Miniaturisiertes Quantenmagnetometer bietet neue Messmöglichkeiten für eine Vielzahl an Anwendungen
Das Fraunhofer IAF stellt den neuesten Stand seines kompakt integrierten
Quantenmagnetometers auf der World of Quantum in München vor. Das
diamantbasierte System zeichnet sich durch seine Robustheit, hohe
Integrationsdichte und Messsensitivität auf dem neuesten Stand der Technik
aus. Dank kalibrationsarmer Handhabung, einer hohen Sensitivität von
einigen Pikotesla und einem hohen dynamischen Bereich, bietet es neue
Messmöglichkeiten für eine Vielzahl an Anwendungen in der Biomedizin,
Materialprüfung, Navigation und Geologie.
Das hochintegrierte Vektormagnetometer des Fraunhofer-Instituts für
Angewandte Festkörperphysik IAF basiert auf Stickstoff-Fehlstellen (NV) in
Diamant und ermöglicht den Zugang zu kleinsten Magnetfeldern mit einem
bisher unerreichten Maß an Flexibilität und Präzision. Das miniaturisierte
Messsystem bietet völlig neue Anwendungsmöglichkeiten in Anwendungen, die
eine exakte Messung bei minimaler Störung erfordern, wie etwa in
biochemischen Messungen von Nervenbahnen oder in der Mikroelektronik.
»Das Besondere am diamantbasierten NV-Vektormagnetometer ist die native
und intuitive Funktionsweise, die unter den meisten Einsatzbedingungen die
Fähigkeit besitzt, die Vektorkomponenten des Erdmagnetfelds präzise zu
messen. Damit stellt der Sensor nicht nur eine technische Innovation dar,
sondern auch einen bedeutenden Fortschritt in der Sensortechnologie«,
erläutert Dr. Michael Stoebe, Geschäftsfeldleiter Quantenbauelemente am
Fraunhofer IAF.
Dank der einzigartigen Eigenschaften des NV-Zentrums im Diamantgitter, das
sich entlang der vier Kristallachsen anordnet, können mittels
<100>-Diamant alle Vektorkomponenten des Magnetfelds mit einem einzigen
Sensorchip erfasst werden. Dies reduziert den Aufwand für die Kalibrierung
und eröffnet neue Möglichkeiten für Anwendungen, die zuvor durch die
Einschränkungen herkömmlicher Magnetometer limitiert waren. Mit diesem
Sensor wird die Forschung in zahlreichen Bereichen revolutioniert und
stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung präziserer und effizienterer
Messtechniken dar.
Steigerung der Integrationsdichte und Sensitivität
Den Forschenden des Fraunhofer IAF ist es gelungen die Größe ihres
integrierten Quantenmagnetometers in einem Jahr um den Faktor 30 zu
verringern. Der Sensorkopf hat nun eine kompakte Größe vergleichbar zu
herkömmlichen und industriell genutzten optisch gepumpten Gaszellen-
Magnetometern (OPMs) bei einer hohen Sensitivität im Pikotesla-Bereich.
Dabei hebt sich das diamantbasierte System von Konkurrenztechnologien
durch seine hohe Robustheit und seinen breiten Messbereich ab, der sich
extrem kalibrationsarm in verschiedensten Messszenarien flexibel einsetzen
lässt.
„Wir streben eine noch höhere Integrationsdichte an und das bei einer
steigenden Sensitivität. Unser Ziel für das kommende Jahr ist es den
Sensor erneut um den Faktor 5 zu verkleinern und dabei die Sensitivität
weiter zu steigern, damit Messungen im Subpikotesla-Bereich ermöglicht
werden“, betont Dr. Michael Stoebe.
Das besondere an den integrierten Quantenmagnetometern des Fraunhofer IAF
ist die optionale Wasserkühlung, die selbst unter schweren
Einsatzbedingungen eine robuste und zuverlässige Messung von Magnetfeldern
bietet. Diese Flexibilität im Aufbau und der Integration, zeichnet den
jüngsten Sensorprototypen des Freiburger Instituts aus. »Bei der
konstanten Weiterentwicklung unserer Sensorsysteme gehen wir
anwendungsorientiert vor und gehen auf die individuellen Ansprüche ein,
die an unsere Systeme gestellt werden,« sagt Dr. Michael Kunzer,
Projektleiter am Fraunhofer IAF.
Neben der Weiterentwicklung des Systems wird parallel auch das Kernelement
des Sensors – sein Stickstoff-Fehlstellen (NV) dotierter Diamantsensorkopf
– am Fraunhofer IAF verbessert. Der synthetische Diamant wird am Institut
in speziellen Reaktoren gewachsen und durch den kontrollierten Austausch
von Kohlenstoffatomen mit Stickstoffatomen zu Quantenbauelementen
weiterverarbeitet. Dabei sollen die Wafergrößen des ultrareinen Diamants
im nächsten Jahr von aktuell zwei Zoll auf industriell skalierbare vier
Zoll Wafer weiterentwickelt werden.
GNSS – Sichere Navigation ohne GPS
Heutige Navigationssysteme sind trotz hoher Präzision und Abdeckung oft
störanfällig und nicht überall verfügbar. Daher gewinnen alternative
Navigationsmethoden, die unabhängig von globalen
Navigationssatellitensystemen (GNSS) funktionieren, an Bedeutung. Das
Erdmagnetfeld stellt eine vielversprechende Grundlage dar, da es regionale
Unterschiede aufweist, die als unsichtbare Landkarte für eine autarke
Navigation genutzt werden können, insbesondere in Bereichen, in denen GPS-
Signale gestört oder schwer zu empfangen sind.
Der am Fraunhofer IAF entwickelte Quantensensor ermöglicht es, umfassende
Magnetfeldkarten zu erstellen und darauf basierende zuverlässige
Navigation zu bieten. Das Vektormagnetometer bietet eine autonome,
störungssichere Methode zur weltweiten Positionierung und Navigation. Es
ergänzt die satellitengestützte Navigation und funktioniert auch ohne
Satellitensignale, beispielsweise unter Wasser, in Schluchten,
unterirdisch, in Gebäuden oder Tunneln.
Geologische Messungen schnell und kontaktfrei
Das Quantenmagnetometer des Fraunhofer IAF ermöglicht eine präzise und
kontaktfreie Lokalisierung unterirdischer Mineraldepots und damit den
Zugang zu wertvollen Ressourcen. Ebenso kann es großflächig Blindgänger
aufspüren und das Risiko für Menschen in betroffenen Gebieten erheblich
reduzieren. Mit dem gleichen Prinzip wie in der Navigation kann die
Zusammensetzung der Erdkruste und dessen Magnetfeld genutzt werden, um
Rückschlüsse auf geologische Formationen zu ermöglichen. Magnetische
Anomalien wie Erzlagerstätten oder metallische Objekte wie Blindgänger
lassen sich so detektieren.
Die gesammelten Daten können in magnetische Karten umgewandelt werden, die
die Standorte verdächtiger Objekte anzeigen und Hinweise auf deren Tiefe,
Form und Größe geben. Diese Methode ermöglicht eine umfassende und nicht-
invasive Erkundung betroffener Gebiete sowie die Ortung selbst tief
liegender Objekte.
Kompakt integrierter Quantensensor auf der World of Quantum 2025
Auf der diesjährigen World of Quantum 2025 vom 24. bis 27. Juni in München
stellt das Fraunhofer IAF den neuesten Prototypen des NV-
Vektormagnetometers vor. Sie finden uns in Halle A1, Stand 439-3, auf dem
Quantum Future Boulevard.
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Über das Fraunhofer IAF
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF ist eine der
weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der
III/V-Halbleiter und des synthetischen Diamanten. Auf Basis dieser
Materialien entwickelt das Fraunhofer IAF Bauelemente für zukunftsweisende
Technologien, wie elektronische Schaltungen für innovative Kommunikations-
und Mobilitätslösungen, Lasersysteme für die spektroskopische Echtzeit-
Sensorik, neuartige Hardware-Komponenten für Quantencomputer sowie
Quantensensoren für industrielle Anwendungen. Mit seinen Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten deckt das Freiburger Forschungsinstitut die gesamte
Wertschöpfungskette ab – angefangen bei der Materialforschung über Design
und Prozessierung bis hin zur Realisierung von Modulen, Systemen und
Demonstratoren.
https://www.iaf.fraunhofer.de/