SVR-Studie zu Diaspora-Organisationen der afghanischen und syrischen Communitys
Afghanische und syrische Zugewanderte zählten in den vergangenen Jahren zu
den größten Gruppen an Geflüchteten, die in Deutschland Schutz gesucht
haben. Sie haben hier zahlreiche Organisationen gegründet, die sich für
die Belange ihrer jeweiligen Community oder ihr jeweiliges Herkunftsland
einsetzen. Doch wie sieht ihre Arbeit genau aus?
Welchen Beitrag leisten
sie für Teilhabe und Integration in Deutschland? Und was wünschen sie sich
für die Zukunft ihrer Aktivitäten? Der wissenschaftliche Stab des
Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) geht auf diese
Fragen in seiner neuen Studie ein.
Die Studie mit dem Titel „Diaspora und mehr. Zivilgesellschaftliches
Engagement afghanischer und syrischer Communitys in Deutschland“
beleuchtet die Besonderheiten und die Bedeutung afghanischer und syrischer
Organisationen vor dem Hintergrund der jeweiligen Migrations- und
Fluchtgeschichten ihrer Communitys, ihre Potenziale und Herausforderungen.
Hierzu hat der wissenschaftliche Stab afghanische und syrische
Organisationen befragt. Damit leistet die Studie einen ersten Beitrag in
dem noch weitgehend unerforschten und in der Politik erst ansatzweise
beachteten Feld des zivilgesellschaftlichen Engagements von Geflüchteten.
„Unsere Untersuchung hat gezeigt, wie vielfältig die Landschaft der
Diaspora-Organisationen ist. Sie unterstützen Neuzugewanderte, vernetzen
ihre Communitys nach innen und vertreten sie nach außen. Im Fokus stehen
die Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Exil, der
Zugang zu Hochschulen sowie kulturelle Veranstaltungen und Sprachkurse in
den Herkunftssprachen für zugewanderte Kinder“, so Karoline Popp,
wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stab und Autorin der Studie. „Sie sind
Diaspora-Organisationen, insofern ihre gemeinsame Herkunft der Rahmen für
ihr Handeln ist. Aber sie sind mehr als das: Sie gestalten die deutsche
Zivil- und Einwanderungsgesellschaft mit und fördern aktiv die Teilhabe
ihrer Communitys in Deutschland.“ Viele Organisationen setzen sich für
Verbesserungen in ihren Herkunftsländern Afghanistan und Syrien ein und
leisten beispielsweise humanitäre Unterstützung. Nach dem Umbruch in
Syrien im Dezember 2024 hat sich die syrische Diaspora schnell mobilisiert
und Initiativen zum Wiederaufbau in Syrien auf den Weg gebracht. „Die
afghanischen und syrischen Organisationen können daher auch eine Ressource
für die deutsche Politik und Verwaltung darstellen. Dieses Potenzial
könnte durch Austauschformate zwischen afghanischen und syrischen
Diaspora-Akteurinnen und Akteuren sowie den zuständigen deutschen Stellen
aus den Bereichen der Integrations- sowie der Außen- und
Entwicklungspolitik besser genutzt werden“, empfiehlt Karoline Popp.
Die Studie, die das seit 2022 laufende Forschungsprojekts „Transnationale
Netzwerke und zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Kontext von
Fluchtmigration: Die afghanischen und syrischen Communitys in Deutschland“
abschließt, zeigt auch, dass sich die Organisationen mehrheitlich und
maßgeblich auf ehrenamtliches Engagement stützen. Dabei müssen sie – wie
andere zivilgesellschaftliche Organisationen auch – mit sehr begrenzten
finanziellen Mitteln zurechtkommen. „Die befragten Organisationen sind
sehr motiviert, auch langfristig einen gesellschaftlichen Beitrag zu
leisten“, sagt Dr. Nils Friedrichs, Co-Autor der Studie. „Sie wünschen
sich, dass dieser Beitrag anerkannt und gefördert wird, damit sie ihre
Aktivitätsfelder ausbauen und weiter professionalisieren können.“ Die
Studie empfiehlt hierzu unter anderem, dass afghanische und syrische
Organisationen die bestehenden Unterstützungsstrukturen für
zivilgesellschaftliche Organisationen stärker nutzen sollten, um etwa ihre
Finanzierungsquellen zu diversifizieren und sich unabhängiger von
staatlicher Förderung zu machen.
Die Studie sowie Zusammenfassungen der Studie auf Arabisch, Englisch, Dari
und Paschto sind auf der SVR-Webseite erhältlich.
Weitere Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt sind ebenfalls auf der SVR-
Website zu finden:
- „Angekommen und transnational verbunden: Afghanische Zugewanderte in
Deutschland“ (Studie, Okt. 2024)
- „Neue Diaspora? Engagement und transnationale Netzwerke der afghanischen
und syrischen Communities in Deutschland“ (Policy Brief, Juni 2022)
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Über den Sachverständigenrat:
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration ist ein unabhängiges
und interdisziplinär besetztes Gremium der wissenschaftlichen
Politikberatung. Mit seinen Gutachten soll das Gremium zur Urteilsbildung
bei allen integrations- und migrationspolitisch verantwortlichen Instanzen
sowie der Öffentlichkeit beitragen. Dem SVR gehören neun
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und
Forschungsrichtungen an: Prof. Dr. Winfried Kluth (Vorsitzender), Prof.
Dr. Birgit Glorius (Stellvertretende Vorsitzende), Prof. Dr. Havva Engin,
Prof. Dr. Marc Helbling, Prof. Dr. Matthias Koenig, Prof. Sandra Lavenex,
Ph. D., Prof. Dr. Birgit Leyendecker, Prof. Panu Poutvaara, Ph. D., Prof.
Dr. Hannes Schammann.
Der wissenschaftliche Stab unterstützt den Sachverständigenrat bei der
Erfüllung seiner Aufgaben und betreibt darüber hinaus eigenständige,
anwendungsorientierte Forschung im Bereich Integration und Migration.
Dabei folgt er unterschiedlichen disziplinären und methodischen Ansätzen.
Die Forschungsergebnisse werden u. a. in Form von Studien, Expertisen und
Policy Briefs veröffentlicht.
Weitere Informationen unter: www.svr-migration.de