Führung neu gedacht: Studie zu Peer-Mentoring zwischen Führungskräften des öffentlichen Sektors
Die digitale Transformation fordert Führungskräfte in der öffentlichen
Verwaltung heraus: Sie sollen Wandel gestalten, Innovation fördern und
zugleich Orientierung geben, oft unter erschwerten Bedingungen wie
Fachkräftemangel und hierarchischen Strukturen. Klassische Formate zur
Führungskräfteentwicklung konzentrieren sich meist auf die Schulung von
fachlichem Wissen. Kurz: das, was messbar ist.
Doch gerade diese
sichtbaren Kompetenzen stoßen bei Veränderungsprozessen wie der digitalen
Transformation an ihre Grenzen.
Eine neue Studie des NEGZ · Kompetenznetzwerk Digitale Verwaltung zeigt,
wie Peer-Group Mentoring dabei helfen kann, die nötigen
Führungskompetenzen gezielt weiterzuentwickeln. Michael Koddebusch,
Carolin Kister, Franka Eberhardt, Paul Kruse und Marcel „Otto“ Yon haben
die Studie mit dem Titel „Führung im digitalen Zeitalter“ verfasst. Das
interdisziplinäre Autor:innenteam verbindet wissenschaftliche
Perspektiven, etwa von der Universität Münster und dem European Research
Center for Information Systems (ERCIS), mit Praxiserfahrungen aus
Organisationen wie dem Verein Staat-up e.V. Im Fokus ihrer Untersuchung
stehen bislang oft vernachlässigte, aber entscheidende Fähigkeiten:
Selbstwahrnehmung, Charaktereigenschaften und persönliche Motive,
sogenannte „unsichtbare Kompetenzdimensionen“. Gerade in
Digitalisierungsprozessen sind diese entscheidend für wirksames
Führungshandeln.
„Führung wird in der Verwaltung noch zu oft an sichtbaren Kriterien wie
Hierarchie oder Fachwissen festgemacht. Für eine erfolgreiche digitale
Transformation braucht es aber die Bereitschaft zur Selbstreflexion, zur
Zusammenarbeit und zur aktiven Gestaltung von Veränderung“, heißt es in
der Studie.
Lernen auf Augenhöhe
Im Gegensatz zum hierarchisch geprägten 1:1-Tandem-Mentoring zwischen
Mentor:innen (oft in einer Führungsposition) und Mentees
(Berufseinsteiger:innen) setzt das Peer-Group Mentoring auf den
moderierten Austausch unter gleichrangigen Führungskräften. In kleinen
Gruppen reflektieren sie ihre Erfahrungen, hinterfragen Rollenbilder und
entwickeln gemeinsam neue Perspektiven. Dieses Lernformat auf Augenhöhe
fördert nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch die
organisationsübergreifende Vernetzung.
Das 4-Stufen-Modell der Studie
Aus Interviews mit 15 Führungskräften aus Bundes- und Landesbehörden sowie
zwei Expert:innen für Public Leadership entstand ein praxisnahes Modell
für Peer-Group Mentoring im öffentlichen Sektor. Es umfasst vier Bausteine
für Mentoringprogramme speziell zur digitalen Transformation der
öffentlichen Verwaltung:
Seminar – Wissensgrundlagen und Führungsverständnis
Simulation – Rollenspiele und Praxistraining im geschützten Raum
Forum – Moderierter Erfahrungsaustausch mit Fokus auf Selbstreflexion
Anwendung – Transfer in den Führungsalltag und kontinuierliches Lernen
Peer-Group Mentoring im öffentlichen Sektor verankern
Die Studie empfiehlt, Peer-Group Mentoring als festen Bestandteil der
Führungskräfteentwicklung im öffentlichen Sektor zu etablieren. Besonders
für Nachwuchsführungskräfte kann das Format zur Stärkung eines neuen
Führungsverständnisses beitragen. Sie stehen häufig am Beginn komplexer
Führungsrollen, bewegen sich in Hierarchien und müssen zugleich offen für
Wandel sein, so die Autor:innen. Das vorgestellte 4-Stufen-Modell versteht
sich als Blaupause für eine neue Führungskultur: weg von rein fachlicher
Steuerung, hin zu mehr Reflexion, Empathie und Veränderungsbereitschaft.
Also zu einer Führung, die den digitalen Wandel in Verwaltungen aktiv
mitgestaltet.
Hier geht es zur Studie: https://negz.org/publikation/f
digitalen-zeitalter/
Über das NEGZ
Das NEGZ – Kompetenznetzwerk Digitale Verwaltung ist Fachnetzwerk und
Denkfabrik für die Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland. Es vereint
rund 300 Mitglieder aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft. Als gemeinnütziger und unabhängiger Verein
veröffentlicht das NEGZ Studien und Impulse, organisiert Austauschformate
und bringt seine Expertise in die fachliche Diskussion ein.
Originalpublikation:
DOI 10.30418/2626-6032.2025.37