Neue S2k-Leitlinie zur systemischen Sklerose: DGRh setzt Maßstäbe in Diagnostik und Therapie
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V.
(DGRh) hat eine neue S2k-Leitlinie zur „Diagnostik und Therapie der
systemischen Sklerose“ (SSc) veröffentlicht. Die Handlungsempfehlung ist
unter breiter interdisziplinärer Beteiligung entstanden. Sie übertrifft
und ergänzt in einigen Punkten die Empfehlungen der European Alliance of
Associations for Rheumatology (EULAR) und stellt einen wichtigen Schritt
für die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit dieser seltenen,
potenziell schwer verlaufenden Autoimmunerkrankung dar.
Die systemische Sklerose tritt in Europa bei etwa 300 Betroffenen pro
einer Million Einwohner auf, was in Deutschland rund 20.000 Erkrankten
entspricht. Frauen sind etwa fünfmal häufiger betroffen als Männer. Die
genauen Ursachen sind noch weitgehend unklar. Sowohl erbliche Anlagen als
auch Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. Krankheitsbedingt kommt es durch
Fehlsteuerungen im Immunsystem zu einer Überproduktion von Bindegewebe.
Dadurch verhärten Haut und innere Organe zu-nehmend. Den Beginn der
Krankheit markieren oft Veränderungen der Blutgefäße mit einer sogenannten
Raynaud-Symptomatik.
Die neue Leitlinie der DGRh legt besonderes Gewicht auf eine frühzeitige
Diagnose und einen raschen Therapiebeginn. Das soll irreversible
Organschäden vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig
verbessern. Die Autorinnen und Autoren betonen die Rolle einer
strukturierten, regelmäßigen Kontrolle der Krankheitsaktivität mit
validierten Instrumenten. Denn dies erlaubt eine individuelle,
risikoangepasste Therapieplanung. „Mit dieser Leitlinie setzen wir neue
Standards in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit
systemischer Sklerose“, sagt Prof. Dr. Jörg Henes, Hauptautor der
Leitlinie. „Insbesondere haben wir Empfehlungen erarbeitet, die bisher so
in den europäischen Empfehlungen der EULAR nicht zu finden sind“, so der
Rheumatologe vom Universitätsklinikum Tübingen.
Dazu gehört zum Beispiel die Herzbeteiligung – eine der Haupttodesursachen
der SSc. Von großer Relevanz ist bei SSc-Erkrankten zudem der Zahn-, Mund-
und Kieferstatus. Auch hierzu gibt die neue Leitlinie Empfehlungen. Denn
Mund, Zahnfleisch, Zunge und Zähne sind ebenso wie Kiefergelenk und
Gesicht häufig am Krankheitsbild beteiligt. Die durch eine SSc bedingte
Schleimhauttrockenheit beeinträchtigt Betroffene auch in ihrer Sexualität.
Deshalb hat die Leitliniengruppe die Rolle von Fruchtbarkeit, Sexualität
und Schwangerschaft ebenfalls ausführlich beschrieben. „Behandelnde
Ärztinnen und Ärzte müssen Familienplanung, sexuelle Dysfunktionen und
Risikoschwangerschaften in der Behandlung unbedingt berücksichtigen,“
meint Professor Henes.
Eine weitere zentrale Empfehlung ist die Behandlung in spezialisierten
Versorgungszentren durch ein interdisziplinäres Team. Dies umfasst neben
Rheumatologinnen und Rheumatologen auch Expertinnen und Experten für
Lunge, Herz, Niere und Haut. „Die multidisziplinäre Zusammenarbeit trägt
entscheidend dazu bei, komplexe Verläufe frühzeitig zu erkennen und
gezielt zu behandeln“, betont Leitlinienkoordinator Prof. Dr. Norbert
Blank, Rheumatologe am Universitätsklinikum Heidelberg. Auch
Patientenschulungen und eine partizipative Entscheidungsfindung zwischen
ärztlichem Team und Erkrankten seien unverzichtbare Bestandteile der
modernen Versorgung. Dies stärkt die Eigenverantwortung der Betroffenen
und unterstützt eine individuelle Behandlung.
Prof. Dr. Ulf Wagner, Präsident der DGRh, unterstreicht die Bedeutung der
Neuerungen: „Die neue Leitlinie ist ein Meilenstein in der
rheumatologischen Versorgung. Sie bietet nicht nur eine fundierte
wissenschaftliche Grundlage für die Diagnostik und Therapie der
Systemischen Sklerose sondern auch praxisnahe Handlungsempfehlungen für
die tägliche Arbeit in Klinik und Praxis.“ Die DGRh als feder-führende
Fachgesellschaft dieser Leitlinie zeige mit diesem Projekt einmal mehr ihr
kontinuierliches Engagement für eine evidenzbasierte und
patientenorientierte Versorgung der entzündlich-rheumatischen
Systemerkrankungen, so der Rheumatologe vom Universitätsklinikum Leipzig.
Die vollständige Leitlinie ist unter der Registernummer 060-014 im
Leitlinienregister der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und auf der Website der DGRh
abrufbar.
Über die DGRh: Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische
Immunologie e. V. (DGRh) ist mit mehr als 1800 Mitgliedern die größte
medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft im Be-reich der
Rheumatologie in Deutschland. Sie repräsentiert hierzulande seit bald 100
Jahren die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und deren
Entwicklung. Als gemeinnütziger Verein arbeitet die DGRh unabhängig und
ohne Verfolgung wirtschaftlicher Ziele zum Nutzen der Allgemeinheit.