Wie kann Forschungsförderung besser werden?
Fast die Hälfte aller Forschungsgelder in Deutschland stammt aus
Drittmitteln. Um sie zu bekommen, müssen Forschende aufwendige Anträge
stellen und sich gegen eine starke Konkurrenz behaupten. Das Verfahren
gilt als ineffizient und wenig geeignet, die besten Ideen zu fördern. Wie
es besser gehen könnte, ist Thema des interdisziplinären Workshops „More
than Luck.
Rethinking Research Funding“ (Mehr als Glück.
Forschungsförderung neu denken), der vom 30. Juni bis zum 3. Juli am
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld
stattfindet.
Fördergelder bestimmen, welche Forschungsprojekte und Ideen realisiert
werden – ihre Vergabe erfolgt sehr unterschiedlich: von Peer Reviews über
direkte Einladungen bis hin zu Losverfahren. Die Förderformate reichen von
einmaligen Beträgen bis zu langfristiger Unterstützung. „Jedes Verfahren
hat Stärken und Schwächen, über die wir mehr wissen sollten“, sagt die
Psychologin Dr. Rima-Maria Rahal, Wissenschaftlerin an der
Wirtschaftsuniversität Wien und am Max-Planck-Institut zur Erforschung von
Gemeinschaftsgütern in Bonn. Sie ist zugleich Mitglied im Postdoc-Netzwerk
„Das Junge ZiF“ und leitet den Workshop.
Kritik an gängigen Auswahlverfahren
„Was eine gute Forschungsidee ausmacht und wie man sie erkennt, ist oft
unklar. Genau darüber wollen wir am ZiF sprechen“, sagt Rahal. Kritik gibt
es auch an den gängigen Auswahlverfahren: Der hohe Bewerbungsaufwand führt
zu viel verlorener Arbeitszeit, während einfache Maßstäbe wie
Publikations- oder Zitationszahlen wenig über Innovationspotenzial
aussagen. „Das benachteiligt nicht nur Forschende in frühen
Karrierephasen, sondern auch Personen aus marginalisierten Gruppen und
unkonventionelle Ansätze“, so die Forscherin.
Um bessere Strategien zu entwickeln, hat sie Forschende und
Vertreter*innen von Forschungsförderinstitutionen aus sechs Ländern und
unterschiedlichen Disziplinen wie Rechtswissenschaft, Statistik,
Kognitions- und Neurowissenschaften, Medizin, Management und
Politikwissenschaft ans ZiF eingeladen. „Wir werden diskutieren, ob es
Möglichkeiten gibt, Fördermittel besser zu verteilen, wenn die
Auswirkungen des gewählten Verfahrens auf die Forschung selbst besser
verstanden werden“, so die Forscherin. Die Teilnehmer*innen wollen auch
prüfen, ob Verfahren aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, wie etwa
die großen Sprachmodelle, verwendet werden könnten, um Entscheidungen zu
unterstützen. „Es geht um viel Geld, Zeit, gute Forschung und darum, gute
Bedingungen für Forscherinnen und Forscher zu schaffen, damit wir gute
Forschung durchführen können“, erklärt Rima-Maria Rahal. „Wir haben uns
bei diesem Workshop die wichtige Aufgabe gestellt, hier neue Perspektiven
zu entwickeln.“
Die Arbeitssprache des Workshops ist Englisch. Journalist*innen sind
herzlich eingeladen, über die Veranstaltung zu berichten und die
öffentlichen Vorträge mit anschließender Diskussion zu besuchen. Die
Leiterin steht für Medienanfragen gerne zur Verfügung.
„Das Junge ZiF“ ist das Postdoc-Netzwerk des Zentrums für
interdisziplinäre Forschung und besteht seit 2002. Herausragende
Wissenschaftler*innen früher Karrierestufen erhalten hier die Möglichkeit
zu Vernetzung und interdisziplinärem Diskurs.