Neufassung der Reichenhaller Empfehlung – Meilenstein für die Begutachtung berufsbedingter Atemwegserkrankungen

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) legt jetzt gemeinsam
mit insgesamt neun beteiligten wissenschaftlichen Fachgesellschaften und
Expertengremien die überarbeitete Ausgabe der Reichenhaller Empfehlung zur
Begutachtung berufsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen vor. Mit
der Aktualisierung werden wichtige rechtliche und medizinisch-
diagnostische Neuerungen umgesetzt, die die Praxis für Pneumologinnen und
Pneumologen nachhaltig prägen.
Professor Dirk Koschel, der für die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin (DGP) in der federführenden Arbeitsgruppe
mitgearbeitet hat, betont: „Mit der neuen Reichenhaller Empfehlung
schaffen wir klare und aktuelle Maßstäbe für die komplexe Begutachtung von
Berufskrankheiten der Atemwege. Das kommt Patientinnen, Patienten sowie
der Rechtssicherheit gleichermaßen zugute.“
Die Reichenhaller Empfehlung ist die zentrale, deutschlandweit anerkannte
Leitlinie zur medizinischen Begutachtung ausgewählter Berufskrankheiten:
insbesondere von Asthma, COPD und allergischen Rhinopathien, die durch den
Arbeitsplatz ausgelöst oder verschlimmert werden. Sie konkretisiert
rechtliche Vorgaben und sorgt für eine einheitliche Bewertung und gerechte
Entschädigung betroffener Versicherter. Die wissenschaftliche Leitung für
die aktuelle Überarbeitung hat Professorin Alexandra Preisser in Funktion
für die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM)
übernommen. Preisser ist zudem Vorstandsmitglied der DGP.
Zentrales Instrument in der Begutachtungspraxis für Pneumologinnen und
Pneumologen
Die überarbeitete Reichenhaller Empfehlung ist praxisrelevant, da sie den
aktuellen wissenschaftlichen Stand in die ärztliche und juristische
Bewertung bringt – von Diagnose über Kausalitätsbewertung bis zur
Berechnung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE).
Sie dient Lungenfachärztinnen und -ärzten als verlässliche Grundlage für
Gutachten sowie für die rechtssichere Kommunikation mit
Unfallversicherungsträgern und Gerichten. Koschel erläutert dazu: „Für
Pneumologinnen und Pneumologen ist die Reichenhaller Empfehlung das
zentrale Instrument in der Begutachtungspraxis. Die neuen Empfehlungen
bieten mehr Transparenz und Präzision, gerade auch bei Mischformen wie dem
Asthma-COPD-Overlap-Syndrom oder bei komplexen Expositionslagen.“
Neue Empfehlungen in der Übersicht: Was wurde aktualisiert – was ist
besonders wichtig?
Die jetzt vorliegende 2024er-Neufassung bringt zahlreiche Neuerungen und
Anpassungen. Zum Beispiel:
• Rechtliche Aktualisierung: Berücksichtigung der gesetzlichen
Änderungen, insbesondere dem Wegfall des Unterlassungszwangs für mehrere
Berufskrankheiten, der viele Verfahren betrifft.
• Präzisierte Expositionsbeurteilung: Isocyanate, allergene und
chemisch-irritative Agenzien werden spezifiziert, neue Quellen für
Arbeitsplatzexpositionen integriert.
• Erweiterung der diagnostischen Methoden: Detaillierte Empfehlungen
für Spirometrie, Bodyplethysmographie, CO-Diffusionskapazität, provokative
Testverfahren und die objektive Graduierung der Lungenfunktionsstörung.
• Modernisierte MdE-Bewertung: Anpassungen der MdE-Tabelle, neue
Bewertungskriterien auch unter kontinuierlicher Therapie, differenzierte
Stufung und klare Aussagen zu relevanten Vorerkrankungen.
• Stärkung der Individualprävention: Konkrete Hinweise zu
präventiven und therapeutischen Maßnahmen gemäß aktueller Leitlinien.
• Neue Systematik bei Kausalitätsprüfungen: Klare Vorgaben zur
Einzelfallbewertung, gerade bei konkurrierenden Risiken, wie insbesondere
Rauchen.
Dirk Koschel, Chefarzt Innere Medizin und Pneumologie am Lungenzentrum
Coswig und Leiter der Pneumologie am Universitätsklinikum Dresden, hebt
hervor: „Die Aktualisierung bringt eine echte Qualitätssteigerung: Wir
orientieren uns jetzt konsequent an den neuesten nationalen und
internationalen Leitlinien und geben Ärztinnen und Ärzten mehr Sicherheit
bei der komplexen Kausalitäts- und Schweregradbeurteilung. Besonders
wichtig ist die klare Einbindung moderner Funktionsdiagnostik und das
abgestufte Vorgehen bei der Prävention.“
Die vollständige Reichenhaller Empfehlung ist verfügbar unter:
https://publikationen.dguv.de/
/empfehlung-fuer-die-begutacht
-ohne-alveolitis-4301-und-4
Originalpublikation:
https://publikationen.dguv.de/
/empfehlung-fuer-die-begutacht
-ohne-alveolitis-4301-und-4