlebensfähig“,
sagt Bachmann mit Blick auf Europas Zersplitterung. Nur eine geeinte,
gestaltungsfähige europäische Großmacht könne dem globalen Machtvakuum
etwas entgegensetzen. Die politische Existenz Europas stehe auf dem Spiel.
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