Zum Hauptinhalt springen

Klöster. Geplündert. In den Wirren der Bauernaufstände‹. Kabinettausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Pin It

Vom 28. Juni bis zum 30. November 2025 bietet die Kabinettausstellung
›Klöster. Geplündert. In den Wirren der Bauernaufstände‹ Einblicke in
laufende Forschungen, die das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie
Sachsen-Anhalt seit 2023 an drei authentischen Orten des Bauernkriegs
durchführt: den einstigen Klöstern Himmelpforte und Kaltenborn sowie der
erst 2024 wiederentdeckten Mallerbacher Kapelle. Die Schau ist Teil der
dezentralen Landesausstellung ›Gerechtigkeyt 1525‹.

Im Mittelpunkt stehen
Funde und Befunde, die Aufschluss über die Geschichte und das Alltagsleben
an diesen Stätten sowie zu den gewaltsamen Geschehnissen geben, die sich
dort vor 500 Jahren ereigneten.

Vor 500 Jahren wurde die alte Ordnung aus den Angeln gehoben. Zehntausende
Menschen lehnten sich gegen die hergebrachten Obrigkeiten auf, denen
gegenüber sie zu Abgaben und Diensten verpflichtet waren, mit denen sie
oftmals aber auch wirtschaftlich konkurrierten. Erstmals stellte der
›gemeine Mann‹ über Herrschaftsgernzen hinweg Forderungen nach gerechter
Behandlung und Selbstbestimmung, die heute von vielen als eine Forderung
nach unveräußerlichen Grundrechten verstanden werden. Durch die an Fahrt
aufnehmende Reformation war die Atmosphäre aufgeheizt und kirchlichen
Einrichtungen gegenüber kritisch eingestellt. So wurden nicht nur
Adelssitze, sondern vor allem auch Klöster Ziel von Angriffen der
Aufständischen. Mit den im Frühling 1525 an zahlreichen Orten in
Mitteldeutschland und Südwestdeutschland sowie Tirol parallel
aufflammenden Konflikten kann der Bauernkrieg vor 500 Jahren als größter
Volksaufstand vor der Französischen Revolution gelten.
Seit 2023 führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-
Anhalt archäologische Forschungsgrabungen an ausgewählten authentischen
Stätten des Bauernkrieges auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt
durch. Das einstige Augustiner-Chorherrenstift Kaltenborn bei Allstedt
(Landkreis Mansfeld-Südharz) und das ehemalige Augustiner-Eremitenkloster
Himmelpforte bei Wernigerode (Landkreis Harz) wurden im Zuge der
Bauernkriegsaufstände überfallen und geplündert. Hinzu kommt die erst im
vergangenen Jahr wiederentdeckte, ebenfalls bei Allstedt gelegene
Mallerbacher Kapelle. Deren Zerstörung am Gründonnerstag des Jahres 1524
kann als Vorbote der gewaltsamen Auseinandersetzungen des Folgejahres in
Mitteldeutschland gelten.
Gewissermaßen grabungsfrische Funde aus diesen Forschungen werden vom 28.
Juni bis zum 30. November 2025 in der Kabinettausstellung ›Klöster.
Geplündert. In den Wirren der Bauernaufstände‹ im Landesmuseum für
Vorgeschichte als Beitrag des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie
Sachsen-Anhalt zur dezentralen Landesausstellung ›Gerechtigkeyt 1525‹
gezeigt. Ermöglicht wurde dies durch die Förderung durch den Beauftragten
der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und das Land Sachsen-
Anhalt im Rahmen des Gedenkjahres ›Gerechtigkeyt. Thomas Müntzer & 500
Jahre Bauernkrieg‹.
Anlässlich der heutigen Eröffnung der Kabinettausstellung erklärte der
Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff:
»Geschichte kann durchaus spannend sein und nicht nur die Forscher,
sondern auch interessierte Laien begeistern. Ich bin überzeugt, dass die
Ausstellung archäologischer Funde aus den Trümmern zweier Klöster und der
Mallerbacher Kapelle die Neugier vieler Menschen wecken wird. Das
Landesmuseum hat mit dieser Schau einen sehr interessanten und wichtigen
Beitrag zum Bauernkriegsgedenken geleistet«.

Die Kabinettausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte
Die Kabinettausstellung ›Klöster. Geplündert. In den Wirren der
Bauernaufstände‹ führt erstmals ausgewählte Funde von authentischen
Stätten des Bauernkrieges zusammen, die seit 2023 im Fokus archäologischer
Forschungs¬grabungen des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie
Sachsen-Anhalt stehen.
Das Augustiner-Chorherrenstift Kaltenborn bei Emseloh (Stadt Allstedt)
wurde 1118 durch den sächsisch-thüringischen Grafen Wichmann aus dem Erbe
seiner Gemahlin Kunigunde, einer Tochter des als Begründer der Wartburg
und der Neuenburg bei Freyburg bekannten Grafen Ludwig des Springers,
gegründet. Es war eines der wohlhabendsten und angesehensten Klöster der
Region. Am 30. April 1525 wurde es von Bauern aus den benachbarten Dörfern
Emseloh und Riestedt gestürmt. Fenster wurden zerbrochen, die Orgel
beschädigt, Vieh, Holz, Getreide und Vorräte gestohlen. Zuletzt legten die
Plünderer Feuer.
Wie Kaltenborn, so war auch das 1253 durch das niederadelige Geschlecht
von Hartesrode (Hasserode) gegündete Augustiner-Eremitenkloster
Himmelpforte bei Wernigerode ein wichtiges religiöses, kulturelles und
wirtschaftliches Zentrum seiner Region. Am 30. April oder 1. Mai 1525
wurde es von aufrührerischen Bauern und mehreren namentlich bekannten
Bürgern aus Wernigerode erstürmt und geplündert.
Beide Klöster erholten sich nie vollständig von den Überfällen, wurden in
der Reformationszeit aufgehoben und verschwanden nahezu komplett von der
Erdoberfläche, bis die 2023 einsetzenden archäologischen
Forschungsgrabungen Teile ihrer einstigen Bauten wieder ans Licht
brachten. In der Kabinettausstellung ›Klöster. Geplündert. In den Wirren
der Bauernaufstände‹ gewähren etwa 90 Exponate und Exponatgruppen auf rund
70 Quadratmetern Fläche Einblicke in die Geschichte dieser Orte und die
laufenden Forschungen in enger Zusammenarbeit von Archäologie und
Landesgeschichte. Münzen und Schreibgriffel, aber auch Fragmente
glasierter Ofenkacheln und tönerne Murmeln vermitteln das Alltagsleben in
den Konventen. Eingeschlagene Kirchenfenster und Reste von Büchern
erlauben einen außergewöhnlichen Einblick in den Untergang der
mittelalterlichen Klosterkultur. Bauernwehr, Axt und Hammer stehen für die
Arbeitsgeräte der Bauern, die in den Aufständen auch als Waffen eingesetzt
werden konnten. Die Nachbildung eines vollständig erhaltenen
spätmittelalterlichen Hiebmessers, einer sogenannten Bauernwehr, aus
Wittenberg, die eigens für die Kabinettausstellung angefertigt wurde,
vermittelt Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck von der Gestaltung
und Haptik dieser Geräte.
Besondere Funde sind insbesondere ein kleiner Schatz von vier Goldgulden,
die im Kloster Himmelpforte gefunden und womöglich im Zusammenhang mit der
Plünderung 1525 in einem Versteck verborgen wurden. Ebenfalls aus
Himmelpforte stammt ein weiterer außergewöhnlicher Fund in Gestalt eines
Silberstifts. Es handelt sich um einen Buntmetallstift mit aufgelöteter
Silberspitze, die es ermöglichte, auf speziell vorbehandeltem Papier oder
Pergament feinste Linien zu zeichnen. Namhafte Künstler der Renaissance
wie Albrecht Dürer oder Hans Baldung Grien nutzten auf Reisen oder in
ihren Ateliers Silberstifte für Vorzeichnungen und Skizzen. Während
einiger solcher Silberstiftzeichnungen heute in Museen erhalten sind, sind
originale Silberstifte höchst selten.
Ein geradezu spektakulärer Fund aus dem Augustiner-Chorherrenstift
Kaltenborn ist der bewusst zerstörte Siegelstempel des Konvents, der bis
zu seiner Entdeckung während der letztjährigen Forschungsgrabung in
Kaltenborn nur von einer Abbildung seines Abdrucks aus der Mitte des 18.
Jahrhunderts bekannt war. Nach deren Vorbild lässt sich die Umschrift des
Siegels rekonstruieren. Vom Siegelbild ist etwa ein Drittel erhalten.
Recht gut zu erkennen ist ein Adlerkopf mit Heiligenschein, der das
Sinnbild für den Evangelisten Johannes vermuten lässt, den Schutzheiligen
des Klosters Kaltenborn.
Die erst im September 2024 wiederentdeckte Mallerbacher Kapelle wird in
der Kabinettausstellung durch zwei Pilgerplaketten repräsentiert, die zwar
nicht dort hergestellt, aber dort von Pilgern verloren oder gespendet
wurden. Die Pilgerfahrt zu dem Marienbild, das in dem kleinen Gotteshaus
verehrt wurde, wurde von keinem geringeren als dem 1524 in Allstedt als
Prediger wirkenden Thomas Müntzer scharf verurteilt. Die Zerstörung der
Kapelle durch mutmaßlich unter dem Einfluss Müntzers stehende Allstedter
Bürger am Gründonnerstag 1524 gilt als Vorbote der gewaltsamen
Auseinandersetzungen des Bauernkriegs im darauf folgenden Jahr.

Veranstaltungsprogramm und Begleitpublikationen
Die Kabinettausstellung ›Klöster. Geplündert. In den Wirren der
Bauernaufstände‹ wird durch ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm für
Familien, Schulen und die interessierte Allgemeinheit begleitet. Den
Auftakt bildet ein Filmabend am Dienstag, den 1. Juli 2025, in dessen
Verlauf zwei eigens im Rahmen des Gedenkjahrs ›Gerechtigkeyt. Thomas
Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg‹ erstellte Dokumentarfilme des
renommierten Produzenten und Regisseurs Thomas Claus (Berlin) erstmals zu
sehen sein werden.

Korrespondenzausstellungen in Sangerhausen und Wernigerode
Die Kabinettausstellung ›Klöster. Geplündert. In den Wirren der
Bauernaufstände‹ wird von zwei korrespondierenden Ausstellungen im
Harzmuseum Wernigerode und im Spengler-Museum Sangerhausen begleitet. Die
Präsentationen ›Zwischen Himmel und Revolte. Kloster Himmelpforte und der
Bauernkrieg‹ im Harzmuseum (14. März bis 10. August 2025) und ›zerstört.
vergessen. ausgegraben. Das Kloster Kaltenborn bei Emseloh‹ (30. April
2025 bis 6. Januar 2026) in Sangerhausen legen ihren Fokus jeweils auf die
Stätten und Geschehnisse in der Region und zeigen unter anderem
ausgewählte Funde aus den Grabungen in den genannten Klöstern. Die
Kabinettausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte bildet die
verbindende Klammer, die die Forschungen des Landesamts für Denkmalpflege
und Archäologie Sachsen-Anhalt zum Bauernkrieg an allen drei untersuchten
Orten präsentiert.

Weitere Forschung und Vermittlung an authentischen Orten des Bauernkriegs
Von Ende Juli bis Mitte Oktober 2025 können dank der Förderung durch den
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Land
Sachsen-Anhalt im Rahmen des Gedenkjahrs ›Gerechtigkeyt. Thomas Müntzer &
500 Jahre Bauernkrieg‹ und mit Unterstützung der Städte Wernigerode und
Allstedt auch die Forschungsgrabungen in den ehemaligen Klöstern
Himmelpforte und Kaltenborn sowie an der Mallerbacher Kapelle fortgesetzt
werden. Nachdem sich die Untersuchungen bereits in den vergangenen Jahren
in der Bevölkerung großen Interesses erfreuten und von zahlreichen
Freiwilligen unterstützt wurden, ist auch in diesem Jahr an allen drei
Orten die ehrenamtliche Mitarbeit an den Forschungsgrabungen möglich.
Daneben können sich Interessierte im Rahmen von Grabungsführungen über die
Geschichte, Blüte und Niedergang der erforschten Orte sowie die neuesten
Untersuchungsergebnisse informieren.

Die weltoffene Leuchtanstadt Luzern am Vierwaldstättersee freut sich auf Ihren Besuch

Die Region Sempachersee im Herzen der Schweiz freut sich auf hren Besuch